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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 1.1906

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Ameseder, Rudolf: Über Wertschönheit
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https://doi.org/10.11588/diglit.3529#0207

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X.

Über Wertschönheit.

Von

Rudolf Ameseder.

Witasek hat in seinen »Grundzügen«l) auf ein Tatsachengebiet
aufmerksam gemacht, das meines Erachtens in der Ästhetik eine sehr
bedeutungsvolle Stellung einzunehmen berufen ist, das der Wertschön-
heit. Der von ihm festgestellte Zusammenhang von ästhetischem Ver-
halten und Wertverhalten bleibt auch dann zu Recht bestehen, wenn
— wie hier — an der Interpretation des Zusammenhanges mehr oder
minder erhebliche Modifikationen versucht werden.

Die Tatsachen, welche sich in diesem Gebiet der Untersuchung
darbieten, sind folgende. Unser ästhetisches Verhalten richtet sich
häufig auf Eigenschaften von Objekten, ohne durch die sinnlich wahr-
nehmbaren Merkmale, oder durch die Gestalt, oder schließlich durch
das Ausdrucksvolle dieser Gegenstände in seiner Eigenart bestimmt
zu sein. Dies letztere läßt sich mit Sicherheit feststellen, da das ästhe-
tische Verhalten, wie es durch Empfindungsgegenstände, durch Ge-
stalten oder durch den Ausdruck bedingt ist, sich deutlich von der
hier behandelten Art des Ästhetischen unterscheidet, häufig genug sich
auch neben ihr vorfindet. Die Gegenstände dieser ästhetischen Klasse
sind dadurch in übereinstimmender Weise gekennzeichnet, daß sie zu-
gleich2) wertvoll sind. Darin nun sucht Witasek die Grundlage für
seine Analyse dieser besonderen Art ästhetischer Reaktion.

Das ästhetische Verhalten ist dabei, wie er vermutet, kein ursprüng-
liches, spontan eintretendes, wie etwa die Freude an einer »schönen«
Farbe, sondern ein in seinem Dasein an das Vorhergehen bestimmter
Erlebnisse gebundenes, also aus dem Effekt eben dieser Erlebnisse

') Grundzüge der allgemeinen Ästhetik von Dr. Stephan Witasek, Leipzig 1904,
S. 45 ff. und 80 ff.

2) E. Landmann-Kalischer bezeichnet es (diese Zeitschr. S. 117) als eine Absurdität,
wenn man behauptet, daß Schönheit kein Wert, das ästhetische Urteil kein Werturteil
sei. Nun bestreitet wohl niemand, daß etwas Schönes zumeist Wert hat, wie es
Schönheit hat, aber deshalb ist die Schönheit des Objektes nicht sein Wert, sondern
sie begründet ihn höchstens. Demzufolge urteilt man auch über Verschiedenes, wenn
man einmal über die Schönheit, ein andermal über den Wert eines Objektes urteilt.
 
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