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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 31.1937

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Kainz, Friedrich: Giovanni Gentiles Kunstphilosophie
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https://doi.org/10.11588/diglit.14170#0194
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Bemerkungen

Giovanni Gentiles Kunstphilosophie

Von

Friedrich Kainz

Richtet man an einen philosophisch interessierten Deutschen die Frage, wer
der repräsentative Vertreter der italienischen Ästhetik und Kunstphilosophie sei, so
wird die Antwort zweifellos lauten: Benedetto Croce. Inwieweit diese Nennung zu
Recht besteht, werde hier nicht untersucht, nur auf folgendes sei hingewiesen.
Croce verdankt seine Monopolstellung wohl zunächst dem Umstand, daß seine
Werke dem deutschen Publikum durch Übersetzungen nahegebracht wurden, wäh-
rend anderen Denkern kaum geringeren Rangs diese Auszeichnung nicht wider-
fuhr. So gilt er als der größte, weil er für die Deutschen so gut wie der einzige
ist. Auf die Frage nach dem zweitgrößten Kunstphilosophen Italiens würde der
eben befragte deutsche Gewährsmann wahrscheinlich die Antwort schuldig bleiben.
Im Gefolge dieser Hochschätzung Croces, die zu nicht geringem Teil auf den Ein-
fluß bedeutender akademischer Lehrer des deutschen Sprachgebiets zurückzuführen
ist, wurden auch solche Schriften des Italieners ins Deutsche übertragen, die eine
schärfere planwirtschaftliche Kontrolle des Übersetzungsschrifttums davon «aus-
geschlossen hätte. Diese einmütige Anerkennung Croces scheint überdies eine
deutsche Besonderheit zu sein- in seinem Vaterland hat er jedenfalls sehr scharfe
Kritik gefunden. Ich denke dabei nicht so sehr an unerfreuliche Streitschriften wie
die Giuseppe Rensis (II bluff crociano), in denen es sich um die kämpferische Aus-
einandersetzung zwischen zwei philosophischen Standpunkten handelt, deren Ver-
treter einander nie nahekommen werden: in der erwähnten Schrift reibt sich der
radikale materialistische Skeptizist an dem durch Hegels Spekulation gebildeten
Idealisten. Vielmehr habe ich jene Kritik im Auge, die der Philosophie Croces aus
dem Lager des modernen italienischen Idealismus zuteil geworden ist. Das hier zu
nennende Hauptwerk ist die „Philosophie der Kunst" von Giovanni Gentile1), mit
dem wir uns an dieser Stelle eingehend auseinanderzusetzen haben. Die Über-
tragung dieses Buches ins Deutsche ist durchaus zu begrüßen: sie erschließt den
deutschen Lesern ein Werk, das wie nicht so bald ein zweites über die gegen-
wärtige Lage der italienischen Philosophie — weit über die Sonderanliegen des
ästhetisch-kunstphilosophischen Problembereichs hinaus — informiert, ein Werk, das
außerdem durch die Abstraktheit seines Vortrags und sehr große terminologische
Schwierigkeiten auch einem guten Kenner des Italienischen kaum zugänglich ist.
Hier weist ein großer Gegenspieler Croces die Inkonsequenzen von dessen Idealis-
mus, d. h. die hier mehrfach anzutreffenden realistischen Entgleisungen auf, ferner
stellt er die intellektualistischen Widersprüche der Gefühlsphilosophie Croces sowie

G. Gentile: Philosophie der Kunst. Übertragung aus dem Italienischen
von Dr. Heinrich Langen. Berlin. Junker & Dünnhaupt. 1934.
 
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