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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 12.1903

DOI Artikel:
Müller, Hanna: Gedanken über Tracht und Stil - Schluß, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.6693#0180

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Hanna Müller—Friedenau: Gedanken über Tracht und Stil.

469

JOS. SATTLER: SCHLUSS-VIGNETTE
AUS WILDENBRUCIl's »HEXEN-LIED«

VERLAG VON WENZEL
HAGELSTAM IN HELSINGFORS.

Sedanken über Urachf und Sfil i& Schluß

Um die Forderungen eines wirklichen
Trachten-Stils zu erfüllen, ist es nötig,
die subtilste Nuancierung der Wesens-Art
der Rasse, des Geschlechtes nur anzudeuten
und doch wiederum nicht preiszugeben;
denn — und hier liegt ein wesentlicher
Kernpunkt dieser Stil-Frage — auch ein
gewisses sicherndes Umschliessen darf als
Beruf der Kleidung nicht unterschätzt
werden. Eine ihrer primitivsten Missionen,
die des Schutzes, muss sie nicht nur erfüllen,
sondern auch sichtbar erfüllen, denn ein
kultiviertes Stil-Gefühl verlangt nicht nur,
dass etwas zweckmässig sei, sondern dass
die Zweckmässigkeit auf der Hand liege.
Das Gefühl des Schutzes aber wird im Be-
schauer begünstigt durch ein Umhüllen von
weichem, faltigem Material und nicht durch
ein brutales Aufdrängen innerster Form.

Es gibt Naturen, in deren ganzem Sein
das Körperliche eine überwiegende Rolle
spielt Lasst diese in der Kleidung ihre
Schönheits-Vorzüge betonen, und man wird
ihnen auf keinen Fall Stillosigkeit zum Vor-
wurf machen können. Es gibt aber auch

andere Naturen, deren Wesens-Züge kom-
plizierterer Art sind, und die man sich ohne
die ihnen angeborene vornehme Zurück-
haltung nicht denken kann. Solche werden
einem berechtigten Stil - Gefühl nur treu
bleiben, wenn sie auch dieser Eigenschaft
in ihrem Äusseren Rechnung tragen. Denn
Stil ist eben Harmonie, nicht nur mit den
Gesetzen der Steine und Balken, sondern
mit dem Geiste und den Intentionen, die
den Steinen und den Balken ihre Bestimm-
ung geben. — Hanna Müller—Friedenau.

"IVTOTIZ. Hier sei noch kurz ein Nachweis über das
Illustrations-Material gegeben, welches wir auf diesem
Gebiete bereits veröffentlicht haben: Preisgekrönter Entwurf
eines Promenade-Kostümes von B. Wenig, S. 51 des Okt.-
Heftes 1899; Kostüme von ff. de Feure, Sept.-Heft 1900,
April 1903; Frauen-Schmuck von Prof. P. Behrens, Ja.n.-Heit
1902 S. 191, 192; Sonder-Publikation über moderne Frauen-
Tracht, Mai-Heft 1902 mit zahlreichen Kostümen von Prof. H.
v. d, Velde, Prof. P. Behrens, M. Trautwein, Marg. v. Brau-
chitsch, Else Oppler, Pariser Etablissements, — Kostüme
von den Ausstellungen zu Berlin und Wiesbaden, Dez.-Heft
1902 S. 168 mit Gewändern von Gräfin Geldern-Egmont,
P. Schultze-Naumburg, A. Mohrbutter, Emy Friling u. a.
Preisgekrönte und lobend erwähnte Konkurrenz-Entwürfe
für Promenade-Kostüme, Juni-Heft 1903 S. 422—429. —
 
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