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Eine derartige Bauaufgabe war nur unter Anwendung
von Normen und Typenbauten erfolgreich zu bewälti-
gen.6 So entstanden im Zeitraum zwischen 1934 und
1938 allein beim Heer 532 Kasernenneubauten mit
einer durchschnittlichen Größe von 12 Hektar,7 474
Offiziersheime und 52 Lazarette.8 Der Flächenbedarf
wird für alle Heereskasernen mit 6.300 Hektar an-
gegeben. Berücksichtigt man zudem noch Luftwaf-
fe und Marine, muß diese Fläche wohl verdrei- oder
vervierfacht werden.9 Allein für die neu aufgestellte
Luftwaffe waren in diesem Zeitraum täglich bis zu
200.000 Arbeitskräfte im Einsatz, hinzukam dieselbe
Zahl in der Zulieferindustrie. Allein die Gesamtfläche
der errichteten Hallen belief sich auf 150.000 Qua-
dratmeter.10 Für Truppenübungsplätze mussten zu-
sätzlich 360.000 Hektar Land beschafft werden.11
Diese Zahlen lassen den Umfang der Aufrüstung al-
lenfalls erahnen, konkreter ist das Beispiel Bayern, für
das die Thematik von Ulrich Heiß detailliert anlässlich
einer Ausstellung aufgearbeitet wurde. Die Reichs-
wehr hatte in Bayern 14.000 Mann in 20 Garnisonen
stationiert. 1938 war deren Zahl auf 50.000 Mann
angestiegen. Allein in Aschaffenburg entstanden vier
neue Kasernen, sechs in Regensburg und in München
waren es gar zwölf neue Kasernen. Von 1933-1937
beanspruchten das Heer 103 Quadratkilometer und
die Luftwaffe 90 Quadratkilometer für militärische
Anlagen in Bayern. Landesweit hatte sich der Gelän-
deverbrauch gegenüber der Reichswehrzeit verdrei-
facht. Eine Abfüllanlage für Giftgasgraten war dabei
mit 250 Hektar die größte Einrichtung. Hinzukamen
62 große, mittlere und kleinere Munitionsanstalten.12
Mit der Lösung dieser gewaltigen Bauaufgabe ging
die waffentechnische Aufrüstung einher. Es kann also
nicht weiter verwundern, dass dies zu gewaltigen Pro-
blemen finanzieller und materieller Art führen musste:
Im Zeitraum von 1935-1938 stiegen die Rüstungs-
ausgaben auf über 15 Milliarden Reichsmark, ent-
sprechend 74 Prozent des Staatshaushaltes, an.13 Die
monatliche Stahlproduktion belief sich im Jahr 1938
auf rd. 1,8 Millionen Tonnen. Der Monatsbedarf von
Wehrmacht und Wirtschaft betrug jedoch rd. 1,91
Millionen Tonnen. Noch dramatischer sahen 1938 die
Zahlen für den Betriebsstoff aus: Im Mobilmachungs-
fall war der Bedarf von Wehrmacht und Wirtschaft
auf 1,65 Millionen Tonnen berechnet worden. Dem
konnte schon die Gesamtproduktionsmenge von 0,9
Millionen Tonnen zu Friedenszeiten in keiner Weise
gerecht worden.14
Nur unter Einsatz unzähliger Zivilarbeiter, Mitgliedern
der Organisation Todt und Bausoldaten ließ sich die
Aufgabe realisieren. Nach Kriegsbeginn wurden an ih-
rer Stelle mehr und mehr Zwangsarbeiter eingesetzt,
nicht zuletzt auch mit dem Ziel „Vernichtung durch
Arbeit". Wurden 1939 schon 303.000 Fremdarbei-
ter und KZ-Häftlinge eingesetzt, so stieg deren Zahl
bis auf 5,65 Millionen, hinzu kamen 1,78 Millionen
Kriegsgefangene.15
Proteste oder gar Widerstand in der Bevölkerung oder
bei den betroffenen Kommunen gegen diese Aufrüs-
tung kamen nicht vor. Das Gegenteil war der Fall, wie
die Beispiele Hannover und Salzwedel belegen. 1937
gab es seitens der Wehrmachtsführung Überlegun-
gen, ein Panzerregiment in Hannover zu stationieren.
Dazu war ein Standortübungsplatz von 450 Hektar
erforderlich. In der hannoverschen Stadtverwaltung
wurden verschiedene Alternativen geprüft, wobei
auch Naturschutzflächen ins Visier der Verwaltung ge-
rieten. In einem Schreiben an den Oberbürgermeister
nahm der Stadtforstmeister dazu eilfertig aber lapidar
Stellung: ,,[...]wenn die Heeresverwaltung erklärt,
daß für ein P.-Regiment aus wehrpolitischen Gründen
nur Hannover als Standort in Frage kommt, dann muß
der Platz unter allen Umständen beschafft werden".16
Das Potsdamer Regierungspräsidium argumentierte in
einem vergleichbaren Fall vollkommen anders. Im Zu-
sammenhang mit der Verlegung der Kavallerieschule
an den Rand des Truppenübungsplatzes Döberitz, hat-
te der Regierungspräsident „stärkste Bedenken" ge-
äußert und sich dahingehend geäußert, das „Gebiet
in seiner jetzigen Unberührtheit zu erhalten".17
Um den Verbleib dieser Kavallerieschule in Hannover
bemühte sich der hannoversche Oberbürgermeister
Menge bereits seit 1935. In einem fünfseitigen Schrei-
ben an Generalmajor Fromm schilderte er einerseits
die Bedeutung der Schule für Hannover, wies aber
andererseits auch auf das finanzielle Engagement der
Stadt für die Schule in den letzten 70 Jahren hin. Einige
Monate später legte Menge dem Reichskriegsminister
vier Vorschläge für Neubauten der Kavallerieschule
nebst Übungsplätzen im Norden Hannovers vor und
bot sogar die Kostenübernahme für ein Sommerlager
an. Die Antwort aus Berlin war zwar negativ, stellte
aber eine Kompensation in Aussicht: „Die mit der
Verlegung für die Stadt Hannover verknüpften wirt-
schaftlichen Nachteile werden, wie bekannt, durch
Neuaufstellung von Truppenteilen aufgewogen".18
Menge ließ nicht locker, mehrfach beschäftigte sich
der Rat der Stadt mit diesem Thema und schließlich
wurde sogar der aus Hannover stammende Reichsbil-
dungsminister Rust um Vermittlung bei Hitler gebe-
ten. Der Oberbürgermeister schrieb„[...]im Übrigen
würde ich es nach wie vor für das Wirkungsvollste hal-
ten, wenn der Führer den Wunsch zu erkennen gibt,
die Kavallerie-Schule nach Möglichkeit in Hannover zu
halten".19 Letztlich war alles vergebens, die Kavalle-
rieschule wurde nach Krampnitz verlegt.
Eine derartige Bauaufgabe war nur unter Anwendung
von Normen und Typenbauten erfolgreich zu bewälti-
gen.6 So entstanden im Zeitraum zwischen 1934 und
1938 allein beim Heer 532 Kasernenneubauten mit
einer durchschnittlichen Größe von 12 Hektar,7 474
Offiziersheime und 52 Lazarette.8 Der Flächenbedarf
wird für alle Heereskasernen mit 6.300 Hektar an-
gegeben. Berücksichtigt man zudem noch Luftwaf-
fe und Marine, muß diese Fläche wohl verdrei- oder
vervierfacht werden.9 Allein für die neu aufgestellte
Luftwaffe waren in diesem Zeitraum täglich bis zu
200.000 Arbeitskräfte im Einsatz, hinzukam dieselbe
Zahl in der Zulieferindustrie. Allein die Gesamtfläche
der errichteten Hallen belief sich auf 150.000 Qua-
dratmeter.10 Für Truppenübungsplätze mussten zu-
sätzlich 360.000 Hektar Land beschafft werden.11
Diese Zahlen lassen den Umfang der Aufrüstung al-
lenfalls erahnen, konkreter ist das Beispiel Bayern, für
das die Thematik von Ulrich Heiß detailliert anlässlich
einer Ausstellung aufgearbeitet wurde. Die Reichs-
wehr hatte in Bayern 14.000 Mann in 20 Garnisonen
stationiert. 1938 war deren Zahl auf 50.000 Mann
angestiegen. Allein in Aschaffenburg entstanden vier
neue Kasernen, sechs in Regensburg und in München
waren es gar zwölf neue Kasernen. Von 1933-1937
beanspruchten das Heer 103 Quadratkilometer und
die Luftwaffe 90 Quadratkilometer für militärische
Anlagen in Bayern. Landesweit hatte sich der Gelän-
deverbrauch gegenüber der Reichswehrzeit verdrei-
facht. Eine Abfüllanlage für Giftgasgraten war dabei
mit 250 Hektar die größte Einrichtung. Hinzukamen
62 große, mittlere und kleinere Munitionsanstalten.12
Mit der Lösung dieser gewaltigen Bauaufgabe ging
die waffentechnische Aufrüstung einher. Es kann also
nicht weiter verwundern, dass dies zu gewaltigen Pro-
blemen finanzieller und materieller Art führen musste:
Im Zeitraum von 1935-1938 stiegen die Rüstungs-
ausgaben auf über 15 Milliarden Reichsmark, ent-
sprechend 74 Prozent des Staatshaushaltes, an.13 Die
monatliche Stahlproduktion belief sich im Jahr 1938
auf rd. 1,8 Millionen Tonnen. Der Monatsbedarf von
Wehrmacht und Wirtschaft betrug jedoch rd. 1,91
Millionen Tonnen. Noch dramatischer sahen 1938 die
Zahlen für den Betriebsstoff aus: Im Mobilmachungs-
fall war der Bedarf von Wehrmacht und Wirtschaft
auf 1,65 Millionen Tonnen berechnet worden. Dem
konnte schon die Gesamtproduktionsmenge von 0,9
Millionen Tonnen zu Friedenszeiten in keiner Weise
gerecht worden.14
Nur unter Einsatz unzähliger Zivilarbeiter, Mitgliedern
der Organisation Todt und Bausoldaten ließ sich die
Aufgabe realisieren. Nach Kriegsbeginn wurden an ih-
rer Stelle mehr und mehr Zwangsarbeiter eingesetzt,
nicht zuletzt auch mit dem Ziel „Vernichtung durch
Arbeit". Wurden 1939 schon 303.000 Fremdarbei-
ter und KZ-Häftlinge eingesetzt, so stieg deren Zahl
bis auf 5,65 Millionen, hinzu kamen 1,78 Millionen
Kriegsgefangene.15
Proteste oder gar Widerstand in der Bevölkerung oder
bei den betroffenen Kommunen gegen diese Aufrüs-
tung kamen nicht vor. Das Gegenteil war der Fall, wie
die Beispiele Hannover und Salzwedel belegen. 1937
gab es seitens der Wehrmachtsführung Überlegun-
gen, ein Panzerregiment in Hannover zu stationieren.
Dazu war ein Standortübungsplatz von 450 Hektar
erforderlich. In der hannoverschen Stadtverwaltung
wurden verschiedene Alternativen geprüft, wobei
auch Naturschutzflächen ins Visier der Verwaltung ge-
rieten. In einem Schreiben an den Oberbürgermeister
nahm der Stadtforstmeister dazu eilfertig aber lapidar
Stellung: ,,[...]wenn die Heeresverwaltung erklärt,
daß für ein P.-Regiment aus wehrpolitischen Gründen
nur Hannover als Standort in Frage kommt, dann muß
der Platz unter allen Umständen beschafft werden".16
Das Potsdamer Regierungspräsidium argumentierte in
einem vergleichbaren Fall vollkommen anders. Im Zu-
sammenhang mit der Verlegung der Kavallerieschule
an den Rand des Truppenübungsplatzes Döberitz, hat-
te der Regierungspräsident „stärkste Bedenken" ge-
äußert und sich dahingehend geäußert, das „Gebiet
in seiner jetzigen Unberührtheit zu erhalten".17
Um den Verbleib dieser Kavallerieschule in Hannover
bemühte sich der hannoversche Oberbürgermeister
Menge bereits seit 1935. In einem fünfseitigen Schrei-
ben an Generalmajor Fromm schilderte er einerseits
die Bedeutung der Schule für Hannover, wies aber
andererseits auch auf das finanzielle Engagement der
Stadt für die Schule in den letzten 70 Jahren hin. Einige
Monate später legte Menge dem Reichskriegsminister
vier Vorschläge für Neubauten der Kavallerieschule
nebst Übungsplätzen im Norden Hannovers vor und
bot sogar die Kostenübernahme für ein Sommerlager
an. Die Antwort aus Berlin war zwar negativ, stellte
aber eine Kompensation in Aussicht: „Die mit der
Verlegung für die Stadt Hannover verknüpften wirt-
schaftlichen Nachteile werden, wie bekannt, durch
Neuaufstellung von Truppenteilen aufgewogen".18
Menge ließ nicht locker, mehrfach beschäftigte sich
der Rat der Stadt mit diesem Thema und schließlich
wurde sogar der aus Hannover stammende Reichsbil-
dungsminister Rust um Vermittlung bei Hitler gebe-
ten. Der Oberbürgermeister schrieb„[...]im Übrigen
würde ich es nach wie vor für das Wirkungsvollste hal-
ten, wenn der Führer den Wunsch zu erkennen gibt,
die Kavallerie-Schule nach Möglichkeit in Hannover zu
halten".19 Letztlich war alles vergebens, die Kavalle-
rieschule wurde nach Krampnitz verlegt.