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Mitteilungen des Württembergischen Kunstgewerbevereins — 1908-1909

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Tafel, H.: Gustav Adolf Bredow
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https://doi.org/10.11588/diglit.7712#0208
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GUSTAV ADOLF BREDOW.

Es ist wohl kaum zu bezweifeln, daß viele von unseren jüngeren Bildhauern
sich in einem Uebergangsstadium befinden und daß die reiferen darunter dieses
Stadium auch bereits überwunden haben. Der Naturalismus mit seinen Unklar-
heiten und Einseitigkeiten war einer Sackgasse zu vergleichen, die keinerlei
Ausblicke und Entwicklungsmöglichkeiten mehr bot, so notwendig auch der
Naturalismus als Reaktion gegen das bequeme Schema einer konventionellen
Formenanschauung gewesen ist. Man begann wieder innigere Fühlung mit
der Architektur zu suchen, um sich vor allem von der langjährigen Vernach-
lässigung des tektonisch-stilistischen Moments frei zu machen und den Denk-
malen unserer Zeit eine räumliche Wirkung zu sichern. Ein Name bedeutet
hier ein Programm — Adolf Hildebrand, der seinerseits wieder von Hans von
Marees die tiefsten Anregungen empfing. Sein Einfluß auf unsere deutschen
Bildhauer ist ein ganz ungeheurer, auch da, wo er nicht direkt wirkt. Es
mag sein, daß es in dem letzten Jahrzehnt vor allem die "Wettbewerbungen
um Brunnenanlagen gewesen sind, die das Stimmungsgefühl unserer modernen
Bildhauer zur Entwicklung gebracht haben, indem man die Notwendigkeit der
Verbindung des architektonischen Teils mit dem bildnerischen bei solchen
Aufgaben von Jahr zu Jahr mehr begriff, also das Milieu eingehender studierte
und die plastische Form dem Charakter der Umgebung des Denkmals anzu-
passen suchte. Schon mit dieser Forderung erscheint die Abkehr von der
naturalistischen Imitation der Natur und eine gewisse Stilisierung der Form
gegeben.

Zu den Bildhauern unserer Stadt, deren Verständnis für die dekorativ-
monumentalen Aufgaben der Plastik nicht nur durch das Zusammenarbeiten
mit tüchtigen Architekten, nein, auch durch jahrelanges selbständiges Studium
der Architektur als ein gut entwickeltes bezeichnet werden darf, gehört vor
allem auch Gustav Adolf Bredow. Er mag wohl den richtigen Weg ge-
gangen sein, als er vor seinen rein künstlerisch-plastischen Studien sich die
unbedingt notwendige architektonische Grundlage schuf; wir wissen heute, daß
den Bildhauern, die solches versäumt, ein Nachholen dieses architektonischen
Fundaments schon aus Mangel an Zeit sehr erschwert ist. Das sind dann
diejenigen, die bei allen ihren Arbeiten auf eine allzuweitgehende Mithilfe des
Architekten angewiesen sind. Bredow hat sich das Studium der alten Stile
stets im Zusammenhang mit der Architektur in hohem Maße angelegen sein
lassen und sich vor allem auch reiche Kenntnisse in der ornamentalen Plastik
angeeignet, die dem Künstler heute, da er vielfach von den Architekten zum
Schmuck der Bauwerke herangezogen wird, sehr zugute kommen. Des
Künstlers Neigung zu einer stilisierten Auffassung seiner plastischen Auf-
gaben beruht also auf gutem Fundament. Nicht zuletzt auch auf einem ernst-
haften Naturstudium, wie es beispielsweise in den Aktzeichnungen des Künstlers
zum Ausdruck kommt und Bredow ist ein gar strenger Zeichner, der es sich
nie und nirgends leicht macht. Mögen in diesem Zusammenhang die Worte
des alten längst vergessenen Ludwig Schorn zitiert sein, die er 1818, also
 
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