Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 8.1913

DOI Artikel:
Volkelt, Johannes: Der Begriff des Stils
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.3587#0250
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
246 JOHANNES VOLKELT.

in seinen symbolischen Gestalten an den Mediceergräbern verfährt in
der Weise des Charakteristischen, zugleich aber sind diese Gestalten
typischer Art; ferner gehören sie dem steigernden Stil an. So kann
Michelangelo ebensogut als Idealist wie als Realist bezeichnet werden.
So aber oder so: in jedem Falle ist es eine vieldeutige und in ihren
mehrfachen Bedeutungen nicht durchschaute Bezeichnung, unter die
Michelangelo gebracht wird.

Ich kann mir vorstellen, daß ein spekulativer Metaphysiker oder,
was heutigestages wahrscheinlicher ist, ein transzendentaler Logiker
an der Fünfzahl der Stilpaare Anstoß nehmen könnte. Ähnlich wie
die Kritik mehrfach an der Vierzahl der von mir aufgestellten ästheti-
schen Normen und an der Vielzahl der im zweiten Bande behandelten
ästhetischen Grundgestalten Anstoß genommen hat. Ich bin viel zu
sehr empirischer Philosoph, als daß ich mir wegen der Vierzahl dort
und der Fünfzahl hier Bekümmernisse machte. Ich lasse mich von
dem jeweiligen Erfahrungsstoff und den in ihm liegenden Anhalts-
punkten leiten und zu den hierdurch dem Denken sich als notwendig
aufdrängenden Verknüpfungen hintreiben. In dem vorliegenden Falle
war es die Psychologie des künstlerischen Schaffens, die im Verein
mit der Betrachtung der vorhandenen Kunstwerke und Kunstrichtungen
zu der Aufstellung der fünf Stilpaare geführt hat. Eine Deduktion der
Stilgegensätze aus einem apriorischen oder transzendentalen Einheits-
punkte her halte ich für unmöglich.
 
Annotationen