| 198 Aus -er Amtsstube.
Dcr Jörg Andrä hat cincn Prozeß anhängig bei Amte,
der seinen gewöhnlichen Gang geht, was aber dem Jörg
Andrä dock ein wenig zu langsam und schneckenartig däucht.
Um dcr Schnecke nun Füße zu machen, kommt er, öfter als
dem Herrn Amtmann lieb ist, auf die Amtsstube, um zu
mahnen und zu drängen. Dcr Herr Amtmann ist zwar ein
guter Mann, aber endlich wird ihm die Sache doch zu arg
und in einer übelgelaunten Stunde vergißt er sich einmal so
weit, daß er dem Jörg Andrä eine Ohrfeige dedicirt. Dieser
läßt sich dadurch nicht aus seiner gewohnten Fassung bringen
und meint nur gegen den Richter: „Herr Amtmann, aus
die Art braucht mcr keine Schreiber!"
Der Amtmann muß lachen und acht Tage darauf war
dcr Prozeß zu Gunsten des Jörg Andrä entschieden, der
! froh war, so billig bei dcr Sache wcgzukommen.
Plaudereien.
(Der Zufall.) Eine mißgünstige, sehr bissige Regier-
ungsräthin kam in Gesellschaft einem jungen Manne gegenüber
zu sitzen, welcher vom Obcrlicutcnant schnell zu einer wichtigen
Hosstelle avancirt war. „Wodurch gelang cs Ihnen denn,"
fragte die ältliche dürre Regicrungsräthin so laut, daß Alle
cs hören mußten, „in so jungen Jahren eine so bedeutende
Ltelle zu erlangen?" — „Durch Zufall," antwortete dcr
Launige. „Durch Zufall blos!" ries die Regicrungsräthin,
als hätte sic einen Sieg errungen. — Dcr Avancirte: „Ja,
blos durch Zufall." — Regicrungsräthin: „Nun,
Plaudereien.
wenn man fragen darf, was war denn das für ein so sehr
glücklicher Zufall?" — Der Avancirte: „Unser durchlauch-
tigster Herr hatte oft bemerkt, daß mehrere Herren vom Hose
und hauptsächlich mein seliger Vorgänger sich entsetzlich über
die bösen Zungen ältlicher Damen ärgerten. Dcr durchlauch-
tigste Herr wollte nun die Stelle des Acrgerlichen von einem
besetzt wissen, dcr sich aus den bösen Zungen gar nichts mache,
und da schlug zufällig mein verehrter Oberst mich vor."
(Aus Psiffig'S Leben.) Eines Morgens kommt
Pfiffig in die Wohnung des Studenten Stadclmann, dcr
noch im Nebenzimmer zu Bette liegt, während einer seiner
Mitstudioscn im vorderen Zimmer sich auf das Sopha hingc-
streckt hat. Da es noch nicht vollkommen Tag ist, hält Pfiffig
diesen für Stadelmann und wünscht: „Vergnügten guten
Morgen, Herr Stadclmann!" — „Guten Morgen, Fridolin
Pfiffig." Da dieser Stadelmanns Stiefel im vorderen Zimmer
nicht finden kann, so tritt er in's Schlafgemach, um auch
dort zu suchen. Da erblickt er den wirklichen Stadclmann im
Bette liegend und wünscht mit derselben vergnügten Innigkeit,
wie vorhin: „Ei, guten Morgen, Herr Stadclmann ! da liegen
Sie ja noch cmal!"
Speculativc Köpfe.
Sic spcculircn und sinnen,
Sie trachten und schmachten nach Gold,
Den cincn verlacht Fortuna,
Dem andern lächelt sie hold.
Sehnsüchtig grübelt der Schneider,
Wie man am Firmament
Von goldbesäumten Wolken
Die goldenen Säume trennt.
Der Jude vernahm mit Staunen
Das Lied vom silbernen Quell
Und sucht begierig im Bache
Nach Klumpen von Silber schnell.
Ein Andrer aber schöpft sich
Vom wogenden Meer den Schaum,
Von Mecrschaumpfeifcnköpfen
Träumt er de» kühnsten Traum.
Dcr Klügste aber verhandelt
Mit üblichem Marktgcschrei
Schamröthccrzcugungsmittel
Und Nniversalarznei.
So spcculircn sic Alle
Und trachten und schmachten nach Geld,
Dcr Eine betrügt sich selber,
Der Andere die ganze Welt.
(Gastfreundschaft in Breslau.) Alter Bürger
(zu einem ihm empfohlenen Fremden): „Ich freue mich sehr,
Sie bei mir zu sehen; ich würde Ihnen zwar etwas vorsetzcn,
doch ist cs jetzt nicht Zeit, Thce oder Kaffee zu trinken; das
Bier hier ist schlecht; aber ich weiß, daß sic gerne eine gute
Cigarre rauchen und sie auch s^ts bei sich führen; rauchen
wir also eine; wenn sie mir schmeckt, werde ich mir noch eine !
ausbittcn."
Dcr Jörg Andrä hat cincn Prozeß anhängig bei Amte,
der seinen gewöhnlichen Gang geht, was aber dem Jörg
Andrä dock ein wenig zu langsam und schneckenartig däucht.
Um dcr Schnecke nun Füße zu machen, kommt er, öfter als
dem Herrn Amtmann lieb ist, auf die Amtsstube, um zu
mahnen und zu drängen. Dcr Herr Amtmann ist zwar ein
guter Mann, aber endlich wird ihm die Sache doch zu arg
und in einer übelgelaunten Stunde vergißt er sich einmal so
weit, daß er dem Jörg Andrä eine Ohrfeige dedicirt. Dieser
läßt sich dadurch nicht aus seiner gewohnten Fassung bringen
und meint nur gegen den Richter: „Herr Amtmann, aus
die Art braucht mcr keine Schreiber!"
Der Amtmann muß lachen und acht Tage darauf war
dcr Prozeß zu Gunsten des Jörg Andrä entschieden, der
! froh war, so billig bei dcr Sache wcgzukommen.
Plaudereien.
(Der Zufall.) Eine mißgünstige, sehr bissige Regier-
ungsräthin kam in Gesellschaft einem jungen Manne gegenüber
zu sitzen, welcher vom Obcrlicutcnant schnell zu einer wichtigen
Hosstelle avancirt war. „Wodurch gelang cs Ihnen denn,"
fragte die ältliche dürre Regicrungsräthin so laut, daß Alle
cs hören mußten, „in so jungen Jahren eine so bedeutende
Ltelle zu erlangen?" — „Durch Zufall," antwortete dcr
Launige. „Durch Zufall blos!" ries die Regicrungsräthin,
als hätte sic einen Sieg errungen. — Dcr Avancirte: „Ja,
blos durch Zufall." — Regicrungsräthin: „Nun,
Plaudereien.
wenn man fragen darf, was war denn das für ein so sehr
glücklicher Zufall?" — Der Avancirte: „Unser durchlauch-
tigster Herr hatte oft bemerkt, daß mehrere Herren vom Hose
und hauptsächlich mein seliger Vorgänger sich entsetzlich über
die bösen Zungen ältlicher Damen ärgerten. Dcr durchlauch-
tigste Herr wollte nun die Stelle des Acrgerlichen von einem
besetzt wissen, dcr sich aus den bösen Zungen gar nichts mache,
und da schlug zufällig mein verehrter Oberst mich vor."
(Aus Psiffig'S Leben.) Eines Morgens kommt
Pfiffig in die Wohnung des Studenten Stadclmann, dcr
noch im Nebenzimmer zu Bette liegt, während einer seiner
Mitstudioscn im vorderen Zimmer sich auf das Sopha hingc-
streckt hat. Da es noch nicht vollkommen Tag ist, hält Pfiffig
diesen für Stadelmann und wünscht: „Vergnügten guten
Morgen, Herr Stadclmann!" — „Guten Morgen, Fridolin
Pfiffig." Da dieser Stadelmanns Stiefel im vorderen Zimmer
nicht finden kann, so tritt er in's Schlafgemach, um auch
dort zu suchen. Da erblickt er den wirklichen Stadclmann im
Bette liegend und wünscht mit derselben vergnügten Innigkeit,
wie vorhin: „Ei, guten Morgen, Herr Stadclmann ! da liegen
Sie ja noch cmal!"
Speculativc Köpfe.
Sic spcculircn und sinnen,
Sie trachten und schmachten nach Gold,
Den cincn verlacht Fortuna,
Dem andern lächelt sie hold.
Sehnsüchtig grübelt der Schneider,
Wie man am Firmament
Von goldbesäumten Wolken
Die goldenen Säume trennt.
Der Jude vernahm mit Staunen
Das Lied vom silbernen Quell
Und sucht begierig im Bache
Nach Klumpen von Silber schnell.
Ein Andrer aber schöpft sich
Vom wogenden Meer den Schaum,
Von Mecrschaumpfeifcnköpfen
Träumt er de» kühnsten Traum.
Dcr Klügste aber verhandelt
Mit üblichem Marktgcschrei
Schamröthccrzcugungsmittel
Und Nniversalarznei.
So spcculircn sic Alle
Und trachten und schmachten nach Geld,
Dcr Eine betrügt sich selber,
Der Andere die ganze Welt.
(Gastfreundschaft in Breslau.) Alter Bürger
(zu einem ihm empfohlenen Fremden): „Ich freue mich sehr,
Sie bei mir zu sehen; ich würde Ihnen zwar etwas vorsetzcn,
doch ist cs jetzt nicht Zeit, Thce oder Kaffee zu trinken; das
Bier hier ist schlecht; aber ich weiß, daß sic gerne eine gute
Cigarre rauchen und sie auch s^ts bei sich führen; rauchen
wir also eine; wenn sie mir schmeckt, werde ich mir noch eine !
ausbittcn."
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Aus der Amtsstube"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Thema/Bildinhalt (normiert)
Ohrfeige <Motiv>
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 32.1860, Nr. 781, S. 198
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg