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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 75.1925

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Fischer, J. L.: Die Kunst am Metall
DOI Artikel:
Fischer, J. L.: Römische Gefässformen
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https://doi.org/10.11588/diglit.7092#0055
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ROMISCHE GEFASSFORMEN.

Mühseliger Bedacht hat in Jahren ans Licht gebracht
und wieder geborgen, was eine Stunde glühenden
Aschenregens bedeckt und scheinbar für immer ver-
nichtet hat. Seit Jahrzehnten kommen Schaufel und
Spaten nicht zur Ruhe,
um die finstere Hülle
von jenen Häusern und
Straßen zu nehmen,
denen der unglückliche
Augusttag des Jahres 79
nach Christus durch des
Vesuvs unvorhergeseh-
enen Ausbruch mit einem
Schlag das Leben erstidct
hat. Es war nur eine
kleine Landstadt, dieses
Pompei, und die Nach-
barorte Herkulanum und
Stabiae noch geringer.
Und doch füllt der dürf-
tige Rest an Gegenständ
den aller Art, die syste-
matischer Ausgrabefleiß
dem Menschenauge zu-
rückgegeben hat, bereits
ein großes Museum und
eben, während wir diese
Zeilen schreiben, kommt
die Nachricht, daß ein
//bronzener Apollo",
völlig erhalten und un-
versehrt,aus seinem jähr*
tausendealten Aschen^
grab befreit wurde. Wel-
chen fabelhaften Far^
benreiz muß er wohl
haben! Denn die eigen-
artige Schönheit der Pa-
tina mit dem eigentüm^
liehen Blau und Lila und
dem unvergleichlichen
Blaugrün oder Türkis^
grün, was diese Gegen-
stände mit diesem wun-

dervollen Hauch herrlichster Patina als verschwen-
derischen Lohn für ihre lange Grabeshaft bekommen
haben, gehört zum Schönsten und Großartigsten,
fast Märchenhaften, was wir auf diesem Gebiet des
//Edelrostes" der Natur überhaupt erleben können.
Wie herrlich weit wir es gebracht! Wir glauben so

VASE, Unteritalieiiisch.

gerne, daß wir in den Fortschritten und Segnungen
unserer Zivilisation fast ersticken und halten sogar
alte Kulturvölker für halb primitiv, stellen uns den
Haushalt selbst der Griechen und Römer auf eine ver-
hältnismäßig kleine An-
zahl von notdürftig aus-
geführten Gegenständen
beschränkt vor. Tagtäg-
lieh jedoch beweisen uns
die Funde das gerade
Gegenteil. Wie muß der
Palast des Nero ausge-
sehen haben, wenn schon
das einfache Haus des
Landstadtbürgers soun-
erhört viel an Künstle^
rischem und Kunstge-
werblichem in sich birgt!
Wo wäre in diesen
Städten das einfachste
Haus, das beispielsweise
auf den so berühmten
pompejanischen Wand-
schmud^ verzichtet, das
im Hof nicht wenigstens
einen Brunnen aus Mar-
mor mit reichem plasti-
schem Schmuck besessen
und das nicht in jedem
der im Ausmaße allere
dings bescheidenen, Räu-
me eine Fülle silberner
oder bronzener, auf das
entzückendste gearbei-
teter Gegenstände des-
sen gehabt hätte, welches
wir heute Kunstgewerbe
nennen. An diesem Eck,
da wog einst der Händ-
ler seineWaren aus,- aber
die Wage schmückte ein
wundervoll gearbeiteter
Puttenkopf, ein herrliches
Ornament,- dort kaufte
man sich Geschirre für die Pferde, aber nur ein ganz
geschiduer Meister konnte die herrlichen Motive an
Zügel und Sattelzeug, an Wagen und Gespannen an-
gebracht haben. Was hatten diese Römer nicht für eine
bequeme, fast luxuriöse Lebenshaltung! Und das Wich«
tigste ist, daß dieser gute Geschmack, diese Freude am

Museo Nazionale Neapel.

unst und Handwerk. Jahrg. 1925. 4. Heft.

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