Bädeker
„Bei Leibe nicht!" lachte der Assessor, „wir wollen
nach Teplitz eilen, wo die beiden hübschen Mädchen weilen,
Settchen und Käthchen, Käthchen und Settchen!"
Dies Mal unterbrach ihn der Staatsanwalt nicht, im
Gegentheil, es leuchtete ein Strahl der allerseligsten Hoffnung
bei diesen Worten seines Freundes aus seinen Augen. „Aber
wie wäre das möglich cinzurichten, Du weißt ja . . . ."
„Ich sage, wir müssen, Müller, und das sagt genug!"
sprach der Assessor feierlich, sich an den Hoffnungen seines
Freundes ergötzend.
„Aber, wie ist das möglich ohne Geld?" fragte Müller
ängstlich.
„Wir müssen welches hcrbeischaffcn!"
„Aber wie? das ist die Frage!"
„Ja! das ist die Frage! Weißt Du kein Mittel?"
„Ich? ich weiß kein's!" stammelte verlegen der Staats-
anwalt.
„Desto besser!" erwiderte sein lustiger Freund, „so laß
mich sorgen. Höre Müller!" fuhr er nach einer Weile fort,
„machst Du Dir viel aus Deinem Staatsanwaltstitel?"
„Nicht einen Deut!" antwortete der Gefragte, „ich
hieße fast ebenso gern Präsident des Kammergerichts."
„Sieh! Du bist bescheiden! das lob' ich. Nun also,
wenn Du es eine kurze Zeit ertragen kannst, so nenne Dich
im Gasthofe einfach Herr Müller."
„Gut, ich will's! Aber wozu das?"
„Mein Gott, Du hättest das Pulver nicht erfunden!
Weißt Du nicht, daß ein Titulircn im Gasthofe mit doppelter
Kreide honorirt wird?"
junior. 43
„Gut denn! ich heiße Müller. Und Du nennst Dich
dann wohl Schulze, Müller und Schulze! Ha! ha! ha!"
„Nein, ich nehme keinen falschen Namen an; das könnte
mich mit der Staatsanwaltschaft, die in Alles ihre Nase
steckt, in allzu nahe Berührung bringen. Nein! ich er-
niedrige mich in anderer Weise; ich ziehe den Assessor aus
und nenne mich einfach Herr Otto!"
„Aber wozu diese Mummerei?"
„Sollst Du Alles erfahren, wenn wir wieder in Teplitz
sind und dem Settchen und dem Käthchen unsere Abenteuer
erzählen. Wenn wir in Dresden ankommen, fährst Du allein
voraus in den Gasthof, machst die Bekanntschaft des Wirths,
und fragst ihn, ob kein Geldbricf für Dich eingelaufen."
„Wozu danach fragen, da ich weiß, daß keiner ankom-
men kann?"
„Schadet nichts! cs muß einer ankommen. Und fragst
auch, ob Dein Reisegefährte schon angekommen."
„Gut! ich will's besorgen, wenn ich's nicht vergesse."
„Vergißt Du's, so kommst Du nicht mit nach Teplitz."
„Gut! gut!" erwiderte Müller und zerrte an seinem
Schnurrbart. „Was nun weiter?"
„Weiter nichts! Nun laß uns aufbrechen."
Nach einem tüchtigen Marsche erreichten sie die nächste
Station der böhmischen Bahn und fuhren nach Dresden.
Müller fuhr dann der Verabredung gemäß allein voraus in
den Gasthof zum deutschen Kaiser.
Der Wirth desselben hatte die ihm von Teplitz aus er-
thcilte Nachricht wohl bekommen; sie hatte ihn in nicht geringe
Aufregung versetzt. Schon lange war es ihm eine Quelle
6*
„Bei Leibe nicht!" lachte der Assessor, „wir wollen
nach Teplitz eilen, wo die beiden hübschen Mädchen weilen,
Settchen und Käthchen, Käthchen und Settchen!"
Dies Mal unterbrach ihn der Staatsanwalt nicht, im
Gegentheil, es leuchtete ein Strahl der allerseligsten Hoffnung
bei diesen Worten seines Freundes aus seinen Augen. „Aber
wie wäre das möglich cinzurichten, Du weißt ja . . . ."
„Ich sage, wir müssen, Müller, und das sagt genug!"
sprach der Assessor feierlich, sich an den Hoffnungen seines
Freundes ergötzend.
„Aber, wie ist das möglich ohne Geld?" fragte Müller
ängstlich.
„Wir müssen welches hcrbeischaffcn!"
„Aber wie? das ist die Frage!"
„Ja! das ist die Frage! Weißt Du kein Mittel?"
„Ich? ich weiß kein's!" stammelte verlegen der Staats-
anwalt.
„Desto besser!" erwiderte sein lustiger Freund, „so laß
mich sorgen. Höre Müller!" fuhr er nach einer Weile fort,
„machst Du Dir viel aus Deinem Staatsanwaltstitel?"
„Nicht einen Deut!" antwortete der Gefragte, „ich
hieße fast ebenso gern Präsident des Kammergerichts."
„Sieh! Du bist bescheiden! das lob' ich. Nun also,
wenn Du es eine kurze Zeit ertragen kannst, so nenne Dich
im Gasthofe einfach Herr Müller."
„Gut, ich will's! Aber wozu das?"
„Mein Gott, Du hättest das Pulver nicht erfunden!
Weißt Du nicht, daß ein Titulircn im Gasthofe mit doppelter
Kreide honorirt wird?"
junior. 43
„Gut denn! ich heiße Müller. Und Du nennst Dich
dann wohl Schulze, Müller und Schulze! Ha! ha! ha!"
„Nein, ich nehme keinen falschen Namen an; das könnte
mich mit der Staatsanwaltschaft, die in Alles ihre Nase
steckt, in allzu nahe Berührung bringen. Nein! ich er-
niedrige mich in anderer Weise; ich ziehe den Assessor aus
und nenne mich einfach Herr Otto!"
„Aber wozu diese Mummerei?"
„Sollst Du Alles erfahren, wenn wir wieder in Teplitz
sind und dem Settchen und dem Käthchen unsere Abenteuer
erzählen. Wenn wir in Dresden ankommen, fährst Du allein
voraus in den Gasthof, machst die Bekanntschaft des Wirths,
und fragst ihn, ob kein Geldbricf für Dich eingelaufen."
„Wozu danach fragen, da ich weiß, daß keiner ankom-
men kann?"
„Schadet nichts! cs muß einer ankommen. Und fragst
auch, ob Dein Reisegefährte schon angekommen."
„Gut! ich will's besorgen, wenn ich's nicht vergesse."
„Vergißt Du's, so kommst Du nicht mit nach Teplitz."
„Gut! gut!" erwiderte Müller und zerrte an seinem
Schnurrbart. „Was nun weiter?"
„Weiter nichts! Nun laß uns aufbrechen."
Nach einem tüchtigen Marsche erreichten sie die nächste
Station der böhmischen Bahn und fuhren nach Dresden.
Müller fuhr dann der Verabredung gemäß allein voraus in
den Gasthof zum deutschen Kaiser.
Der Wirth desselben hatte die ihm von Teplitz aus er-
thcilte Nachricht wohl bekommen; sie hatte ihn in nicht geringe
Aufregung versetzt. Schon lange war es ihm eine Quelle
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Bädeker junior"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 43.1865, Nr. 1048, S. 43
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg