Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 14.1920

DOI Artikel:
Besprechungen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.3620#0319
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
BESPRECHUNGEN. 3 \ 5

Tischen Schaffens, die, in ihrer Art einzig in der Kunstgeschichte aller Völker da-
stehend, auch in Japan ihre Wirkung äußerte. ^Die neuen Formen bilden von nun
ab den unumgänglichen Bestandteil aller weiteren Entwicklung. Damit ist das rein
archaische Zeitalter mit seiner ungeheueren Phantastik und seiner gewaltigen Sehn-
sucht nach einer wirklichkeitsfreien Totalität vorüber« (S. 140).

Die dritte Gruppe, der archaisierende Hakuhostil, läßt sich kurz als Reaktion
der eingeborenen Künstlerschaft im Sinne des Suikostils bezeichnen. Das Haupt-
werk ist der Schrein der Tachibana Fujin mit der Amidatrinität (T. 159—166).

Die dritte Abteilung leitet uns hinüber zum Tempyostil, der das ganze 8. Jahr-
hundert beherrscht. Es geschieht das an Hand der Tonfiguren der Horyuji-Pagode
(T. 1S9—201), des Bonten und Taishakuten in Holz und Ton (T. 204—211), einer
meines Wissens noch unpublizierten Amidatrinität in Kanshitsu aus Horyuji (T. 218
bis 224) u. a. Aus des Verfassers Erörterungen greifen wir folgende Sätze heraus
(S. 197): - Nur soviel soll noch gesagt werden, daß dieser Tempyostil alle diejenigen
Formen und Motive, die unter dem Ausdrucke der Aktivität, der Handlung, der
plastischen Oreifbarkeit und der sinnlich-dekorativen Pracht fallen, lieber anwendet
und vollkommener meistert, als jene Formen, die zum Ausdrucksbereich der Stille,
der Versunkenheit, mit einem Worte der inneren Wesenheit gotterfüllter Träume
gehören. Es fehlt den Künstlern dieser Zeit die große innerliche Ergriffenheit von
Träumern, Weisen und Propheten; dafür aber sind sie tiefer ins wirkliche Dasein
herabgestiegen, erfüllt von der Kraft und der Schönheit des tätigen Lebens, mit
einem klaren Bewußtsein für das, was dem Menschen nottut.«

Im vorstehenden suchte ich den sachlichen Inhalt des Buches in alier Kürze,
wo angängig mit den eigenen Worten des Verfassers zu skizzieren. Dem mit fern-
östlicher Kunst Vertrauten wird die Angabe der hauptsächlichen behandelten Kunst-
werke genügen, um sich einen Begriff von dem zu machen, was hier geboten wird.
Wie es geboten wird, erscheint noch wichtiger, aber der Raum gestattet nicht, auch
nur an einem Beispiel den Reiz und Wert der Arbeit klarzustellen, die hier in der
Stilanalyse jeder einzelnen Skulptur aufgewandt ist. Sie scheint mir vorbildlich zur
Erreichung des Zieles, dem Leser das innerlich nachschaffende Begreifen des Kunst-
werkes zu ermöglichen. Die sorgfältigste Untersuchung aller den Stil ausmachen-
den Komponenten konnte nur dann ein lebendiges Bild ergeben, wenn auf Schritt
und Tritt die Nachprüfung am Objekte möglich war. Diese Möglichkeit wird durch
die Ausgiebigkeit der Nachbildungen fast so gut gewährleistet, wie durch die Gegen-
wart des Originals. Wenn es auch für den Leser eine mühsame Arbeit ist, von
mehr als hundert Kunstwerken aufs genaueste jede Bewegungsäußerung, jedes
Faltenmotiv, Haltung, Silhouette und vieles andere auf ihren Ausdrucks wert zu
prüfen, so erfrischt immer wieder der gehaltene Unterton der Begeisterung des
Autors für seine Sache. Und ist es schon im höchsten Grade spannend, den
tragischen Kampf der aus religiös tief erregtem Gemüte heraus schaffenden Kunst
gegen den impressionistischen Naturalismus mitzuerleben, so wird diese Spannung
noch dadurch erhöht, daß das Feld, auf dem sich der Kampf abspielt, noch fast
nnbeackert ist.

Bei aller Anerkennung der großen Leistung kann der Kritiker nicht umhin,
einige kleine Mängel und Unvollkommenheiten zu erwähnen, die zum Teil aller-
dings ihre Ursache in den für Bearbeitung und Drucklegung überaus schwierigen
Zeitverhältnissen haben.

Zunächst ist diesem Umstände zuzuschreiben, daß die Schreibung japanischer
Worte sehr ungleich und mehrfach direkt fehlerhaft ist. Der Verfasser, der als
Offizier im Felde stand, mußte eben vielfach ohne literarische Hilfsmittel arbeiten
 
Annotationen