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Zeitschrift des Badischen Kunstgewerbevereins zu Karlsruhe — 5.1894

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Ubisch, Edgar von: Die Porzellanfabrik zu Kopenhagen während des 18. Jahrhunderts
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https://doi.org/10.11588/diglit.3804#0258

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DIE PORZELLANFABRIK ZU KOPENHAGEN WAHREND DES 18. JAHRHUNDERTS. 221

der Maler der Berliner Fabrik vor allen anderen
Fabriken auszeichnet. Die besten unter diesen Ma-
lereien finden kaum ihresgleichen; von wunderschöner
Wirkung ist eine gestreifte Nelke, sind Tulpen, Au-
rikeln und andere in klaren und prachtvollen Farben
gemalte Blumen. Diese Blumenmalerei machte in
der Fabrik Schule, die sich bis in die Gegenwart
vererbt hat.

Für die billigeren Gegenstände waren blaue
Blumen am meisten beliebt. Die schöne blaue Farbe
der Fabrik hatte Müller anfangs sehr viele Mühe
und Sorgen gemacht, bis die Berliner Maler kamen,
die sie zu verwenden verstanden. Von vortrefflicher
Wirkung sind auch die einfarbigen grünen Blumen,
am feinsten und teuersten die purpurroten oder
violetten, welche namentlich für Kaffee- und Thee-
gerät sehr beliebt waren. Viele der feinsten Male-
reien finden sich an Spielgerät für Kinder. Diese
kleinen Stücke kommen auch mit sehr feinen Land-
schaften vor. — Auf vielen der besten Stücke sehen
wir endlich die Namen der Empfänger, Bildnisse,
Gedenk- und Geburtstage, Sinnbilder und dergleichen
gemalt.

Neben den blauen natürlichen Blumen waren und
blieben die chinesischen, das sogen. Muschelmuster,
sehr beliebt. Sie wurden Meißener Mödel oder säch-
sische Muster genannt, womit deren Herkunft er-
wiesen ist. Die Fabrik hat dieses Muster jedoch
so eigenartig entwickelt, es ist in Dänemark bis in
die neueste Zeit so beliebt und allgemein verbreitet,
dass es mit Recht als national angesehen werden
darf. Das dänische Muschelmuster besteht gewöhn-
lich aus einem jungen Blütenstamme mit vollent-
wickelten Blumen, aus denen ein dünnerer Zweig
mit halberschlossenen Blüten hervor wächst; da-
zwischen stehen gebogene Zweige mit symmetrisch
gegenüberstehenden Blättern. Häufig wird das Muster
auch in roter Farbe angetroffen und ist dann dem
französischen, mehr noch dem Meißener Dekor ziem-
lich nahe verwandt.

Außer den Blumenmalereien finden auch die
plastischen Blumen insbesondere an Prachtvasen
reiche Verwendung. Es scheint jedoch, als ob dieser
Schmuck gewöhnlich etwas schwer ist. Bei Tellern
und allem übrigen Tischgeschirr waren zierliche,
ornamental behandelte Rokokoschweifungen der
Ränder sehr beliebt. Der Tellerrand mit dem sogen.
Osiermuster, dem Weidengeflecht, erfreut sich bis
auf den heutigen Tag besonderer Gunst. —

Die Erzeugnisse der Fabrik wurden auch von

Ausländern sehr günstig beurteilt. In der Voyage
de deux Francais en Allemagne, Danemarc etc. be-
schreiben de Piles und Boisgelin eingehend die Ein-
drücke, die sie bei ihrem Besuche im Jahre 1790
empfangen haben. Die Fabrik war damals in bestem
Zustande. Einzelne Erzeugnisse werden selbst den
sächsischen Porzellanen vorgezogen. Das Flora-
Danica-Tischzeug wird wegen der wunderbar schönen
und feinen Bemalung großartig genannt; es sei wohl
das schönste, was die Fabrik je hervorbringen werde.
Nicht genug können die herrlichen Biscuitfiguren
gerühmt werden, sowie Camrath's Malereien. Über
das Porzellan selber wird geurteilt, dass es weniger
glasig sei, als das chinesische, und in der Masse
leichter und fester als das sächsische; sehr schön
und haltbarer als bei anderen Fabriken seien die
Farben.

Nicht ganz so günstig lautet das Urteil des
deutschen Kunstkenners B. von Ramdohr, der die
Fabrik 1791 besuchte. Auch er erwähnt vor allem
das große Tischzeug mit der Flora-Danica, dessen
Malereien der höchsten Anerkennung wert seien,
wenn der rein wissenschaftliche Dekor auch etwas
befremdend wirke. Von den Farben wären grün und
blau sehr schön, weniger das Rot. In Masse und
Farben, in Formen und Dekor stände die Fabrik
gegen die Berliner doch zurück. Die Formen seien
im ganzen nicht fein genug, die Masse sei etwas
blasig; auch die Zeichnung zeige Mängel, was bei
der Nähe der Kunstakademie, die hier so gut
hätte aushelfen können, zu verwundern sei. Aber
die Erzeugnisse wären billig und ein Frühstück-
service, das in Sevres 500 Rd. koste, sei hier für
300 zu haben. Besondere Erwähnung finden noch
die 4—5 Fuß hohen Vasen. —

Die bedeutendste Sammlung dänischen Porzellans
besitzt die Chronologische Sammlung der dänischen
Könige im Schlosse Rosenborg, vor allem den größ-
ten Teil des Flora-Danica-Tischzeuges, die Pracht-
vasen und BisGuitbildnisse. Schöne Stücke haben
auch die übrigen Sammlungen zu Kopenhagen;
auch in Norwegen fanden wir die Fabrik sehr gut
vertreten. Im Lande selbst sind Stücke ersten Ranges
selten geworden. Vieles ist ins Ausland gewandert,
wo das Verständnis dafür mehr verbreitet, auch
früher geweckt war, als in Dänemark. Wenn indes
in neuerer Zeit hervorragende Stücke vorgekommen
sind, wurden sie dem Lande, dank dem Patriotis-
mus einzelner Bürger, meistens erhalten.

E. v. UBISCH.
 
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