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Der Burggcist auf G eierfelö

Knechte!" — brüllte er, „greift sie an — in s tief|te Ver-
ließ mit ihr, bis sie zahm wird!"

Gräßlich schrie die bewußtlose Jungfrau bei diesen
Schreckensworten auf, aber gerade dieses Zeichen der Un-
zufricdenheit spornte die rohen Knappen zu noch satanischerer
Freude. —

Immer tiefer stiegen sie mit dem armen Opfer einer frevel-
haften Leidenschaft hinunter, wo niemals Sonne noch Mond hin-
schien; ja selbst das falbe Licht einer Fackel (vicko Bild Nr. 6),
welche sich von dem schurkischen Hund vorantragen lassen mußte,
sträubte sich die Finsterniß wegen ihrer Zähigkeit zu durch-
dringcn. Schon hatte der Schreckensteiner den klirrenden
Schlüsselbund dem dicken grinsenden Vogt entrissen; schon
hatte er den passenden Schlüssel in die eiserne Thür des
scheußlichen Gewölbes gesteckt und umgedreht; schon stand
diese lebendige Todtengruft offen und spie all' den langver-
haltenen Moderduft, all' die fürchterlichen, zurückgehaltenen
letzten Seufzer, welche die früheren unglücklichen Bewohner
dieses Hungerthurms ausgeröchelt hatten, der halbwahnsinnigen,
cngelgleichcn Adelgunde entgegen; schon war der schauderhafte
Wütherich im Begriff, sie durch einen grausamen Stoß in
diesen Kröten und Schlangen überwucherten Moderkeller zu
stürzen: als plötzlich ein plötzlicher furchtbar-gräßlicher Donncr-
schlag die Burg bis in's innerste Mark erschütterte. Ein
jäher Windstoß verlöschte die aus der zitternden Hand des
bleichgewordenen Bösewichts gesunkene Leuchte — es herrschte
eine bange Grabesnacht und man sah nun, wie aus dem entsetz-
lichen Hintergründe des Kerkers eine fürchterliche Gestalt hervor-
schritt, bestehend aus einem Greise mit bleichem Angesicht, dessen
silberweiße Locken in Blut getaucht schienen (vids Bild Nr. 7);
die übrigen Theile, außer der Brust, umgab ein härenes
Gewand, welches über und über mit Blut befleckt war; in
seiner Brust, nahe am Herzen, stak ein vergifteter Dolch bis

oder Freundschaft und Liebe.

zum Heft und aus der Tiefe der Brust schien ebenfalls Blut
hervorzuquellen. — Mit markdurchkältender, hohler Grabes-
stimme begann die Erscheinung zu der wieder in Ohnmacht
gefallenen Adelgunde: „Erhole Dich, meine Enkelin, denn
dieses bist Du: ich werde Dich schützen! Zwar vermag ich
nicht viel tröstliches für Deine Zukunft voraussehcn, doch
wird endlich alles sich noch zum Besten lenken; aber erst nach-
dem Dein schnöder Vater ausgeschicden ist aus dem Reiche
der Lebenden, wird Deiner Liebe Glück erblühen!"

Die durch diese Worte wieder neugcstärkte Jungfrau
wankte ohne Zögern bei den vor Schrecken sich zu Boden
angehäuften Knechten vorüber und ihrem Klosett zu, wo sie
ihrer sie längst vermißten Zofe Mechthildis ohnmächtig in
die Arme sank!

Der Geist aber rief mit Donnerstimme der Rotte der
Bösewichtcr die gräßlichen Worte zu: „Weg von hier, Un-
geheuer! Euer Athem verpestet mich!"

„Mit Freuden vernehm' ich dies," antwortete der sich
erholte heuchlerische Hund von Schreckcnstein, — „denn ich
verdiene Deine Verachtung" — wollte er eben noch hinzu-
fügen, da fühlte er unter entsetzlichem Hohngelächter einen
eiskalten Schlag auf sein Schurkenhaupt fallen, der ihn gänz-
lich niederstürzte. Wieder erscholl der gräßliche Donnerschlag
und die Erscheinung war verschwunden. Die Knappen er-
wachten nach und nach aus ihrer Betäubung und trugen den
scheußlichen Hund ebenso auf sein Lager.

II.

Zu derselben Zeit, Nachmittags um drei Viertel auf 3 Uhr,
saß der tapfere Kuno von Wolfseck mit seinem dicken Vetter
Ralf von Böblingen im Saufgadcn qeiner Burg und der
Letztere ließ sich ohne vieles Röthigen die Annahme manchen
Humpens gefallen.

„Und wenn ich dann Alle im Turniere besiegt," fuhr
Kuno gemüthlich fort (vide Bild Nr. 8), „dann trete ich
vor den von Geierfels und spreche: „gieb mir Deiner Tochter

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Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Der Burggeist auf Geierfels oder Freundschaft und Liebe"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Steub, Fritz
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Dunkelheit <Motiv>
Dolch
Hohes Alter
Schrecken
Schurke
Gefängnis
Bande
Weibliche Gefangene
Blut
Karikatur
Gespenst
Fackel
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 43.1865, Nr. 1053, S. 83

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Erschließung

Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
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