Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
— 129 —

schließen darf, daß Iwein und Heidin jenem Schreiber in
einem besonderen Codex vereinigt vorgelegen hätten, so
darf man aus dieser Zusammenstellung, die ja freilich
bloß eine Frage der ßaum Verwendung gewesen sein könnte,
doch vielleicht bei einem früheren Sammler das Gefühl
der Zusammengehörigkeit erschließen.

Bevor ich zu zeigen versuche, daß der Dichter der
Heidin I die Werke Hartmanns gekannt hat, werde ich,
um darzutun, daß der Autor in seinem Anschluß an Ael-
teres wirklich ziemlich weit zurückgegriffen hat, einen
Anklang der Heidin an ein Vorbild nachzuweisen suchen,
das literarisch in unmittelbare Umgebung Hartmanns
gerückt wird, an die Kindheit Jesu des Konrad von
Fußesbrunnen. Hat dem Dichter in der Scene, wo
die Heidin durch die Kupplerin auf ihren Zustand hin
untersucht wird, die Darstellung der Untersuchung Mariae
unmittelbar nach der Geburt Christi durch ein ungläubiges
altes Weib, wie sie sich bei Konrad findet, vorgeschwebt ?
Wörtlich überein stimmt die Heidin I in V. 665 si greif ir an
daz houbet mit V. 848 der Kindheit, ferner in dem Ausdruck
siechtuom 1687 und KJ 863. Das ist gewiß wenig. Aber die
Situation in beiden Gedichten ist unverkennbar die gleiche:
eine junge Frau unter vier Augen von einer älteren und
erfahreneren am Krankenbett untersucht, so verschieden
alle Nebenumstände sind: Grund der Visitation, Initiative;
die zweideutige Rolle der Kupplerin neben der gläubigen
Gutmütigkeit der Zeloni; besonders auch die Art der
Darstellung: in der Heidin, nach der skizzenhaften Art
des ganzen Gedichtes, knapp und zurückhaltend; daneben
die breite, verblüffend unbefangene und naive Ausmalung
der Scene durch Konrad. In der Ausführlichkeit tritt
erst der Dichter von II der Kindheit Jesu näher, sie
ist bei diesem aber, weit entfernt, von Naivität getragen
zu sein, vielmehr der Ausfluß von Lüsternheit x).

1) Eine weitere auffallende Gemeinsamkeit von Heidin I und KJ
bestellt in dem seltenen Wort itewcege KJ 1009. I 579. (Vgl. Grimm,
Palaestra CVIII. 9
 
Annotationen