Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
— 477 —

meist nur, wenn wir eine Aussage für einen beträchtlicheren Zeitraum
negieren wollen, also etwa analog dem Gebrauche von nie in v. 599
Nie tvolte er encinden. Im Mhd. kann, scheint es, nie lediglich als
verstärkte Negation, ohne temporalen Sinn, verwendet werden, man
müßte denn künstlich ein zeitliches Element in solche Stellen hinein-
interpretieren. Bei der ganz transitorischen Handlung an unserer Stelle
könnte man etwa denken : „nie während des Verlaufes der Züchtigung."
Ebenso kann nie eine temporale Geltung für eine kurze Zeit beigelegt
werden in folgenden Beispielen: Wh. v. Ost. 11210 iur vart ist nie
so icilde, ich enteistes mit iu gern. Lanz 7442 doch enbat siu nie so
sere, das siz iht mohte vervän. Eraclius 3466 der leersen nam sie
guoten icar, ob ir deheiniu so töhte, daz man sie gezzen mähte: sie
wären halp harte, der list sie doch larte und machte ir daz herze
Miene, sie wären nie so grüene, sie brache ir vol einen huot. Vgl.
ferner Heidin II 2358, wo ich mit hb nie gegen niht Hg beibehalten
habe: Des kristens ros er gerne bi dem zoume und fuorte in ze dem
heidenischen her hin, das er sich des nie mohte erivern weder mit siegen
noch mit spem. Ebenda 1440 Herze unde sinne gegangen warn uns
an den dritten tac, das er anders niht enphlac, wan daz er da mit
umbegie. Er "künde sich drüs verrihten nie, worauf folgt Doch uz den
zwein er einez vant. Vgl. ferner II 1658 und Wh. v. Ost. 4641 (wo
in 4640 etwas ergänzt werden muß). Wie aber soll die temporale
Bedeutung von nie gerettet werden in folgenden Fällen? Iw. 3284
er lief umb einen mitten tac an ein niuweriute. dane vander nie me
Hute ivan einen man. Denn er sucht doch das Feld nicht ab, sondern
bei seinem Eintreffen „bemerkt" er . . ., hier handelt es sich um eine
Augenblickssache. In Reinfr. 25813 si . . funden den knaben sitzen
eine, doch was er nie so kleine, das in kein pfärit mohte tragen
müßte man ein gequältes Plusquamperfektum bemühen, um ein tem-
porales Element in nie aufzutreiben. Aus einem Druck von 1551
(Carbachs Übersetzung des Livius, Blatt 83r) habe ich mir noch fol-
gende Stelle notiert, wo von Coriolanus berichtet wird: danimb iver
jr meynung j das man jm eyn tag für eyn Gemeynd satst / . . . aber
Martius erschein nie vor den Zunfftmeystem / vnnd meynt / wblten sie
etwas fürnemen / das solt vor eynem Math geschehen.
1138 f. Vgl. p. 22.
 
Annotationen