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Lieb eserklärung
Wolehrsame edelgcborne Dcmviscllc!
Wie Jhro durchdringender esprit schon lange remarguirct
haben wird, daß ich in bcschcidcntlich sittsamer Weise und
Manier Jhro aimablc Person ästimirc und liebe, so ist es
jetztund auch mein fester unverrückbarer und sicherer Vorsatz
und Proposition, dies Ihnen, schätzbarste Demoisellc, zu ge-
stehen. Wollen Dieselben denn mein von dem Feuer Dero
brillanten Augen und der Glut sittsamer Liebe torquiretes
Herze annehmcn, so bitte ich Euch, schätzbare Demoisclle mir
Dero fothane Resolution notificiren zu wollen. Sollten Die-
selben mich nicht verschmähen, so würde Dieselbe eine zehn-
. jährige gctrewe Jnclination so recompensiren, wie eö kein
! König und Kaiser kann, was maßen mich so rejouiren würde,
daß mein Herz ewige Devotion rcmpliren würde.
Sollte es aber Hochdenselbcn nicht convenable sein meine
Hand und sichere Versorgung, so ich als Stadtschreiber mit
200 Frs. Salair darbieten kann, zu acceptiren, sondern sie
zu rcfusiren, so bitte ich ob meiner Worte nicht fachirt zu
sein. Doch meditire ich, daß Hochdcro schätzbarster Herr Papa
und ollere mama kaum etwas wider mich zu opponircn haben,
und so hoffe ich auf ein contentirtes Schreiben, daö mich in
absonderliches Ravisement versetzen würde.
Ich restire voll Devotion
9£borf, den 12. junii 1767.
Dero
unterthänigster Diener
Sebastian Leberecht Stein,
Stadtschreibcr.
Der Zug geht ab. Eduard und Sidonie sitzen im Waggon
einander gegenüber. Sidonie: „Wie weit ist cs nach Xdorf."
— Eduard: „Volle zehn Minuten. (Leise): Fräulein, sic
haben einen wundervollen Fuß." — Sidonie (lächelnd:
„Finden Sie?" — Eduard (leise): „Ich schwöre! Ah, diese
Reize, oh, ich werde wahnsinnig, ich liebe Sie scheußlich." —
Sidonie: „Ei, das sagt Ihr Männer Alle, aber wie lange,
8 Tage?" — Eduard: „Oh, nein (feurig), wenigstens ein
halbes Jahr." — Sidonie: „Wenn ich glauben dürfte!" —
Eduard: „Sie können cs, ich schwöre es." — Sidonie:
„Run, dann will ich Ihnen gestehen, daß Sie mir auch nicht
mißfallen." — Eduard: „Ich Glücklicher!" (Die Mit-
fahrenden sehen alle zum anderen Fenster hinaus, um ein altes
Schloß zu bewundern, Eduard küßt Sidonicu.)—Sidonie:
„So stürmisch?" (Küßt ihn wieder.) — Eduard: „Leider
muß ich weiter fahren, aber morgen sehen wir uns doch?" —
Sidonie: „Wenn Sie nicht vergessen, ja! Sprechen Sic
mit meinem Vater." — Eduard: „Gut, erstmöchte ich aber
noch mit Ihnen allein sprechen." — Sidonie: „Bon, wo
wohnen Sic?" — Eduard: „Windstraße Nr. 10, 1. Stock."
— Sidonie: „Ich komme morgen zu Ihnen." —Eduard:
„Ich Glücklicher!" — Condukteur: „StationXdorf!" —
Eduard: „Adieu, ma Belle, adieu!" —Eduard (allein):
„Die Kleine ist so reizend, daß ich mich wahrscheinlich nicht
verleugnen lassen werde, wenn sic morgen kommt." — Si-
donie (allein): „Er ist nicht übel, was thut'S, ich gehe
zu ihm, gefällt er mir nicht, so brauche ich ihn ja nicht zu
heirathcn."
Lieb eserklärung
Wolehrsame edelgcborne Dcmviscllc!
Wie Jhro durchdringender esprit schon lange remarguirct
haben wird, daß ich in bcschcidcntlich sittsamer Weise und
Manier Jhro aimablc Person ästimirc und liebe, so ist es
jetztund auch mein fester unverrückbarer und sicherer Vorsatz
und Proposition, dies Ihnen, schätzbarste Demoisellc, zu ge-
stehen. Wollen Dieselben denn mein von dem Feuer Dero
brillanten Augen und der Glut sittsamer Liebe torquiretes
Herze annehmcn, so bitte ich Euch, schätzbare Demoisclle mir
Dero fothane Resolution notificiren zu wollen. Sollten Die-
selben mich nicht verschmähen, so würde Dieselbe eine zehn-
. jährige gctrewe Jnclination so recompensiren, wie eö kein
! König und Kaiser kann, was maßen mich so rejouiren würde,
daß mein Herz ewige Devotion rcmpliren würde.
Sollte es aber Hochdenselbcn nicht convenable sein meine
Hand und sichere Versorgung, so ich als Stadtschreiber mit
200 Frs. Salair darbieten kann, zu acceptiren, sondern sie
zu rcfusiren, so bitte ich ob meiner Worte nicht fachirt zu
sein. Doch meditire ich, daß Hochdcro schätzbarster Herr Papa
und ollere mama kaum etwas wider mich zu opponircn haben,
und so hoffe ich auf ein contentirtes Schreiben, daö mich in
absonderliches Ravisement versetzen würde.
Ich restire voll Devotion
9£borf, den 12. junii 1767.
Dero
unterthänigster Diener
Sebastian Leberecht Stein,
Stadtschreibcr.
Der Zug geht ab. Eduard und Sidonie sitzen im Waggon
einander gegenüber. Sidonie: „Wie weit ist cs nach Xdorf."
— Eduard: „Volle zehn Minuten. (Leise): Fräulein, sic
haben einen wundervollen Fuß." — Sidonie (lächelnd:
„Finden Sie?" — Eduard (leise): „Ich schwöre! Ah, diese
Reize, oh, ich werde wahnsinnig, ich liebe Sie scheußlich." —
Sidonie: „Ei, das sagt Ihr Männer Alle, aber wie lange,
8 Tage?" — Eduard: „Oh, nein (feurig), wenigstens ein
halbes Jahr." — Sidonie: „Wenn ich glauben dürfte!" —
Eduard: „Sie können cs, ich schwöre es." — Sidonie:
„Run, dann will ich Ihnen gestehen, daß Sie mir auch nicht
mißfallen." — Eduard: „Ich Glücklicher!" (Die Mit-
fahrenden sehen alle zum anderen Fenster hinaus, um ein altes
Schloß zu bewundern, Eduard küßt Sidonicu.)—Sidonie:
„So stürmisch?" (Küßt ihn wieder.) — Eduard: „Leider
muß ich weiter fahren, aber morgen sehen wir uns doch?" —
Sidonie: „Wenn Sie nicht vergessen, ja! Sprechen Sic
mit meinem Vater." — Eduard: „Gut, erstmöchte ich aber
noch mit Ihnen allein sprechen." — Sidonie: „Bon, wo
wohnen Sic?" — Eduard: „Windstraße Nr. 10, 1. Stock."
— Sidonie: „Ich komme morgen zu Ihnen." —Eduard:
„Ich Glücklicher!" — Condukteur: „StationXdorf!" —
Eduard: „Adieu, ma Belle, adieu!" —Eduard (allein):
„Die Kleine ist so reizend, daß ich mich wahrscheinlich nicht
verleugnen lassen werde, wenn sic morgen kommt." — Si-
donie (allein): „Er ist nicht übel, was thut'S, ich gehe
zu ihm, gefällt er mir nicht, so brauche ich ihn ja nicht zu
heirathcn."
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Liebeserklärung"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 47.1867, Nr. 1163, S. 134
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg