Schwere Stunden einer leichten Person.
schrie: „Da, Dn elendes Mädel! das trägst Du Alles zurück!
Von der Person sollen meine Kinder kein — Christgeschenk
annehme»! . . ."
Mili und die Kinder standen starr und blaß da.
„Nun, wirst Du gehen?" fuhr das Weib ihre Stief-
tochter an. „Und gehst Du nicht mit dem Gelump hinauf,
desto besser, dann geh' ich, und sag' ihr, wie ich über sie denke!"
Mili war ans's Tiefste erschüttert. Sie gedachte des Ein-
druckes, den cs auf Therese Krones machen müsse, wenn ihre
Gaben in solcher Weise zurückgcwiescn würden. Sic wußte
nämlich nicht, daß Therese vom Thürfenster aus Zeugin dieser
Scene war.
Mili warf sich ihrer Mutter zu Füßen. „Wenn Sie
niemals eine meiner Bitten erfüllten, so schenken Sie um Christi
Willen dieser meiner Bitte Gehör! Lassen Sic den Kindern das
Spielzeug! Schicken Sic cs der Gcbcrin nicht zurück! . . .
Es würde ihr das Herz zerreißen!"
Das Weib brach in ein höhnisches Gelächter aus.
„Schlagen Sic mich! Ich habe die Krones gebeten um
all' das! Schlagen Sic mich! Ich will cs geduldig ertragen!"
fuhr Mili fort.
„O, ich weiß schon", sagte das Weib mit boshafter
Kälte, „Schläge greifen bei Dir nicht an!"
„Und vergessen Sie nicht," setzte Mili, sich erhebend,
ihre Rede fort, „vergessen Sie nicht; wenn die Krones ge-
sündigt hat, Gott, der milde Richter, wird auch ihr vergeben,
wie er allen Sündern vergiebt! Denken Sie, Mutter, in dieser
Stunde, am — Christabend daran!!"
Bei den letzten Worten zuckte das Weib zusammen, Blässe
überzog ihr Gesicht, aber nicht ein Wort kam über ihre Lippen.
Mili packte wieder die Spielsachen aus. Die Mutter
that nicht die geringste Einsprache. Mili setzte sich nun voll-
kommen glücklich mit den Kindern auf den Fußboden und
spielte mit ihnen, als wäre sie selbst noch so ein kleines Kind
wie sic. Therese Krones aber entfernte sich leise von der Thürc
und schlich in ihre Wohnung zurück. Ihre Augen waren mit
Thränen gefüllt, aber ein nie geahnter Friede zog in ihr Herz
ein. Lächelnd, aber mit den schwermülhigen Versen ans den
-lppcn: „Scheint die Sonne noch so schön,
Einmal muß sic untcrgeh'n!"
schlief sie in jener Nacht ein. — Kurze Zeit darauf verließ
.Therese Krones die Leopoldstädtcr Bühne für immer, ein Jahr
später, 1830, fand ihre irrende Seele die ewige Ruhe!
* *
*
Das alte sonderbare Mütterchen aber, dem ich dieses
Märchen zu verdanken habe, — und von dem ich nicht recht j
weiß, ob cs nicht gar selber darin mitgcspiclt habe, — setzte !
am Schlüße hinzu: „Wenn zu Weihnacht ein hellgraues Mäuschen
im Hause geschäftig ist, dann gicbt es viel Hcrzleid, aber der
Frieden des Herzens ist auch nicht mehr weit davon!!"
Illustrationen zu deutschen Klassikern. 91
„Hier nährten früh und spät den Brand
Die Knechte mit geschäft'ger Hand."
(Schiller, Gang nach dem Eisenhammer.)
An dir Wcltklugen.
Lebt wie viele fromme Herzen,
Die nicht ihre Zeit vergeuden.
Haltet euch hübsch fern von Schmerzen
Und von allzu großen Freuden.
Und ihr werdet glücklich leben.
In Gemächlichkeit hienieden,
Dämpft, bekämpf! nur euer Streben,
Seid mit Allem nur zufrieden.
Gebt dem Nachbar alle Ehre
Und laßt sic von ihm euch zollen.
Und daß ich euch ganz belehre,
Fall' euch ja nicht ein zu grollen,
Fall' euch ja nicht ein zu grübeln
lieber ungelöste Fragen,
Denn von allen bösen Ucbeln
Zweifel just am ärgsten Plage».
Auch erhitzt nicht die Gcmüther
Gar mit idealem Tande,
Denn die Krone aller Güter
Bleibt dem nüchternen Verstände.
O ein nüchternes Besinnen
Wird euch nie zu Zweifel führen.
Um die Ruhe zu gewinnen.
Müßt ihr jeden Traum verliere».
Haltet Maß, verdammt die Sünder,
Seid ihr schwach, so scid's verstohlen
Und zuletzt, ihr liebe» Kinder,
12*
schrie: „Da, Dn elendes Mädel! das trägst Du Alles zurück!
Von der Person sollen meine Kinder kein — Christgeschenk
annehme»! . . ."
Mili und die Kinder standen starr und blaß da.
„Nun, wirst Du gehen?" fuhr das Weib ihre Stief-
tochter an. „Und gehst Du nicht mit dem Gelump hinauf,
desto besser, dann geh' ich, und sag' ihr, wie ich über sie denke!"
Mili war ans's Tiefste erschüttert. Sie gedachte des Ein-
druckes, den cs auf Therese Krones machen müsse, wenn ihre
Gaben in solcher Weise zurückgcwiescn würden. Sic wußte
nämlich nicht, daß Therese vom Thürfenster aus Zeugin dieser
Scene war.
Mili warf sich ihrer Mutter zu Füßen. „Wenn Sie
niemals eine meiner Bitten erfüllten, so schenken Sie um Christi
Willen dieser meiner Bitte Gehör! Lassen Sic den Kindern das
Spielzeug! Schicken Sic cs der Gcbcrin nicht zurück! . . .
Es würde ihr das Herz zerreißen!"
Das Weib brach in ein höhnisches Gelächter aus.
„Schlagen Sic mich! Ich habe die Krones gebeten um
all' das! Schlagen Sic mich! Ich will cs geduldig ertragen!"
fuhr Mili fort.
„O, ich weiß schon", sagte das Weib mit boshafter
Kälte, „Schläge greifen bei Dir nicht an!"
„Und vergessen Sie nicht," setzte Mili, sich erhebend,
ihre Rede fort, „vergessen Sie nicht; wenn die Krones ge-
sündigt hat, Gott, der milde Richter, wird auch ihr vergeben,
wie er allen Sündern vergiebt! Denken Sie, Mutter, in dieser
Stunde, am — Christabend daran!!"
Bei den letzten Worten zuckte das Weib zusammen, Blässe
überzog ihr Gesicht, aber nicht ein Wort kam über ihre Lippen.
Mili packte wieder die Spielsachen aus. Die Mutter
that nicht die geringste Einsprache. Mili setzte sich nun voll-
kommen glücklich mit den Kindern auf den Fußboden und
spielte mit ihnen, als wäre sie selbst noch so ein kleines Kind
wie sic. Therese Krones aber entfernte sich leise von der Thürc
und schlich in ihre Wohnung zurück. Ihre Augen waren mit
Thränen gefüllt, aber ein nie geahnter Friede zog in ihr Herz
ein. Lächelnd, aber mit den schwermülhigen Versen ans den
-lppcn: „Scheint die Sonne noch so schön,
Einmal muß sic untcrgeh'n!"
schlief sie in jener Nacht ein. — Kurze Zeit darauf verließ
.Therese Krones die Leopoldstädtcr Bühne für immer, ein Jahr
später, 1830, fand ihre irrende Seele die ewige Ruhe!
* *
*
Das alte sonderbare Mütterchen aber, dem ich dieses
Märchen zu verdanken habe, — und von dem ich nicht recht j
weiß, ob cs nicht gar selber darin mitgcspiclt habe, — setzte !
am Schlüße hinzu: „Wenn zu Weihnacht ein hellgraues Mäuschen
im Hause geschäftig ist, dann gicbt es viel Hcrzleid, aber der
Frieden des Herzens ist auch nicht mehr weit davon!!"
Illustrationen zu deutschen Klassikern. 91
„Hier nährten früh und spät den Brand
Die Knechte mit geschäft'ger Hand."
(Schiller, Gang nach dem Eisenhammer.)
An dir Wcltklugen.
Lebt wie viele fromme Herzen,
Die nicht ihre Zeit vergeuden.
Haltet euch hübsch fern von Schmerzen
Und von allzu großen Freuden.
Und ihr werdet glücklich leben.
In Gemächlichkeit hienieden,
Dämpft, bekämpf! nur euer Streben,
Seid mit Allem nur zufrieden.
Gebt dem Nachbar alle Ehre
Und laßt sic von ihm euch zollen.
Und daß ich euch ganz belehre,
Fall' euch ja nicht ein zu grollen,
Fall' euch ja nicht ein zu grübeln
lieber ungelöste Fragen,
Denn von allen bösen Ucbeln
Zweifel just am ärgsten Plage».
Auch erhitzt nicht die Gcmüther
Gar mit idealem Tande,
Denn die Krone aller Güter
Bleibt dem nüchternen Verstände.
O ein nüchternes Besinnen
Wird euch nie zu Zweifel führen.
Um die Ruhe zu gewinnen.
Müßt ihr jeden Traum verliere».
Haltet Maß, verdammt die Sünder,
Seid ihr schwach, so scid's verstohlen
Und zuletzt, ihr liebe» Kinder,
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Illustrationen zu deutschen Klassikern"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Thema/Bildinhalt (normiert)
Wortillustration