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Zeitschrift des Badischen Kunstgewerbevereins zu Karlsruhe — 5.1894

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Falke, Otto von: Zur Entwicklungsgeschichte des muhammedanischen Ornaments
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https://doi.org/10.11588/diglit.3804#0202

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172 ZUR ENTWICKLUNGSGESCHICHTE DES MUHAMMEDANISCHEN ORNAMENTES.

antiken Vorbilder. Die Arabeske aber mit ihrem
phantastischen Linienspiel und den zierlichen, jeder
Naturnachahmung fremden Blättchen, die geome-
trischen Flächenfüllungen aus geradlinigen, vielfach
durchsteckten und verschlungenen Polygonen, sie
verleugnen auf den
ersten Blick jeg-
liche Verwandt-
schaft mit Orna-
menten anderer Zei-
ten und Völker.
Sieht man aber ge-
nauer zu, verfolgt
man sie von ihrem
Entstehen bis in die
vollendete sarazeni-
sche Form, so kann
auch hier die spät-
antike Quelle nicht
zweifelhaft sein.

Es ist schon
vor längerer Zeit
deutlich ausgespro-
chen worden, dass
die sarazenischen
Ornamente direkte
Fortbildungen und

Umwandlungen
spätantiker, byzan-
tinischer Motive
sind (vgl. J. v. Falke:
Aus dem weiten
Reiche der Kunst.
Berlinl889).Neuer-
dings hat AI. Riegl

(Altorientalische
Teppiche, Leipzig
1891, und „Stil-
fragen, Grundle-
gungen zu einer
Geschichte der Or-
namentik", Berlin
1893) die Abstam-
mung der sarazeni-
schen von der spät-
antiken Kunst in allen Einzelheiten genau und in allem
Wesentlichen wohl auch unwiderlegbar nachgewiesen.

Die künstlerische Thätigkeit auf ornamentalem
Gebiet der Sarazenen bestand darin, die in den von
ihnen eroberten Ländern vorgefundenen hellenistischen
Elemente, das Pflanzenrankenwerk und das Flecht-

Abb. 4.

Kanne und Becken, Eisen tauschirt, aus Ispahan.
(Kunstgewerbemuseum in Berlin.)

werk in rein dekorativem, von jeder Naturähnlich-
keit abstrahirendem Sinne umzubilden und daraus
ein System der Flächenverzierung zu schaffen. Diese
dekorative Tendenz war auch der byzantinischen
Kunst zu eigen, ohne dass sie dort so konsequent

verfolgt wurde, wie
im Orient. Die Ara-
ber blieben bis zur
Wende des ersten

Jahrtausends
christlicher Zeit-
rechnung, wie in
ihrer Baukunst, so
auch im Ornament
von Byzanz beein-
flusst und bei der
Nachahmung ste-
hen. An einem sa-
razenischen Elfen-
beinkästchen vom
Jahre 965 im Musee
des Arts decoratifs
in Paris ist in den
Blattformen des
Rankenwerks die
Bildung des Akan-
thus noch vollkom-
men erhalten. Erst
im 12. Jahrhundert
ist die sarazenische
Arabeske in ihrer
Eigenart vollendet,
was nicht hindert,
dass noch im 14.
Jahrhundert in den
Stuckreliefs der Al-
hainbra antikisiren-
de Anklänge vor-
kommen.

Die Verwendung
animalischer Orna-
mente in der west-
sarazenischen
Kunst wird viel-
fach unterschätzt.

19. Jahrb.

Sie fehlen allerdings in den Wanddekorationen der
gottesdienstlichen Gebäude und an solchen Geräten,
die für Moscheen bestimmt waren oder sonst reli-
giöse Bedeutung haben, wie die Moscheelampen und
mit Malereien verzierte Koranhandschriften. Über-
blickt man aber die profanen Kunstwerke aus der
 
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