Plaudereien.
179
Eine Ehrensache.
„Von wem?" fragte ich ein wenig erschreckt, denn mein
Muth ist niemals der größte gewesen.
Sophronia deutete auf einen großen, militärisch aus-
sehcndcn Mann mit schwarzem Schnurbarte, der in einiger
Entfernung stand.
Ich begriff augenblicklich, daß cs nicht vorsichtig sein
würde, mit einem Individuum dieser Art anzubinden und be-
eifertc mich, meine Begleiterin durch die Versicherung zu be-
ruhigen, daß der lange Herr sic gewiß nur zufällig so unsanft
berührt hätte.
„Nein!" sagte sie sehr entschieden, „cs war kein Zufall,
sondern Absicht. Ich wünsche, daß Sic den Herrn veranlassen,
sich bei mir zu entschuldigen."
„Glauben Sic nicht, daß cs besser wäre, ihn durch stille
Verachtung zu strafen?" fragte ich verlegen.
Sophronia aber war durchaus nicht dieser Meinung und
cs blieb mir nichts übrig, als auf den langen Herrn zuzu-
gehcn, der mir immer martialischer erschien, je näher ich ihm
kam, und ihn mit einer Stimme, der ick die möglichste Fettig-
keit zu geben versuchte, zu fragen: was er bcabsichrigk hätte,
indem er die unter meinem Schutze stehende Dame beleidigte.
„Herr — r — r" schnurrte er, indem er sich kurz und
schnell nach mir umdrchte.
Ich wiederholte meine Frage, wiewohl in etwas zag-
hafterem Tone, und sprach zugleich die Hoffnung aus, er werde
erklären, daß cs nicht seine Absicht gewesen wäre, die Dame
zu beleidigen. Aber statt meine vcrsöbnliche Gesinnung zu
beachten, erwicdcrtc der rabbiatc Mensch, indem er seinen
mächtigen Schnurbart drebte, daß er bicr nichts zu erklären
hätte, daß er aber, wenn ich sonst von ihm zu hören wünschte,
jederzeit bereit wäre, mir Rede zu stehen, zu welchem Zwecke
er mir seine Karte überreichte.
Ohne einen Blick darauf zu werfen, eilte ich zu So-
phronia zurück und verlor mich so schnell als möglich mit ihr
in der Menge.
(Schluß folgt.)
Plaudereien.
Aus den Papieren des Schusters von Jspahan.
Hab' nur Vertrau'».
Zapft dir der Arzt ab böses Blut —
mußt du ihm trau'n;
Verficht der Anwalt dir dein Gut —
mußt du ihm trau'n;
Was immer dir nur frommen soll —
dem mußt du trau'n;
Räth dir dein junges Weib zum Wohl
Spazier'n zu gch'n den Nachmittag —
mußt du ihm trau'n;
Ja wohl, das ist gar keine Frag';
Doch was dir sehr zu rathen ist,
Daß du zufällig was vcrgiß'st
und heimgchst schau'n.
Zu später Einfall.
Mein alter Tintcntiegcl,
Der ist längst leer und hohl;
Dagegen der Streusandhügel
Noch unversehrt und voll.
Die Tinte Hab' ick verschwendet
An Briefchen zart und sei»,
Sand Hab' ich keinen verwendet,
Bestrcu'n ist ja gemein.
Viel Dummes Hab' ich getrieben,
Es hat mich bitter gereut;
O hätt' ich mit Sand geschrieben,
Und mit der Tinte bestreut!
Vorbereitung zum Staatscramcn.
Gand. jur. Büch crfcind: „Das war also das Ka-
pitel über die Servituten. Hast Du's verstanden?"
Cand. jur. Bummel: „Nein."
Büch crfcind: „Ich auch nicht. Wir gehen also über
zu dem Kapitel über das Pfandrecht."
(Das wirksame Mittel.) Arzt: „Na, Christian,
sind von dem Chloroform, was ich Eurem Sohne verschrieben
habe, die Zahnschmerzen fortgeblicben?" — Bauer -Chri-
stian: „Ja, Herr Doktor, aber mein Junge ooch mit!"
(Courierzug zwischen Olten und Bern, Station
Hindelbank.) Passagier (aus dem Wagenfenster): „Herr
Zugmcister, was ist den» das für e greuliche Wirtschaft mit
dem Schnellzug? Wir sitze nun schon e Vicrtclstund hier und
noch immer kein Fortkommen!" — Zugmeister: Wer
prcssirt isch, ka usstiege und z'Fucß geh'!"
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Eine Ehrensache.
„Von wem?" fragte ich ein wenig erschreckt, denn mein
Muth ist niemals der größte gewesen.
Sophronia deutete auf einen großen, militärisch aus-
sehcndcn Mann mit schwarzem Schnurbarte, der in einiger
Entfernung stand.
Ich begriff augenblicklich, daß cs nicht vorsichtig sein
würde, mit einem Individuum dieser Art anzubinden und be-
eifertc mich, meine Begleiterin durch die Versicherung zu be-
ruhigen, daß der lange Herr sic gewiß nur zufällig so unsanft
berührt hätte.
„Nein!" sagte sie sehr entschieden, „cs war kein Zufall,
sondern Absicht. Ich wünsche, daß Sic den Herrn veranlassen,
sich bei mir zu entschuldigen."
„Glauben Sic nicht, daß cs besser wäre, ihn durch stille
Verachtung zu strafen?" fragte ich verlegen.
Sophronia aber war durchaus nicht dieser Meinung und
cs blieb mir nichts übrig, als auf den langen Herrn zuzu-
gehcn, der mir immer martialischer erschien, je näher ich ihm
kam, und ihn mit einer Stimme, der ick die möglichste Fettig-
keit zu geben versuchte, zu fragen: was er bcabsichrigk hätte,
indem er die unter meinem Schutze stehende Dame beleidigte.
„Herr — r — r" schnurrte er, indem er sich kurz und
schnell nach mir umdrchte.
Ich wiederholte meine Frage, wiewohl in etwas zag-
hafterem Tone, und sprach zugleich die Hoffnung aus, er werde
erklären, daß cs nicht seine Absicht gewesen wäre, die Dame
zu beleidigen. Aber statt meine vcrsöbnliche Gesinnung zu
beachten, erwicdcrtc der rabbiatc Mensch, indem er seinen
mächtigen Schnurbart drebte, daß er bicr nichts zu erklären
hätte, daß er aber, wenn ich sonst von ihm zu hören wünschte,
jederzeit bereit wäre, mir Rede zu stehen, zu welchem Zwecke
er mir seine Karte überreichte.
Ohne einen Blick darauf zu werfen, eilte ich zu So-
phronia zurück und verlor mich so schnell als möglich mit ihr
in der Menge.
(Schluß folgt.)
Plaudereien.
Aus den Papieren des Schusters von Jspahan.
Hab' nur Vertrau'».
Zapft dir der Arzt ab böses Blut —
mußt du ihm trau'n;
Verficht der Anwalt dir dein Gut —
mußt du ihm trau'n;
Was immer dir nur frommen soll —
dem mußt du trau'n;
Räth dir dein junges Weib zum Wohl
Spazier'n zu gch'n den Nachmittag —
mußt du ihm trau'n;
Ja wohl, das ist gar keine Frag';
Doch was dir sehr zu rathen ist,
Daß du zufällig was vcrgiß'st
und heimgchst schau'n.
Zu später Einfall.
Mein alter Tintcntiegcl,
Der ist längst leer und hohl;
Dagegen der Streusandhügel
Noch unversehrt und voll.
Die Tinte Hab' ick verschwendet
An Briefchen zart und sei»,
Sand Hab' ich keinen verwendet,
Bestrcu'n ist ja gemein.
Viel Dummes Hab' ich getrieben,
Es hat mich bitter gereut;
O hätt' ich mit Sand geschrieben,
Und mit der Tinte bestreut!
Vorbereitung zum Staatscramcn.
Gand. jur. Büch crfcind: „Das war also das Ka-
pitel über die Servituten. Hast Du's verstanden?"
Cand. jur. Bummel: „Nein."
Büch crfcind: „Ich auch nicht. Wir gehen also über
zu dem Kapitel über das Pfandrecht."
(Das wirksame Mittel.) Arzt: „Na, Christian,
sind von dem Chloroform, was ich Eurem Sohne verschrieben
habe, die Zahnschmerzen fortgeblicben?" — Bauer -Chri-
stian: „Ja, Herr Doktor, aber mein Junge ooch mit!"
(Courierzug zwischen Olten und Bern, Station
Hindelbank.) Passagier (aus dem Wagenfenster): „Herr
Zugmcister, was ist den» das für e greuliche Wirtschaft mit
dem Schnellzug? Wir sitze nun schon e Vicrtclstund hier und
noch immer kein Fortkommen!" — Zugmeister: Wer
prcssirt isch, ka usstiege und z'Fucß geh'!"
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Eine Ehrensache"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 32.1860, Nr. 779, S. 179
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg