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Probe aus einer nächstens erscheinenden neuen, die jugendliche Phantasie so anmuthig
anregenden abenteuerlichen Erzählung.
Eines Tages fanden sich meine Gefährten von den
Mühseligkeiten der Jagd so völlig erschöpft, daß sie beschlossen,
zeitig Rast zu machen, während ich mich, wie immer, in voller
Kraft und Frische fühlte, und daher beschloß, den Rest
des Tages zu nütze», um allein im Urwalde umher zu
schweifen. Mein unbegreiflicher Muth, meine unbeschreib-
liche Unermüdlichkeit ließen mich weit weg vom Lager-
plätze der Freunde, mehrere Meilen tief, in das un-
durchdringliche Dickicht des Waldes Vordringen. Plötzlich
umgab mich die tiefste Finsterniß; die Nacht war un-
bemerkt herangckommen, denn in diesen tropischen Ge-
genden gibt es keine Dämmerung. Was nun thun?
Ich mußte aus der Stelle bleiben, auf welcher ich mich
gerade befand, denn sowohl Vor- wie Rückwärtsschrei-
tcn wäre in dieser Wildniß Thorhcit gewesen. Mit dem
mir cigcnthümlichcn Gleichmuthe fand ich mich in die
Rothwendigkcit, hier, ohne allen Schutz, ohne jede Be-
quemlichkeit, meilenweit von den Freunden entfernt, zu
übernachte». Ich rasstc schnell eine Menge dürren Laubes
zusammen, feuerte meine Büchse in den Haufen, ihn
in Brand zu stecken, legte noch trockenes Holz zu, lud
meine Büchse von Neuem, zog meine Taschenuhr auf,
lehnte mich an einen starken Baum und schlief, trotz dem
daß die wilden Thiere des Waldes ihren nächtlichen
Lärmen in unerhörter Weise machten, so sanft und süß,
als läge ich in dem besten Bette des besten Hotels
der Welt.
Doch dem süßen Schlafe folgte bei Anbruch des
Tages ein um so grausigeres Erwachen, denn als ich
die Augen öffnete, erblickte ich vor mir rechts einen riesi-
gen Tiger, links eine jedenfalls fünfundzwanzig Ellen
lange Riesenschlange, hinter mir einen der größten Bären,
den je mein Auge sah, und einen Alligator der furcht-
barsten Art. Diese vier Bestien glotzten mich an, als
hätten sie in ihrem Leben noch keinen Menschen gesehen,
und sicherlich mochte auch die gänzliche Unbckanntschaft
mit Wesen meiner Art, die einzige Ursache sein, daß sic
nicht sofort über mich hcrficlcn und mich kurz und
klein rissen.
Gleichwohl war meine Lage die entsetzlichste, in welcher
ich mich in meinem bisherigen, sehr bewegten Leben noch
jemals befunden hatte. Es war eine noch nie dagcwescne
Situation, was in unserer Zeit etwas sagen will. Starr
und steif stand ich da, krampfhaft die Büchse und den
Hirschfänger haltend, womit ich doch weder zu schießen,
noch zu hauen oder zu stechen wagen durfte, da die
Bestien möglicherweise durch eine meiner Bewegungen
veranlaßt werden konnten, sich auf mich zu stürzen und
mich zu zerreißen.
Ich fühlte, wie in dieser furchtbaren, vierfachen
Todesangst die Haare auf meinem Haupte silberweiß
■ wurden. Ich hatte nie bis zu dieser Schrcckcnsstunde
die Spur eines Bartes in meinem Antlitze bemerkt, aber in
dieser grausen Todesnoth durchrieselte das seltsamste Zucken
und Prickeln die Haut meines Gesichtes und ich merkte wohl,
!
Probe aus einer nächstens erscheinenden neuen, die jugendliche Phantasie so anmuthig
anregenden abenteuerlichen Erzählung.
Eines Tages fanden sich meine Gefährten von den
Mühseligkeiten der Jagd so völlig erschöpft, daß sie beschlossen,
zeitig Rast zu machen, während ich mich, wie immer, in voller
Kraft und Frische fühlte, und daher beschloß, den Rest
des Tages zu nütze», um allein im Urwalde umher zu
schweifen. Mein unbegreiflicher Muth, meine unbeschreib-
liche Unermüdlichkeit ließen mich weit weg vom Lager-
plätze der Freunde, mehrere Meilen tief, in das un-
durchdringliche Dickicht des Waldes Vordringen. Plötzlich
umgab mich die tiefste Finsterniß; die Nacht war un-
bemerkt herangckommen, denn in diesen tropischen Ge-
genden gibt es keine Dämmerung. Was nun thun?
Ich mußte aus der Stelle bleiben, auf welcher ich mich
gerade befand, denn sowohl Vor- wie Rückwärtsschrei-
tcn wäre in dieser Wildniß Thorhcit gewesen. Mit dem
mir cigcnthümlichcn Gleichmuthe fand ich mich in die
Rothwendigkcit, hier, ohne allen Schutz, ohne jede Be-
quemlichkeit, meilenweit von den Freunden entfernt, zu
übernachte». Ich rasstc schnell eine Menge dürren Laubes
zusammen, feuerte meine Büchse in den Haufen, ihn
in Brand zu stecken, legte noch trockenes Holz zu, lud
meine Büchse von Neuem, zog meine Taschenuhr auf,
lehnte mich an einen starken Baum und schlief, trotz dem
daß die wilden Thiere des Waldes ihren nächtlichen
Lärmen in unerhörter Weise machten, so sanft und süß,
als läge ich in dem besten Bette des besten Hotels
der Welt.
Doch dem süßen Schlafe folgte bei Anbruch des
Tages ein um so grausigeres Erwachen, denn als ich
die Augen öffnete, erblickte ich vor mir rechts einen riesi-
gen Tiger, links eine jedenfalls fünfundzwanzig Ellen
lange Riesenschlange, hinter mir einen der größten Bären,
den je mein Auge sah, und einen Alligator der furcht-
barsten Art. Diese vier Bestien glotzten mich an, als
hätten sie in ihrem Leben noch keinen Menschen gesehen,
und sicherlich mochte auch die gänzliche Unbckanntschaft
mit Wesen meiner Art, die einzige Ursache sein, daß sic
nicht sofort über mich hcrficlcn und mich kurz und
klein rissen.
Gleichwohl war meine Lage die entsetzlichste, in welcher
ich mich in meinem bisherigen, sehr bewegten Leben noch
jemals befunden hatte. Es war eine noch nie dagcwescne
Situation, was in unserer Zeit etwas sagen will. Starr
und steif stand ich da, krampfhaft die Büchse und den
Hirschfänger haltend, womit ich doch weder zu schießen,
noch zu hauen oder zu stechen wagen durfte, da die
Bestien möglicherweise durch eine meiner Bewegungen
veranlaßt werden konnten, sich auf mich zu stürzen und
mich zu zerreißen.
Ich fühlte, wie in dieser furchtbaren, vierfachen
Todesangst die Haare auf meinem Haupte silberweiß
■ wurden. Ich hatte nie bis zu dieser Schrcckcnsstunde
die Spur eines Bartes in meinem Antlitze bemerkt, aber in
dieser grausen Todesnoth durchrieselte das seltsamste Zucken
und Prickeln die Haut meines Gesichtes und ich merkte wohl,
!
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Probe aus einer nächstens erscheinenden neuen, die jugendliche Phantasie so anmuthig anregenden abenteuerlichen Erzählung"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Kommentar
Signatur (W. B. ungesichert)
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 32.1860, Nr. 758, S. 14
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg