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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 27.1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.14172#0355
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BESPRECHUNGEN.

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ständig erscheint, da so wichtige Gebiete wie die Kunst des Kindes und des Primi-
tiven vernachlässigt worden sind. Was der Verfasser selber hierzu beiträgt, stammt
nun freilich auch nicht aus erster Hand und ist nicht genügend auf die Einzel-
untersuchungen der letzten Zeit gestützt. Immerhin kann dieser kritische Abschnitt
im ganzen also wohlgelungen bezeichnet werden: die Theorien werden durchweg
klar aufgefaßt und mit selbständiger Einsicht beurteilt. Zum Schluß darf ich wohl
noch bemerken, daß von unserer Zeitschrift gesagt wird, sie sei „far and away the
most important", zu der „all the German aestheticians of any real eminence have
contributed".

Berlin. Max Dessoir.

Rudolf Odebrecht: Form und Geist. Der Aufstieg des dialek-
tischen Gedankens in Kants Ästhetik. Berlin, Junker & Dünn-
haupt 1930. VIII u. 316 S.

Die kunstwissenschaftliche Forschung verdankt Rudolf Odebrecht eine Reihe
höchst feinsinniger Untersuchungen, die in ihrer Gesamtheit für diese noch so
junge Wissenschaft eine entscheidende Förderung bedeuten. Seine „Grundlegung
einer ästhetischen Werttheorie", von der leider erst der I. Band „Das ästhetische
Werterlebnis" vorliegt1), schuf nicht nur das Fundament seines eigenen kunst-
theoretischen Gedankensystems, sie kann als eine der wichtigsten Grundlegungen
ästhetischer Forschung überhaupt angesehen werden. In der kleinen Schrift „Ge-
fühl und schöpferische Gestaltung"2) will O. in kurzen Zügen „Leitgedanken zu
einer Philosophie der Kunst" vorlegen, wie er sie in jenem früheren Werk aus-
führlich entwickelt hatte. Dann erschien O.s umfangreiches Werk über Kants
Ästhetik, dem er eine eindringende Darstellung von „Schleiermachers System der
Ästhetik" folgen ließ3). Mit seinem Forschungsbericht „Ästhetik der Gegenwart"4)
schließlich hat O. der modernen kunstphilosophischen Forschung einen Führer durch
das Gewirr widerstreitender Theorien geschenkt, wie er klarer und verläßlicher
kaum gedacht werden kann. So steht O., was Umfang und Gewicht seiner Veröf-
fentlichungen betrifft, in der vordersten Reihe der Kunstphilosophen der Gegenwart.

Sein hier in Rede stehendes Buch führt an den Anfangs- und gleichzeitig in
den Mittelpunkt der Fragen, wie sie auch die moderne Ästhetik beschäftigen; denn
Kants „Kritik der Urteilskraft", von der her man den Beginn moderner Ästhetik
zählt, stellt Probleme, die von derselben auch heute noch nicht überwunden sind.
O. weist nach, daß die „Kritik der Urteilskraft" von allen Werken Kants am
meisten Widersprüche enthält. Trotzdem wurde sie die Grundlage der nachfolgen-
den Ästhetik, ja, wie schon Eduard von Hartmann sah, „alle prinzipiell wichtigen
Richtungen, welche in der modernen Ästhetik vertreten sind, finden wir bei Kant
vorgebildet". In der „Kritik der Urteilskraft" zeigt sich „die Spekulation in ziem-
lich eindeutiger Richtung vom Formalen der pulchritudo vaga bis zur Vollinhalt-
lichkeit einer Kunstlehre bewegt", wobei die „Widersprüche als notwendige Folgen
des vom Formalen zum Inhaltlichen fortschreitenden Denkens" zu bewerten seien.
Indem O. das kritizistisch-erkenntnistheoretische Problem, die Frage von „Sub-
jektivität" und „Objektivität" kurz beleuchtet, kommt er zunächst zur Abgrenzung
des ästhetischen Gegenstandes, zur Umgrenzung der ästhetischen Region, dem

i) Berlin: Reuther & Reichard 1927.

=) Berlin: Reuther & Reichard 1929.

■■>) Berlin: Junker & Dünnhaupt 1932.

") Berlin: Junker & Dünnhaupt 1932. (Philosophische Forschungsberichte. 15.)
 
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