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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 27.1915/​1916

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Schulze, Otto: Das Malerische in der Baukunst und in der Landschaft
DOI Artikel:
Hansen, Fritz: Vom Urheberrechtan Architektur-Entwürfen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4828#0024

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bäuden. Man denke nur an die in die Städte sich hinein-
schiebenden Bahnhof anlagen, Markthallen, Elektrizitäts-
werke, Gasanstalten und andere industrielle Anlagen. Es
wäre heute nach unserer Auffassung töricht, von den
Warenhäusern abgesehen, hier auf malerische Wirkung
hin bauen zu wollen. Bei vielen öffentlichen Gebäuden
kommt leider nicht einmal die höhere Architektur zu ihrem
zeitlichen Recht in Städten, die ihren Charakter einer be-
stimmten Stilzeit zu verdanken haben, und in alten Städten,
die abseits großer Verkehrsstraßen liegen, werden alle
Neubauten dem Zwange unterworfen, sich dem vorherr-
schenden alten Stil unbedingt anzupassen. Hier will man,
wie z. B. in Hildesheim, das Stadtbild erhalten, von dem
aus Romantik und malerische Wirkung die Fremden an-
zieht, den Malern und Architekten zu Anziehungspunkten
werden.

In anderen Städten stehen dem Baupolizeiordnungen
entgegen, und oft hält es schwer, irgend ein künstlerisch
bedeutenderes Wohnhaus vor der Verdrängung durch einen
Neubau zu retten. Die Schauseiten der Häuser weichen
merklich von denen alter Gebäude ab. Fenster, Türen,
Vortreppen, Beischläge, Giebel, überragende Geschosse,
Dächer, Türme und Straßenvorsprünge anderer Art, dann
Spannbögen von Straße zu Straße, die Brücken der die
Straßen schneidenden Flußläufe, alles das steht unter aller-
strengsten baupolizeilichen Vorschriften, die die baukünst-
lerischen Absichten oft fühlbar eindämmen. Ein altes
Hamburg oder Danzig würde heute schon aus rein ver-
kehrstechnischen Gründen heraus nicht mehr erstehen
können. Aber das Malerische lag und liegt eben in den
vorstehend aufgezählten Bauzutaten, an denen dann Witte-
rung und Zeit, Verfall und spätere Anbauten dem Male-
rischen den Unterton schufen.

Das Wesen des Malerischen läßt sich mit Absicht
nicht schaffen, das haben unsere neuzeitlichen Renaissance-
und mittelalterlichen Bauperioden bewiesen, die auch nur
Theaterarchitektur schufen. — Den Naturbildern ergeht
es ähnlich, soweit es sich um Neuschöpfungen handelt;
ein »alter« Park verlangt hundert Jahre, um diese Bezeich-
nung für sich beanspruchen zu können. Gleich auf »Alt«
hin läßt sich nichts bauen und pflanzen; die künstliche
Patina trügt, nur die alte ist echt und künstlerisch. Das
Leben in den abgelegenen Gassen und Winkeln mit dem

eigentümlichen Treiben der dort hausenden Menschen-
kinder ist auch an sich ein dort wurzelndes, und läßt
sich ebensowenig wie das Malerische seiner Umgebung
so ohne weiteres in die großen Straßen verpflanzen.
Wenn hier Krieg, Brand oder Erdbeben das malerische
Elend verschütten, an dem die größten Maler lernten,
so wird das Alte hier unwiederbringlich verloren sein,
und wir werden künftig dafür die Quellen in den Bildern
zu suchen haben, die uns Maler und Photographen
hinterlassen.

Alles Wiederaufbauen wird im Sinne unserer Zeit im
Nachwirken des gewaltigen, aufräumenden Völkerringens
geschehen, und die Seele wird Zeit brauchen, sich aus dem
Versunkenen und auf immer Verlorenen neue und höhere
Werte zu schaffen, die der gebrachten übermenschlichen
Opfer würdig und lebenswert sind. An sich ist nichts un-
ersetzlich, es kommt nur darauf an, daß das, um dessen-
willen das Alte hingegeben und geopfert wurde, im zu
schaffenden Neuen aus höheren sittlichen Ideen heraus,
nicht etwa nur der Form nach weiterzuleben vermag. Nur
der Wechsel der Dinge bringt uns vorwärts und aufwärts.
Dieser Krieg lehrt es uns tausendfältig, daß nicht letzten
Endes die Materie, sondern der Geist siegt. So wollen
wir nicht auf Trümmern und um Kunstwerke klagen, wie
Kinder um zerbrochenes Spielzeug, sondern wir wollen schaf-
fen, ringen und hoffen um des Neuen willen, an dem und mit
dem unsere Kinder heranwachsen sollen. Viele von ihnen
werden die Anklänge an Märchen und Malerisches nicht
in versunkenen Städten und Dörfern suchen, sondern bei
den Hochöfen, in den Bergwerken, auf den Schiffswerften
und in den Lüften, auf und im Wasser und in dem ruhe-
losem Getriebe des sich behauptenden Lebens. Auch an
diesen Stätten ist eine solche Ausbeute eine reiche. Dort
schaffen wahrhafte Riesen, Zyklopen und Heinzelmännchen.
Millionenhände schaffen Werte für neues Leben und neues
Glück. An uns ist es, das alles zu sehen, zu fühlen und
mitzuerleben — dann wird auch der Mensch als solcher
dabei nicht zu kurz kommen und Kunst und Dichtung werden
aus neuen Quellen ungeahnte Schätze schöpfen, die dann
auch das Alte immer mehr zurücktreten lassen und zu
einer gewaltigen Sage, zu einem Heldenmärchen verdichten,
das wieder anfangen mag: »Es war einmal . . .< — Damit
wollen wir uns trösten.



VOM URHEBERRECHT AN ARCHITEKTUR-ENTWÜRFEN

VON FRITZ HANSEN-BERLIN

VON allen Gebieten künstlerischer Tätigkeit dürfte,
wenn der Weltkrieg sein Ende erreicht hat, kaum
ein anderes so stark in Anspruch genommen werden
wie das der Baukunst. Wird es sich doch darum handeln,
alles das, was der Krieg vernichtet hat, wieder neu auf-
zubauen. Ganze Städte werden neu erstehen. Da wird
man denn der Baukunst besondere Aufgaben stellen, und
die rechtliche Stellung der Schöpfer der neuen Stadtbauten
wird in bezug auf ihre künstlerischen Arbeiten eine wesent-
lich andere sein als die ihrer Vorgänger. Während die
Werke der Baukunst früher im allgemeinen keinen Urheber-
rechtsschutz genossen, ist das seit Inkrafttreten des neuen
Urheberrechtsgesetzes anders geworden. Das Urheber-
recht an Bauwerken hat eine wesentlich andere Gestaltung

erhalten, ohne daß dieser Tatsache jedoch allgemein Rech-
nung getragen wird. Das zeigt sich fast täglich an zahl-
reichen Beispielen. Das Gesetz vom 9. Januar 1907 rechnet
auch die Baukunst unter die Werke der bildenden Künste,
es bestimmt ausdrücklich, daß Bauwerke, soweit sie künst-
lerische Zwecke verfolgen, zu den Werken der bildenden
Kunst gehören und ebenso auch Entwürfe für Bauwerke,
die künstlerische Zwecke verfolgen.

Die Urheber derartiger künstlerischer Bauwerke und
der Entwürfe zu solchen genießen für diese Arbeiten Ur-
heberrechtsschutz, ebenso die Verfertiger von Bauplänen,
und zwar die letzteren auf Grund des Gesetzes vom
19. Juni 1901. Die Bauherren und Bauwerkmeister sind
daher nicht befugt, wie das oft geschieht, den Namen des

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