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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 31.1937

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https://doi.org/10.11588/diglit.14170#0309
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BESPRECHUNGEN

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Umbildungen, die der Mystik weit näher stehen, sind von der eigentlichen plato-
nischen Meinung schon weit entfernt; denn Plato war in seiner Ideenlehre schließ-
lich Rationalist, Hauptmann aber ist ganz gewiß dies nicht (S. 98 und 121).

Vielleicht wird man sich mit dem Autor besser verständigen, wenn man drei
Beziehungen des Dichters zur Antike grundsätzlich unterscheidet: 1. die eigentlich
ursprünglich lebensmäßige, die ihn dem griechischen Landleben, dem griechischen
Mythos und dem griechischen Menschen verbindet, 2. die geistig-mystische, die ihm
die seelischen schicksalsmäßigen und metaphysischen Hintergründe der Griechen-
welt erschließt und ihn vor allem der neuplatonischen Gedankenwelt verbindet, und
3. die im engeren Sinne literarisch bildungsmäßige Kenntnis der griechischen
Geisteswelt, in der etwa das Wissen von Plato und vielen griechischen Philosophen
sich niederschlägt. Der letzte Sinn seiner Beziehung zur Antike liegt für Haupt-
mann unfraglich in den beiden ersten Formen.

Hamburg. Werner Ziegenfuß.

Günter Taube: Die Rolle der Natur in Gerhart Hauptmanns
Gegenwartswerken bis zum Anfang des 2 0. Jahrhunderts.
Eberings Germanische Studien Heft 176. Verlag Dr. Emil Ebering, Berlin 1936.

In „Vorbemerkungen" handelt der Verfasser von den Aufgaben der Natur in
der Kunst und grenzt sein eigenes Thema ab mit dem Blick auf andere Problem-
stellungen. Der erste Hauptteil würdigt die Rolle der Natur in Hauptmanns Jugend-
novellen Fasching, Bahnwärter Thiel und dem Apostel. Die Ausführungen sind
hier durch einen gar strengen Parallelismus des Anordnens etwas einförmiger als
notwendig. Der zweite Hauptteil analysiert die Dramen von „Vor Sonnenaufgang"
bis zur „Rose Bernd" unter der Blickrichtung auf aktives oder passives Wirken der
Natur in diesen Hauptmannschen Dichtungen. — Wenn der Verfasser (seltene Male
bloß!) den Rahmen seiner Darlegungen sprengt, den ich doch mehr als Einengung
denn als wünschenswerte Begrenzung empfinde, tun sich erst die wahren Möglich-
keiten auf, die ein Erforschen des Fragenkreises um Hauptmanns Verhältnis zur
Natur und dessen dramatisch-sprachliche Gestaltung in sich schließt. Die wissen-
schaftliche Gründlichkeit verführte Taube wohl zur Überwertung der Ergebnisse für
eine Einsicht in Hauptmanns Schaffensweise; und für eine Gesamtwürdigung etwa
des naturalistischen Dramas und seiner Auswertung der Natur wird doch als
Folge der oben formulierten Aufgabe zu wenig erbracht.

An Einzelheiten hei mir auf: hat (was schon längst, seit Schienther?, erkannt
ist) Taube kein Empfinden dafür, daß jenseits aller „epischen" Technik in den
szenischen, vielfach Atmosphärisches gebenden Vorbemerkungen und Regieanwei-
sungen gerade der ganz starke Lyriker Hauptmann zum Lichte drängt? — Metho-
disch ist nicht empfehlenswert, leicht erreichbare Bücher durch Mittelsmänner an-
führen zu lassen. Prüfet alles (selbst!) .... —

Der Eindruck: die Problemstellung scheint mir für eine literatur- und damit
sprachkunst-wissenschaftliche Veröffentlichung nicht ganz glücklich. Mag eine
Seminararbeit zu dem Gegenstand der naturalistischen Dramen Gerhart Haupt-
manns bis zum Anfang unseres Jahrhunderts (woraus das Buch erwuchs) ergiebig
sich erweisen, in der Veröffentlichung geht es ohne Auswalzungen nicht ab. Der
Verfasser hat sich (oder sein Anreger ihn) um zwei bessere Möglichkeiten gebracht.
Es möchte viel einbringen, die Auswertung der Natur und der atmosphärischen Vor-
gänge im naturalistischen Drama — mit, aber auch weit über Hauptmann hinaus —
Zcitschr. f. Ästhetik u. alle. Kunstwissenschaft XXXI. 19
 
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