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"Unter der GrasNarbe" <Veranstaltung, 2014, Hannover>; Schomann, Rainer [Editor]; Schormann, Michael Heinrich [Editor]; Wolschke-Bulmahn, Joachim [Editor]; Winghart, Stefan [Editor]; Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Editor]; VGH-Stiftung [Editor]; Zentrum für Gartenkunst und Landschaftsarchitektur [Editor]; Michael Imhof Verlag GmbH & Co. KG [Editor]; Institut für Denkmalpflege [Editor]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Unter der GrasNarbe: Freiraumgestaltungen in Niedersachsen während der NS-Diktatur als denkmalpflegerisches Thema : Dokumentation der Tagung vom 26.-29. März 2014 in Hannover — Petersberg: Michael Imhof Verlag GmbH & Co. KG, Heft 45.2015

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Wolschke-Bulmahn, Joachim: „Ahnenstätten" - eine besondere Kategorie von Friedhöfen in Norddeutschland: ideologische Zusammenhänge und Fragen des Denkmalschutzes
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https://doi.org/10.11588/diglit.51271#0173
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Joachim Wolschke-Bulmahn
„Ahnenstätten" - eine besondere Kategorie von Friedhöfen in Norddeutschland.
Ideologische Zusammenhänge und Fragen des Denkmalschutzes

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nischen Stämme nachweisen. Für Pastor war es ohne
jeden Zweifel, „so gut wie die entscheidenden Völ-
kerwellen kamen auch die entscheidenden Kultur-
wellen vom Norden".7 Pastor glaubte an die, wie er
es nannte, „Lehre von der nordischen Herkunft aller
Kultur".8
Ähnlich wie Pastor beklagte der Kunsthistoriker Josef
Strzygowski, dass der hohe Stand der nordischen Kunst
und die besondere Beziehung der nordischen Völker
zu Natur und Landschaft von der Kunstgeschichte
bisher ignoriert worden seien. Es war schwierig für
Pastor, Strzygowski und andere, Behauptungen
vom „nordischen Ursprung aller Kultur" durch Ver-
weise auf konkrete kulturelle Errungenschaften der
germanischen Stämme in Architektur und Kunst,
die neben denen der Griechen und Römer hät-
ten Bestand haben können, zu erhärten. Ein Ver-
such, dies zu erreichen, war, die kulturellen Errun-
genschaften anderer Völker zu vereinnahmen. Das
wird deutlich, wenn Pastor 1904 in seinem Buch
„Die Erde in der Zeit des Menschen. Versuch einer
naturwissenschaftlichen Kulturgeschichte" behaup-
tete, die antiken griechischen Tempel legten Zeugnis
ab von germanischem Geist. Er schrieb über diese
Tempel:
„Lassen wir aber alle noch unbestimmten Äuße-
rungen beiseite und suchen nach der ersten ganz
klaren, ganz unzweideutigen Kundgebung einer
solchen germanischen Art, so erhebt sich vor uns
ein festes Bild: das Bild des alten griechischen
Tempels. Dieser schlichte Giebelbau, diese gerade
und einfache Kunst, das ist ganz und gar nicht
romanische Art, das ist in jeder Linie germanischer
Geist".9
Ähnlich stellte Heinrich Wiepking (1891-1973),10
einer der führenden Landschaftsarchitekten in der
Zeit des Nationalsozialismus, 1937 über germanische
Hügelgräber auf der Insel Rügen und ihre harmonische
Integration in die Landschaft fest:
„Wir standen am Fuße des Hügelgrabes aus der
germanischen Bronzezeit .Dobberworth', und
eine herrliche Landschaft mit größter Tiefen-
staffelung umgab uns [...] Mit jedem Meter des
Emporsteigens verdoppelten sich scheinbar die
Sichten, und auf dem Gipfel des Grabes wuß-
te ich plötzlich: es ist der gleiche Geist, der die
griechischen Meisterbauten am Mittelmeer er-
richtete! Eine Sehnsucht war erfüllt".11
Ein anderer Weg, die kulturelle Überlegenheit der
Germanen nachzuweisen, war, nicht so sehr ihre
kulturellen Errungenschaften zu betonen, sondern
auf ein spezifisches germanisches Naturgefühl zu


4 Titelseite von Willy Pastor: Aus germanischer Urzeit, Berlin
1907.

verweisen. Pastor leitete eine enge Beziehung zwi-
schen Germanen und der Natur vom Einfluss der
Eiszeit auf Mensch und Natur her. Folgt man Pastor, so
nahmen die Gletscher
„nicht nur den Menschen in die Rassenzucht: auch
in den Bäumen und Pflanzen hielten sie Auslese.
Die Wälder, die mit den Menschen nordwärts zo-
gen, hatten ein anderes Gesicht von einer Eiszeit
zur anderen. Und der europäische Urwald, der
schließlich hervorging als der stärkste aus der
großen Schule, war nicht weniger germanischer,
nordischer Rasse als die Menschen, denen er
folgte [...] Und die Menschenzüge entschieden
sich, ließen sich abdrängen in den freundlicheren
Süden, oder weiter hinauf in den rauheren
Norden. Es war die letzte große Scheidung. Die
letzte und die wichtigste. Nun endlich gelang dem
Planeten die Bildung der Germanen; einer Rasse,
die sich fähig an Körper und an Geist erweisen
sollte, die Geschicke der Menschheit zu leiten".12
Solche abstrusen Ideen über das Germanentum
als Kulturträger der Menschheit wurden auch vom
Gartenarchitekten Willy Lange in seinen Publikationen
über den Naturgarten vertreten. Lange und Pastor
waren miteinander befreundet, beide bezogen sich
in ihren Veröffentlichungen wiederholt aufeinander.
So heißt es zum Beispiel bei Lange: „Die große
 
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