BAUER—MAGDEBURG.
Zu den Arbeiten von Bürcks Schülern.
So eine Kunstgewerbe-Schule in unseren
Tagen ist ein eigen Ding. Das Gehäuse
natürlich in »edlen« und »edelsten« Formen
gehalten; und irgendwo daran — darauf
kann man seinen Kopf wetten — eine Büste
oder ein Medaillon, Schinkel darstellend und
damit ein Programm. Auf den Fluren und
Gängen nichts als Programm: Gipse nach
irgendwelchen kunstgeschichtlichen Muster-
gültigkeiten. In den Klassen-Räumen des-
gleichen. Aber danach arbeiten, das thut
schwerlich noch ein Mensch; (ein wohl-
verstandenes »leider« erscheint hier an-
gebracht). Den Gipsen geht's wie den
Trollen in »Peer Gynt«: sie sind sich selbst
genug. Jeder hat seinen Titel und seine
Nummer; und darauf allein, auf nichts an-
derem, beruht ihre heutige Existenz. So
schleppen sie sich durch die Jahre als Ballast
und Platzwegfresser übelster Art. Doch man
setzt seine Hoffnung auf den Zahn der Zeit.
Und inmitten all dieser Gips - Seligkeit
sitzen Männlein und Weiblein — (für ängst-
liche Gemüter) getrennt —; in der Linken
1903. XII. 4.
halten sie mit präraphaelitenhafter Geberde
eine Blüte, ein Blümchen, ein Blatt; be-
trachten das Ding lang und genau; und
zeichnen es ab. Sie machen Stilisier-Übungen
daran, und unter der Hand wird es ihnen
wohl schliesslich zum Ornament.
Es ist so etwas wie Liebe mit im Spiel.
Und es fehlt auch nicht ihrer Echtheit Prüf-
stein, die Unbequemlichkeit. Es ist nicht
so, dass man einfach in den botanischen
Schul-Garten geht und sich passendes her-
holt. Kunstgewerbe - Schulen haben wohl
Gips - Giessereien und ähnliches, aber nach
einem botanischen Gärtchen würde man
vergebens suchen. Doch fast hat das etwas
Gutes, — ich meine das Fehlen des bota-
nischen Gartens. Wer im Wald, auf der
Wiese seine Blumen und Blätter zusammen-
gerafft hat, spürt wohl so etwas wie Jäger-
Freude. Und noch ein anderes Stimulans:
über die Rasen-Flächen der städtischen An-
lagen zu laufen und abzurupfen, was einem
passlich dünkt, ist Lehrern wie Schülern ein
gleich grosses Vergnügen. Der Philister, der
Zu den Arbeiten von Bürcks Schülern.
So eine Kunstgewerbe-Schule in unseren
Tagen ist ein eigen Ding. Das Gehäuse
natürlich in »edlen« und »edelsten« Formen
gehalten; und irgendwo daran — darauf
kann man seinen Kopf wetten — eine Büste
oder ein Medaillon, Schinkel darstellend und
damit ein Programm. Auf den Fluren und
Gängen nichts als Programm: Gipse nach
irgendwelchen kunstgeschichtlichen Muster-
gültigkeiten. In den Klassen-Räumen des-
gleichen. Aber danach arbeiten, das thut
schwerlich noch ein Mensch; (ein wohl-
verstandenes »leider« erscheint hier an-
gebracht). Den Gipsen geht's wie den
Trollen in »Peer Gynt«: sie sind sich selbst
genug. Jeder hat seinen Titel und seine
Nummer; und darauf allein, auf nichts an-
derem, beruht ihre heutige Existenz. So
schleppen sie sich durch die Jahre als Ballast
und Platzwegfresser übelster Art. Doch man
setzt seine Hoffnung auf den Zahn der Zeit.
Und inmitten all dieser Gips - Seligkeit
sitzen Männlein und Weiblein — (für ängst-
liche Gemüter) getrennt —; in der Linken
1903. XII. 4.
halten sie mit präraphaelitenhafter Geberde
eine Blüte, ein Blümchen, ein Blatt; be-
trachten das Ding lang und genau; und
zeichnen es ab. Sie machen Stilisier-Übungen
daran, und unter der Hand wird es ihnen
wohl schliesslich zum Ornament.
Es ist so etwas wie Liebe mit im Spiel.
Und es fehlt auch nicht ihrer Echtheit Prüf-
stein, die Unbequemlichkeit. Es ist nicht
so, dass man einfach in den botanischen
Schul-Garten geht und sich passendes her-
holt. Kunstgewerbe - Schulen haben wohl
Gips - Giessereien und ähnliches, aber nach
einem botanischen Gärtchen würde man
vergebens suchen. Doch fast hat das etwas
Gutes, — ich meine das Fehlen des bota-
nischen Gartens. Wer im Wald, auf der
Wiese seine Blumen und Blätter zusammen-
gerafft hat, spürt wohl so etwas wie Jäger-
Freude. Und noch ein anderes Stimulans:
über die Rasen-Flächen der städtischen An-
lagen zu laufen und abzurupfen, was einem
passlich dünkt, ist Lehrern wie Schülern ein
gleich grosses Vergnügen. Der Philister, der