Verschwundene Denkmäler des Kreuzgangs und der Stiftsgebäude
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fprünglich ganz oder nahezu ganz ausgemalt. Was das bedeutet, liegt auf der Hand:
die Jahre, die diefe große Aufgabe zu löfen hatten, waren entfcheidend in der Ge-
{chichte der deutschen Malerei.
Es war von Wiederherstellungen die Rede. Die, die Bourdon ausdrücklich nennt,
fallen ausnahmslos in die Späteren fünfziger und in die fechziger und ßebziger Jahre
des 16. Jahrhunderts. Derselben Zeit gehört die zweite Gruppe der Wandbilder an;
vielleicht ßnd auch diefe nur Erfaß älterer, zugrunde gegangener Werke an derselben
Stelle. Jedenfalls: zwischen 1555 und 1580 wurde der Schmuck der Wände im Kreuz-
gang energi[ch erneuert; die Überßcht über die Holztafelbilder, die wir weiter unten
geben, wird das noch weiter beßätigen. Ganz für ßch ßehen die beiden Wandgemälde
des Südflügels aus dem Späteren 15. Jahrhundert: ße könnten beßimmt gewesen fein,
zwei vom Anfang des Jahrhunderts noch gebliebene Lücken zu füllen.
Allmählich füllte ßch nun der Kreuzgang mit weiteren Kunßwerken. Im Fußboden
reihte ßch Grabßein an Grabßein, liegen doch hier etwa 54 Domherren und mehr
als 125 Vikare begraben, der Laien nicht zu gedenken. Nun hatte freilich von allen
diefen nur eine verhältnismäßig kleine Anzahl — wenigßens zu Bourdons Zeiten
noch — eigene Grabßeine. Aber deren Zahl war doch außerordentlich groß, und
gewiß war auch unter den nicht erhaltenen manches künßleri{ch wichtige Stück.i)
Eine ganze Klaffe diefer Grabßeine iß auch nicht mit einem einzigen Stück mehr
vertreten, das ßnd die Grabßeine mit Erzauflagen, nämlich mit Mefßng- oder Bronze-
buchßaben, mit Wappen oderlnfchrifttafel oder einer Platte mit dem Kelch aus Mefßng
oder Bronze. Solcher Grabßeine zählt Bourdon 35; freilich waren (chon in feinen
Tagen nicht wenige ihres Schmuckes beraubt.
Weiter zog ßch etwa in Mannshöhe ein Band von Epitaphien an den Wänden
entlang, teils unterhalb der Wandmalereien, teils ßcherlich ohne befondere Rückßcht
auf vorhandene verblaßte Bilder in deren Bereich hineingefeßt. Von diefen Kunß-
werken haben ßch wenigßens die aus Stein gearbeiteten offenbar größerenteils er-
halten. Außer den erhaltenen zählt Bourdon im Weßflügef noch zwei Epitaphe in
Altarform (Tabernakelform) auf aus Holz, aber mit Alabaßerreliefs in der Mitte. Sie
ßammten aus den Jahren nach 1551 und 1558. Erß recht ßnd natürlich die reinen
Holzepitaphe in Tabernakelform zugrunde gegangen: Bourdon nennt im Südflügel
deren noch vier. Auch ße ßammten aus der zweiten Hälfte des 16. und aus dem Be-
ginn des 17. Jahrhunderts.
Sehr groß war die Zahl der eigentlichen Holztafelbilder: es iß nicht ein einziges
erhalten geblieben. Sie bildeten offenbar zum Teil einen Erfaß für die fo wenig be-
ßändige Wandmalerei, denn von mehreren Tafeln wird gefagt, daß ße die Wandfläche
eines ganzen Schildbogens füllten. So eine Darßellung der Himmelfahrt Mariä im
zwanzigßen und ein Marientod im einundzwanzigßen Joch, beide vom Ende des
16. Jahrhunderts. Die übrigen Holztafelbilder waren offenbar allermeiß mittleren
und kleineren Formats. Unter ihnen befanden ßch weit in der Überzahl die eigent-
lichen Epitaphe, Darßeilungen etwa der Muttergottes mit dem Jefusknaben, des
i) Einer gewiffen Volkstümlichkeit erfreute ßch der Stein des „hochberühmten Fiedlers"
(soilempnis figellator) Konrad von Kreuznach, der 1368 im Kreuzgang beßattet wurde. Es
war einer der ganz wenigen Steine, die aus dem älteren Kreuzgang in den heutigen herüber-
gerettet wurden. Bourdon und Gudenus erwähnen ihn. 1806, als Lindenfchmit ihn zeichnete
(Stadtbibliothek 111, 224), war er ßhon faß ganz zerßört. Seither iß er vollends verßhollen.
Er ßand neben dem Stein des Henne Wiße. Vgl. Falk, Die Stiftung des Fiedlers Konrad von
Kreuznach am Dome zu Mainz. Katholik 3. Folge Xlll. 1896. S. 93ff., vgl. auch Mainzer fournal
1901 Nr. 279.
Grabßeine
Epitaphien
Holztafel-
bilder
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fprünglich ganz oder nahezu ganz ausgemalt. Was das bedeutet, liegt auf der Hand:
die Jahre, die diefe große Aufgabe zu löfen hatten, waren entfcheidend in der Ge-
{chichte der deutschen Malerei.
Es war von Wiederherstellungen die Rede. Die, die Bourdon ausdrücklich nennt,
fallen ausnahmslos in die Späteren fünfziger und in die fechziger und ßebziger Jahre
des 16. Jahrhunderts. Derselben Zeit gehört die zweite Gruppe der Wandbilder an;
vielleicht ßnd auch diefe nur Erfaß älterer, zugrunde gegangener Werke an derselben
Stelle. Jedenfalls: zwischen 1555 und 1580 wurde der Schmuck der Wände im Kreuz-
gang energi[ch erneuert; die Überßcht über die Holztafelbilder, die wir weiter unten
geben, wird das noch weiter beßätigen. Ganz für ßch ßehen die beiden Wandgemälde
des Südflügels aus dem Späteren 15. Jahrhundert: ße könnten beßimmt gewesen fein,
zwei vom Anfang des Jahrhunderts noch gebliebene Lücken zu füllen.
Allmählich füllte ßch nun der Kreuzgang mit weiteren Kunßwerken. Im Fußboden
reihte ßch Grabßein an Grabßein, liegen doch hier etwa 54 Domherren und mehr
als 125 Vikare begraben, der Laien nicht zu gedenken. Nun hatte freilich von allen
diefen nur eine verhältnismäßig kleine Anzahl — wenigßens zu Bourdons Zeiten
noch — eigene Grabßeine. Aber deren Zahl war doch außerordentlich groß, und
gewiß war auch unter den nicht erhaltenen manches künßleri{ch wichtige Stück.i)
Eine ganze Klaffe diefer Grabßeine iß auch nicht mit einem einzigen Stück mehr
vertreten, das ßnd die Grabßeine mit Erzauflagen, nämlich mit Mefßng- oder Bronze-
buchßaben, mit Wappen oderlnfchrifttafel oder einer Platte mit dem Kelch aus Mefßng
oder Bronze. Solcher Grabßeine zählt Bourdon 35; freilich waren (chon in feinen
Tagen nicht wenige ihres Schmuckes beraubt.
Weiter zog ßch etwa in Mannshöhe ein Band von Epitaphien an den Wänden
entlang, teils unterhalb der Wandmalereien, teils ßcherlich ohne befondere Rückßcht
auf vorhandene verblaßte Bilder in deren Bereich hineingefeßt. Von diefen Kunß-
werken haben ßch wenigßens die aus Stein gearbeiteten offenbar größerenteils er-
halten. Außer den erhaltenen zählt Bourdon im Weßflügef noch zwei Epitaphe in
Altarform (Tabernakelform) auf aus Holz, aber mit Alabaßerreliefs in der Mitte. Sie
ßammten aus den Jahren nach 1551 und 1558. Erß recht ßnd natürlich die reinen
Holzepitaphe in Tabernakelform zugrunde gegangen: Bourdon nennt im Südflügel
deren noch vier. Auch ße ßammten aus der zweiten Hälfte des 16. und aus dem Be-
ginn des 17. Jahrhunderts.
Sehr groß war die Zahl der eigentlichen Holztafelbilder: es iß nicht ein einziges
erhalten geblieben. Sie bildeten offenbar zum Teil einen Erfaß für die fo wenig be-
ßändige Wandmalerei, denn von mehreren Tafeln wird gefagt, daß ße die Wandfläche
eines ganzen Schildbogens füllten. So eine Darßellung der Himmelfahrt Mariä im
zwanzigßen und ein Marientod im einundzwanzigßen Joch, beide vom Ende des
16. Jahrhunderts. Die übrigen Holztafelbilder waren offenbar allermeiß mittleren
und kleineren Formats. Unter ihnen befanden ßch weit in der Überzahl die eigent-
lichen Epitaphe, Darßeilungen etwa der Muttergottes mit dem Jefusknaben, des
i) Einer gewiffen Volkstümlichkeit erfreute ßch der Stein des „hochberühmten Fiedlers"
(soilempnis figellator) Konrad von Kreuznach, der 1368 im Kreuzgang beßattet wurde. Es
war einer der ganz wenigen Steine, die aus dem älteren Kreuzgang in den heutigen herüber-
gerettet wurden. Bourdon und Gudenus erwähnen ihn. 1806, als Lindenfchmit ihn zeichnete
(Stadtbibliothek 111, 224), war er ßhon faß ganz zerßört. Seither iß er vollends verßhollen.
Er ßand neben dem Stein des Henne Wiße. Vgl. Falk, Die Stiftung des Fiedlers Konrad von
Kreuznach am Dome zu Mainz. Katholik 3. Folge Xlll. 1896. S. 93ff., vgl. auch Mainzer fournal
1901 Nr. 279.
Grabßeine
Epitaphien
Holztafel-
bilder