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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 31.1937

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Horn, Heinz: Die Ästhetik Ernst von Lasaulx'
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https://doi.org/10.11588/diglit.14170#0264
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Die Ästhetik Ernst von Lasaulx'

Von
Heinz Horn

Der Name Ernst von Lasaulx ist in der Geschichte der Ästhetik
völlig unbekannt geblieben. Die Gründe dafür mögen darin liegen, daß
seine ästhetische Schrift „Philosophie der schönen Künste" in einer Zeit
erschien (1860), welche jeder höheren metaphysischen Spekulation ab-
hold war, sie mögen darin liegen, daß sein Werk neben den letzten
Blüten des ästhetischen Idealismus — etwa der Ästhetik Vischers —
weder an Originalität noch an gedanklicher Durcharbeitung bestehen
konnte, sie mögen endlich auch darauf beruhen, daß sich das liberale
Denken der Zeit nicht mit Anschauungen zu befreunden vermochte, die
in einer gewissen Beziehung kirchlich-orthodox waren. Mögen auch alle
diese Momente daran mitgewirkt haben, daß Lasaulx keinen Eingang in
die Geschichte der Philosophie und besonders in die der Ästhetik fand,
so scheint uns die Hauptursache dafür doch in der Tatsache 2u liegen,
daß Lasaulx als Philosoph und Ästhetiker für eine Zeit zu dilettantisch
war, die mehr als jede andere zuvor auf das streng fachmännische
Wissen, auf das sorgfältige Experiment, auf die Beobachtung des Kon-
kretesten den weitaus größten Wert legte. Daß aber Lasaulx ein philo-
sophischer Dilettant war, wenn auch im besten Sinne des Wortes, läßt
sich nicht abstreiten. Ebensowenig freilich kann man verkennen, daß
seine Leistung, als Schöpfung einer eigenartigen, geistreichen Persön-
lichkeit, als der Ausdruck eines eigenwilligen; lebendigen, begeisterten
und begeisterungsfähigen Charakters genommen, doch noch originell
genug ist, um nicht völlig vergessen zu werden, daß dieser bedeutende
Philologe und Kenner des Altertums, in dem die Antike lebendig war
wie zu seiner Zeit vielleicht nur noch in einem Jacob Burckhardt, von
seinem engeren Spezialgebiet aus eine Weltanschauung erarbeitet hatte,
die man zwar ablehnen kann, die aber als geschlossenes, geistreich zu-
sammengefügtes Ganzes auch heute noch frisch wirkt, zumal sie stets
in einem meisterhaft klaren, geschliffenen Stil vorgetragen wird.

Wenn man von der Metaphysik absehen will, auf deren Gebiet
Lasaulx nie systematisch gearbeitet hat, die aber durchweg der Unter-
ton und die Grundlage aller seiner philosophischen Schriften ist, hat
 
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