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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 8.1913

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Everth, Erich: Wie man Bilder hängt
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https://doi.org/10.11588/diglit.3587#0076
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72 ERICH EVERTH.

wogen und zucken kann, wie bei den Spaniern und Italienern des
17. Jahrhunderts. All diese Momente werden lebhafter empfunden bei
Eigenbewegungen des Betrachters, die eben ihnen entsprechende Ein-
drücke aus dem Bilde ins Bewußtsein heben helfen und ihre Wirkung
unterstützen, indem sie dafür disponieren. Ebenso aber wird man
durch solche Bewegungen den Eindruck eines andersartigen Bildes
fälschen können, z. B. vergröbern; wie wenn man eine Melodie ihrem
Charakter entgegen agitato spielen wollte.

Wie man nun das Größenformat der Bilder auch mit Hilfe dieser
Gesichtspunkte bemessen kann, so kann man auch im Aufhängen, im
Wechsel der Formatgröße, diese Momente berücksichtigen; sonst wird
man z. B. den Eindruck einer sehr gehaltenen und gemessenen Be-
wegung, die in dem Bild dargestellt ist, durch eine Aufhängung stören,
die dem Beschauer ein lebhaftes Auf und Ab zumutet; alles Feierliche
ist gemessen und manchmal regungslos und der Betrachter feierlicher
Dinge wird sich ebenfalls gern still verhalten. Er wird daher dank-
bar sein, wenn er in der Nähe solcher Bilder nur andere von unge-
fähr gleicher Größe antrifft, die ihm eine gleichmäßige Entfernung
anweisen, und wird durch diese Art der Zusammenstellung auch be-
sonders feine, stille Bilder in ihrem Eindruck gefördert finden. Daß
eine solche Anordnung ruhig wirkt, liegt auf der Hand, man erklärt
es freilich zumeist nur durch den gleichmäßigen Augeneindruck; aber
vielleicht noch stärker sind diese motorischen Elemente, das Vor-
und Zurücktreten — oder ihr Fehlen, die deshalb, weil sie nicht
immer in ihrer Bedeutsamkeit bewußt werden, keineswegs schwach,
sondern im Gegenteil mit der elementaren Tatsächlichkeit unseres eigenen
physischen Daseins sich geltend machen.
 
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