156 Blaue Augen.
Gläschen trinke. Wenn nun diese Speisen, die Sie gekocht
haben, zum Herrn Professor hinaufkommen, so läßt er gewiß
Sittliche Entrüstung.
nichts übrig, sondern schickt vielleicht gar um mehr, und so ist
denn meine Hoffnung, während der Zeit, daß der Herr Professor
nicht in der Kanone speist, mein Kostgeld sparen und mir für
das ersparte Geld zum Winter einen Schafpelz kaufen zu
können, zu Wasser geworden. 0 tallaeem dominum spem — wie
wir Gelehrte zu sagen pflegen."
„Nein, lieber Herr Brenneke," sagte Anna mitleidig, „Sie
sollen nicht darunter leiden, daß der Herr Professor eine vielleicht
etwas passendere Kost erhält, und ich die große Freude habe,
dabei etwas behülflich sein zu können. Ganz gewiß nicht."
Sie holte ein Geldtäschchen hervor und drückte Brenneke
mit dem Bemerken etwas in die Hand, er solle täglich das
Gleiche erhalten, wenn es für ein gutes Mittagmahl hinreichend
wäre, und sich außerdem wegen des Schafpelzes zur rechten
Zeit nur getrost an sie wenden. Brenneke ließ das Geld,
das für drei Mahlzeiten ausreichte, iu seine Pelzmütze gleiten
und bedankte sich bei Anna, indem er beklagte, daß sie nicht
lateinisch.verstände, und daß es mithin unmöglich sei, ihr iu
elegant ciccronianisch seinen Dank auszusprcchen. „Ich hätte,"
so schloß er stolz, „mit guamguam oder etsi angefangen
und jedenfalls mit esse voluerunt ober esse videatur geendet,
was bekanntlich einen enormen Eindruck macht."
_ (Fortsetzung folgt.)
Anna (die Zeitung lesend): „Empörend — wirklich empörend!"
— Bertha: „Was hast Du denn?" — Anna: „Da sieh ein-
einmal her. Hat hier unser Commandaut gar den Befehl erlassen,
daß während der Anivescnheit des Herrn Generals die Offiziere
nur mit dem Helm ausgehen dürfen!"
Ungerechtfertigt.
A.: „Was ist Ihnen denn? Sie sehen so echauffirt aus?"
— B.: „Ja, denken Sie sich, eben hat mich der Meister einen
alten Es.el genannt!" — A.: „Das ist ja eine unerhörte
Unverschämtheit! Sie sind doch erst in den Dreißigern!"
Mutter: „Matchen, wcßhalb besuchst Du die französischen
Vorlesungen nicht mehr?" — Malchen: „Seit die alte
Französin den jungen Professor abgelöst hat, habe ich alle Lust
am Französischen verloren!"
Gläschen trinke. Wenn nun diese Speisen, die Sie gekocht
haben, zum Herrn Professor hinaufkommen, so läßt er gewiß
Sittliche Entrüstung.
nichts übrig, sondern schickt vielleicht gar um mehr, und so ist
denn meine Hoffnung, während der Zeit, daß der Herr Professor
nicht in der Kanone speist, mein Kostgeld sparen und mir für
das ersparte Geld zum Winter einen Schafpelz kaufen zu
können, zu Wasser geworden. 0 tallaeem dominum spem — wie
wir Gelehrte zu sagen pflegen."
„Nein, lieber Herr Brenneke," sagte Anna mitleidig, „Sie
sollen nicht darunter leiden, daß der Herr Professor eine vielleicht
etwas passendere Kost erhält, und ich die große Freude habe,
dabei etwas behülflich sein zu können. Ganz gewiß nicht."
Sie holte ein Geldtäschchen hervor und drückte Brenneke
mit dem Bemerken etwas in die Hand, er solle täglich das
Gleiche erhalten, wenn es für ein gutes Mittagmahl hinreichend
wäre, und sich außerdem wegen des Schafpelzes zur rechten
Zeit nur getrost an sie wenden. Brenneke ließ das Geld,
das für drei Mahlzeiten ausreichte, iu seine Pelzmütze gleiten
und bedankte sich bei Anna, indem er beklagte, daß sie nicht
lateinisch.verstände, und daß es mithin unmöglich sei, ihr iu
elegant ciccronianisch seinen Dank auszusprcchen. „Ich hätte,"
so schloß er stolz, „mit guamguam oder etsi angefangen
und jedenfalls mit esse voluerunt ober esse videatur geendet,
was bekanntlich einen enormen Eindruck macht."
_ (Fortsetzung folgt.)
Anna (die Zeitung lesend): „Empörend — wirklich empörend!"
— Bertha: „Was hast Du denn?" — Anna: „Da sieh ein-
einmal her. Hat hier unser Commandaut gar den Befehl erlassen,
daß während der Anivescnheit des Herrn Generals die Offiziere
nur mit dem Helm ausgehen dürfen!"
Ungerechtfertigt.
A.: „Was ist Ihnen denn? Sie sehen so echauffirt aus?"
— B.: „Ja, denken Sie sich, eben hat mich der Meister einen
alten Es.el genannt!" — A.: „Das ist ja eine unerhörte
Unverschämtheit! Sie sind doch erst in den Dreißigern!"
Mutter: „Matchen, wcßhalb besuchst Du die französischen
Vorlesungen nicht mehr?" — Malchen: „Seit die alte
Französin den jungen Professor abgelöst hat, habe ich alle Lust
am Französischen verloren!"
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Blaue Augen" "Sittliche Entrüstung" "Verlorene Lust"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 63.1875, Nr. 1582, S. 156
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg