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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 31.1937

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Bruchhagen, Paul: Der Sinn der Musik : eine Problemerörterung
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https://doi.org/10.11588/diglit.14170#0292
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Bemerkungen

Der Sinn der Musik
Eine Problemerörterung

Von

Paul Bruchhagen

Der Versuch einer Orientierung in der Problemlage rindet gewisse Konstella-
tionen, Ansätze, Gesichtspunkte vor, an denen er Anhalt nimmt. Als erste Auf-
gabe fällt ihm zu, die vorgängigen Ansichten über den Sinn in der Musik zu
ordnen.

I.

Im Verfolg dessen unterscheidet er die in Frage kommenden Theorien gemäß
dem Gegensatz von Subjektivismus und Objektivismus. Er versteht unter Jenem
eine Geisteshaltung, für welche Alles und Jedes dem ausschließlichen Setzungs-
bereiche des Geistes unterliegt, unter Diesem eine solche, welche Seiendes an-
erkennt, dessen Unabhängigkeit vom Geiste nach ihr Phänomen ist.

Der Subjektivismus spricht ungern und mit Vorbehalt von sinnvoller Musik.
Diese Rede ist ihm unscharf. Musik als „Objektives" hat keinen Sinn. Musik: das
ist Tönegebilde, Akustisches, natur- und harmoniegesetzlich Beherrschtes, eben
„Objektives". Eigentlich ist es schon zuviel, das „objektive" Akustische Musik zu
nennen. Es ist Musik erst als Sinnvolles. Der Sinn wird dem „gegebenen"
Klanggebüde durch das erlebende Subjekt verliehen, sei es durch Einfühlung wel-
cher Art auch immer, sei es durch Beseelung überhaupt. Jede „Musik" ist Form-
gebilde, Gestaltenkomplex, geeignet zu sinngebendem Verhalten. Der Sinn wird
dem Objekte durch das Subjekt zuerkannt. Er ist etwas Subjektives.

Die psychologische Ästhetik aller Versionen bekennt sich allgemein zu einer
derartigen Anschauung.

Der Objektivismus teilt sich in zwei Gruppen. Gemeinsam ist beiden die An-
sicht von der objektiven Gegebenheit sinnvoller Musik. Darüberhinaus sind ihre
Meinungen geteilt. Die Musik hat für sie beide Sinn, der ihr nicht erst im ge-
nießenden Erlebnis gegeben wird. Die eine Gruppe verdeutlicht ihre Ansicht
dahin, der Sinn sei dem Kunstwerke, d. h. den Formen bzw. Gestaltenkomplexen
immanent. So z. B. auf seiten der Philosophen Waldemar Konrad, von
Musiktheoretikern Hanslick und Kretzschmar. Die andere Gruppe behauptet das
Gegenteil: Der Sinn der Musik sei ein transzendenter. So fast alle Meta-
physiker der Musik, in erster Linie Schopenhauer, E. v. Hartmann, von Musik-
theoretikern Hausegger, Seidl, Riemann, Grunsky u. a. Die Transzendenz ist
nicht eindeutig. Sie kann subjektive oder objektive Transzendenz sein. Die sub-
jektive Transzendenz des Sinnes wird vom Psychologismus gelehrt, die objektive
von einem Teile der Metaphysiker.
 
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