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Mitteilungen des Württembergischen Kunstgewerbevereins — 1908-1909

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Württembergische Kunstchronik
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https://doi.org/10.11588/diglit.7712#0224
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Württembergische Kunstchronik.

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einen zweiten 2. Preis zu 2000 Mk. erhielt die Nummer 34 mit dem Kennwort „Sommer''
von Professor Bonatz; der 3. Preis (1000 Mk.) fiel dem Motto „"Weltall" zu, eingesandt
von Regierungsbauführer Herrn. Moser und Regierungsbauführer Theodor Fauser, beide
in Ulm. Der Bau des Museums ist auf Grund des Plans des seit einiger Zeit bei
der Firma Bihl & "Woltz hier tätigen Architekten Georg Eser, dieser Firma in Gemein-
schaft mit dem Preisträger in Auftrag gegeben worden.

Aus der K. Altertumssammlung wird vom 17. Juli mitgeteilt, sie sei in den Besitz
der ausgezeichneten, auf galvanoplastischem "Wege hergestellten Nachbildungen ge-
kommen, welche die Geislinger "Württembergische Metallwarenfabrik von
mykenisch-homerischen Grabfunden Schliemanns in ihren "Werkstätten herstellt.
Sie hat einen großen Teil derselben der Altertumssammlung als Geschenk überwiesen,
einen anderen ihr als Leihgabe überlassen, so daß die ganze Reihe dieser Erzeugnisse
unseres einheimischen Kunstgewerbes zur Ausstellung kommen kann. Für den, der
nicht das Glück hat, die Originale in Athen zu sehen, erfüllen diese Kupfernieder-
schläge, die allen Einzelheiten gerecht werden, ihren Zweck in ausgezeichneter "Weise.
Die meisten Funde stammen aus den 6 in den Felsboden getieften Gräbern der Burg
Mykenä im Nordpeloponnes. Es offenbart sich hier eine bei allen orientalischen
Voraussetzungen echt griechische Kultur aus der 2. Hälfte des 2. Jahrtausends v. Chr.,
und es ist ein unvergängliches Verdienst Schliemanns, in den argivischen Burgen, wie
Tiryns und Mykenä, die homerische Kultur zur "Wirklichkeit, zur Anschauung gebracht
zu haben. Die 19 Leichen der genannten Schachtgräber bargen in ihren Kammern
die kostbarsten Gegenstände. Vermögen wir auch bei manchen Stücken nicht mehr den
ursprünglichen Sinn und Zweck zu erkennen, der künstlerische und kunstgewerbliche
"Wert dieser Kleinkunst ist nicht hoch genug anzuschlagen. Prachtvolle Erzeugnisse
der Goldschmiedekunst sind zwei getriebene Becher mit Stierdarstellungen, gefunden
in Lakonien; die "Wiedergabe des der Natur abgelauschten Lebens ist unübertrefflich.
Ein Becher mit 2 seitlichen Stützen, auf denen Tauben sitzen, erinnert ohne weiteres
an den ähnlich geschilderten Becher des Nestor bei Homer. Interessant ist der Rest
eines silbernen Gefäßes mit der Darstellung einer Stadtbelagerung. Eine besondere
Gefäßform ist ein tragbares goldenes Deckelkännchen und eine riesige dreihenkelige
Vase (Original in Alabaster). "Weiter ist zu nennen der glänzend modellierte Stierkopf
aus Silber mit goldenen Hörnern und einer vergoldeten Doppelaxt, dem Kultwappen
der kretisch-mykenischen Kunst. Durch die Ornamentik interessant sind die Gold-
plättchen in Rosetten- und Efeublattform oder kreisrund mit Darstellung eines Schmetter-
lings, Tintenfisches, Nautilus, Spiralen usw. Das breite Diadem lag um den Kopf
einer Leiche, andere hatten Goldmasken auf dem Gesicht. Die zwei ausgestellten
zeigen, wie der Künstler mit dem Porträt ringt. Viel feiner als Menschen sind die
Tiere, die auf den Scheiden der Prunkwaffen eingelegt sind. Die mykenischen An-
griffswaffen, Dolche und Schwerter, entfalten eine wunderbare Pracht im Griff und
in der Verzierung der Klinge. Von besonderer Form ist ein langes Hiebschwert
aus Bronze. Die Reihe beschließen 8 Dolche. Deren Bronzeklingen ergaben nach
mühsamster Reinigung die wundervollsten Damasszenierungen, teils rein ornamentale
Einlagen wie Spiralen oder Lilien, teils Tier- und Menschendarstellungen. Hier
offenbart sich eine jugendfrohe Kunst, die die Probleme kräftig anpackt, ein Drang
nach Befreiung vom Schematismus und nach lebendigster "Wiedergabe der Natur.
Schon um dessentwillen kehrt die heutige Kunst so gerne wieder zur mykenischen
zurück, und darum sind wir unserer einheimischen Kunstwerkstätte besonders dankbar
für diesen denkbar zuverlässigsten Ersatz der Originale, der durch die Ausstellung
in der Altertumssammlung der Oeffentlichkeit zugänglich gemacht ist.

Neues Kunstausstellungsgebäude in Stuttgart. Auf dem Platz des alten Hof-
theaters soll bekanntlich auf Vorschlag des Künstlerbundes ein großes Kunstausstellungs-
gebäude errichtet werden. Die Pläne hierzu wurden in die Hände des Professors
Theodor Fischer gelegt. Als Bausumme wird 1 Million angenommen. Davon über-
nehmen der König und die Stadt Stuttgart je 2 Fünftel und der Staat 1 Fünftel,
demnach der König und die Stadt Stuttgart je 400000 Mk., der Staat 200000 Mk.
Außerdem hat der König den Platz zur Verfügung gestellt.
 
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