Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

"Unter der GrasNarbe" <Veranstaltung, 2014, Hannover>; Schomann, Rainer [Hrsg.]; Schormann, Michael Heinrich [Hrsg.]; Wolschke-Bulmahn, Joachim [Hrsg.]; Winghart, Stefan [Hrsg.]; Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Hrsg.]; VGH-Stiftung [Hrsg.]; Zentrum für Gartenkunst und Landschaftsarchitektur [Hrsg.]; Michael Imhof Verlag GmbH & Co. KG [Hrsg.]; Institut für Denkmalpflege [Hrsg.]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Unter der GrasNarbe: Freiraumgestaltungen in Niedersachsen während der NS-Diktatur als denkmalpflegerisches Thema : Dokumentation der Tagung vom 26.-29. März 2014 in Hannover — Petersberg: Michael Imhof Verlag GmbH & Co. KG, Heft 45.2015

DOI Heft:
Einführung
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.51271#0010
Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
6

Rainer Schomann / Michael Heinrich Schormann / Stefan Winghart / Joachim Wolschke-Bulmahn

Einführung

Vom 26. bis 29. März 2014 führten das Niedersächsi-
sche Landesamt für Denkmalpflege, die VGH-Stiftung
und das Zentrum für Gartenkunst und Landschaftsar-
chitektur (CGL) der Leibniz Universität Hannover das
Symposium „Unter der GrasNarbe. Freiraumgestal-
tungen in Niedersachsen während der NS-Diktatur
als denkmalpflegerisches Thema" durch. Der Schwer-
punkt des Symposiums lag auf Orten und Freiräumen
in Niedersachsen, wie dem Bückeberg als dem Ort der
nationalsozialistischen „Reichserntedankfeste", dem
Sachsenhain bei Verden an der Aller, einer im Auf-
trag von Reichsführer SS Heinrich Himmler geschaf-
fenen Versammlungsstätte, und den Freiräumen von
Kasernen, die in der NS-Zeit gebaut wurden. Auch
„Horst-Wessel-Denkmale" und Thing- und Weihe-
stätten in Niedersachsen waren Gegenstand einer
kritischen wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit
Orten der NS-Zeit und ihrer heutigen und zukünftigen
Bedeutung aus denkmalpflegerischer Sicht. Der Fokus
des Symposiums richtete sich aber auch auf Orte in
anderen Bundesländern, wie die Thingstätte auf dem
Heiligenberg bei Heidelberg oder die so genannte
Plantage von Dachau, eine große Produktionsanlage
der SS für Kräuter. Die Überreste der Plantage lassen
sich heute noch neben der Gedenkstätte des ehemali-
gen Konzentrationslagers finden.
Für die Beiträge zur Veranstaltung konnten über
zwanzig renommierte Wissenschaftlerinnen und Wis-
senschaftler gewonnen werden, die aus unterschied-
lichen Blickrichtungen Themen beleuchteten. Stellver-
tretend soll hier Prof. Dr. Moshe Zimmermann von der
Hebrew University of Jerusalem genannt werden. Er
wies mit seinem nachdenklich stimmenden Einfüh-
rungsvortrag auf die Diskrepanz zwischen überall in
Deutschland vorhandenen Stätten und Objekten aus
der Zeit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft
und ihrer Wahrnehmung im täglichen Leben hin. Die
Diktatur, so seine zentrale Aussage, fand in der Öf-
fentlichkeit statt und dieser Umstand ist nicht im Be-
wusstsein der heutigen Gesellschaft zu finden.

Entsprechend der Schwerpunktsetzung der Veran-
staltung auf dem Bundesland Niedersachsen richtete
sich der Blick zunächst auf die politischen Verhältnisse
in dieser Region zur NS-Zeit. Der damalige Freistaat
Braunschweig war für die Nationalsozialisten eine Art
Versuchsfeld, nachdem sie dort 1932 im Zuge von
Landtagswahlen eine Regierungsbeteiligung erreicht
hatten, und zugleich das Sprungbrett Adolf Hitlers,
der hier zum Regierungsrat ernannt wurde und die
deutsche Staatsbürgerschaft erhielt. Welchen Nieder-
schlag fanden die politischen Verhältnisse in Archi-
tektur und Grünplanung? Zu welcher Bilanz kommt
der denkmalpflegerische Umgang mit diesen Objek-
ten, wie stellt sich das grünplanerische Erbe dieser
Zeit heute dar und auf welches Wissen dazu kann
zurückgegriffen werden? Die Diskussionen im Plenum
wie auch während der nachfolgenden Exkursion zu
verschiedenen und in ihrer Aussagekraft sehr unter-
schiedlichen Stätten des Nationalsozialismus in der
Region Braunschweig warfen für die weitere Ausei-
nandersetzung wichtige Fragen auf und wiesen auf
wesentliche Aspekte für die Entwicklung von Maßstä-
ben zur Bewertung dieses Erbes hin.
Die denkmalpflegerische Auseinandersetzung mit Or-
ten aus der Zeit des Nationalsozialismus bzw. mit Be-
zügen zur Zeit der NS-Diktatur, ihrer historischen und
aktuellen Bedeutung hat inzwischen eine mindestens
zwei Jahrzehnte umfassende Tradition. Norbert Huse
hat mit seinem Buch „Unbequeme Baudenkmale. Ent-
sorgen? Schützen? Pflegen?" 1997 diesbezüglich für
die Denkmalpflege wichtige Anregungen gegeben.
Erste Auseinandersetzungen mit niedersächsischen
Orten wie dem Sachsenhain oder den sog. Ahnenstät-
ten reichen ebenfalls in diese Phase zurück. Anläss-
lich des Symposiums „Gärten und Parks im Leben der
jüdischen Bevölkerung nach 1933" wurden Fragen
nach dem denkmalpflegerischen Umgang mit den Or-
ten sowohl der Täter wie auch der Opfer besondere
Beachtung gewidmet. 2012 wurde vom Arbeitskreis
Theorie und Lehre der Denkmalpflege eine Tagung
„Umstrittene Denkmale. Der Umgang mit dem Erbe
der Diktaturen" durchgeführt; „Jenseits des Guten
und Schönen: Unbequeme Denkmale?" war im fol-
genden Jahr Thema des Tages des offenen Denkmals.
 
Annotationen