Jörg Kirchner
Alt Rehse und die „Führerschule der Deutschen Ärzteschaft" 1934-1939:
Geschichte und denkmalpflegerische Praxis
In der Zusammenfassung ist folgendes über die
Gestaltung von Alt Rehse festzuhalten: Zurückgreifend
auf ein Repertoire alt vertrauter Motive und Formen
wurde in betont malerischer Anordnung eine Anlage
geschaffen, deren Wohn- und Nutzbauten auf neu-
estem Stand waren, was technische Ausstattung
und eine reizvolle städtebauliche Anordnung betrifft.
Die Fachwerkbauten in Alt Rehse präsentieren in
anmutiger Landschaft eine gebaute Idylle, die ihren
Teil dazu beitrug, dass „Der schöne Schein des Dritten
Reiches"5 entstehen konnte.
Zur denkmalpflegerischen Praxis ist zu berichten, dass
der Erhaltungszustand des Dorfes sehr erfreulich ist. Nur
wenige Bauten weisen störende An- oder Umbauten
auf. Die vorgestellten Bauten sind annähernd aus-
nahmslos als Einzeldenkmale geschützt und die
Einstufung als erhaltenswerte Bauten wird von den
Bewohnern in hohem Maße mitgetragen. Unmut über
denkmalpflegerische Genehmigungsverfahren kommt
natürlich auch vor. Der Unmut macht sich dabei unter
anderem am neu geschaffenen großen Landkreis fest.
Die neue Struktur des Landkreises resultiert aus der
bereits zweiten Kreisgebietsreform in Mecklenburg-
Vorpommern seit 1990. Der 2011 neu geschaffene
Landkreis Mecklenburgische Seenplatte ist mit einer
Fläche von fünfeinhalbtausend Quadratkilometer
der aktuell größte Landkreis in Deutschland. Die Flä-
che der Region Hannover, gebildet aus dem Land-
kreis und der Stadt Hannover, ist im Vergleich nur
halb so groß. Zudem ist der neue Landkreis aus Tei-
len zusammengefügt, die historisch ursprünglich zu
Mecklenburg und solchen, die ursprünglich zu Vor-
pommern gehörten. Für viele Bewohner wird das
Verwaltungsgeschehen durch diese neue Struktur
abstrakter und weniger bodenständig. Die Kolleginnen
der Denkmalschutzbehörde des Landkreises sind für
einen weiten Bereich zuständig. Viele Bewohner wün-
schen sich mehr Präsenz der Behörde und das stärkere
und schnellere Ahnden bei Verstößen gegen das
Denkmalschutzgesetz.
Die Einwohnerschaft in Alt Rehse ist für denkmal-
pflegerische Belange also eher ein Glücksfall. Der
ehemalige Dorfkrug ist zum Dorfgemeinschaftshaus
geworden, wo Versammlungen und Treffen stattfinden
können. Zu erwähnen ist zudem, dass die erste
Chronik über die Geschichte des Dorfes samt seiner
NS-Vergangenheit von engagierten Dorfbewohnern
bereits im Jahr 1982 erarbeitet worden ist.6 Der Text
wurde samt zahlreicher Fotos als Buch veröffentlicht.
Zu Zeiten der DDR war dies keineswegs eine übliche
Weise der Geschichtsschreibung. Allein das Erlangen
von Druckrechten und Druckkapazitäten war ein
mühsames und selten erfolgreiches Unterfangen.
Nach der Wende dokumentierte der langjährige Bür-
germeister Dr. Wolfgang Köpp die Geschichte von
Alt Rehse unter dem Titel „Ein Dorf in Licht und
Schatten" in detaillierter Weise.7 Außerdem besteht
im Ort seit 2001 der Verein „Erinnerungs-, Bildungs-
und Begegnungsstätte Alt Rehse", der verdienstvolle
Arbeit leistet. Im Alten Gutshaus wird eine Ausstellung
zur Geschichte des Ortes gezeigt, und es besteht ein
Projekt zum Ausbau des Hauses zur Bildungs- und
Begegnungsstätte samt Übernachtungsmöglichkeiten.
Fördermittel des Bundes für das Vorhaben stehen in
Aussicht.
Trotz des umfangreichen Verständnisses für die denk-
malpflegerischen Belange hat die Landesdenkmal-
pflege in einem wichtigen Fall auf Granit gebissen.
Das Landesamt für Kultur und Denkmalpflege hat
sich über Jahre darum bemüht, die Anlage als einen
Denkmalbereich auszuweisen und damit den Schutz
auch auf die Freiflächen auszuweiten. In Anhörungen
und Dorfversammlungen wurde der historische Wert
der Siedlung erläutert und dafür geworben, dass
auch der Siedlungscharakter einen Schutzgegenstand
darstelle und die Freiflächen schützenswerte Teile
seien. Laut Denkmalschutzgesetz des Landes Meck-
lenburg-Vorpommern hängt die Ausweisung von
Denkmalschutzbereichen jedoch nicht von der fach-
lichen Beurteilung ab. Die Zustimmung der Ge-
meinde und des Landkreises sind zum Erlass einer
Denkmalbereichsverordnung die Voraussetzungen.
Die abschließende Bürgerversammlung zu diesem
Thema im Dezember 2013 erbrachte schließlich eine
Ablehnung für die Denkmalbereichsverordnung. Man
kam zu dem Ergebnis, dass man lieber in der Ge-
meinde für den Erhalt des Dorfes sorgen wolle. Der
Landkreis und die Landesregierung seien weit weg.
Man würde auch ohne Gesetz für das eigene Dorf
sorgen, so Stimmen der Bewohner. Ein letztlich nicht
schlechtes Ergebnis im Bemühen um diese wertvolle
Dorfanlage. Denn das Wichtigste ist es immer noch,
dass den Bürgern die Bedeutung ihres Dorfes bekannt
ist und sie überzeugt sind, dass es sich lohnt, das
Überkommene zu erhalten.
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Alt Rehse und die „Führerschule der Deutschen Ärzteschaft" 1934-1939:
Geschichte und denkmalpflegerische Praxis
In der Zusammenfassung ist folgendes über die
Gestaltung von Alt Rehse festzuhalten: Zurückgreifend
auf ein Repertoire alt vertrauter Motive und Formen
wurde in betont malerischer Anordnung eine Anlage
geschaffen, deren Wohn- und Nutzbauten auf neu-
estem Stand waren, was technische Ausstattung
und eine reizvolle städtebauliche Anordnung betrifft.
Die Fachwerkbauten in Alt Rehse präsentieren in
anmutiger Landschaft eine gebaute Idylle, die ihren
Teil dazu beitrug, dass „Der schöne Schein des Dritten
Reiches"5 entstehen konnte.
Zur denkmalpflegerischen Praxis ist zu berichten, dass
der Erhaltungszustand des Dorfes sehr erfreulich ist. Nur
wenige Bauten weisen störende An- oder Umbauten
auf. Die vorgestellten Bauten sind annähernd aus-
nahmslos als Einzeldenkmale geschützt und die
Einstufung als erhaltenswerte Bauten wird von den
Bewohnern in hohem Maße mitgetragen. Unmut über
denkmalpflegerische Genehmigungsverfahren kommt
natürlich auch vor. Der Unmut macht sich dabei unter
anderem am neu geschaffenen großen Landkreis fest.
Die neue Struktur des Landkreises resultiert aus der
bereits zweiten Kreisgebietsreform in Mecklenburg-
Vorpommern seit 1990. Der 2011 neu geschaffene
Landkreis Mecklenburgische Seenplatte ist mit einer
Fläche von fünfeinhalbtausend Quadratkilometer
der aktuell größte Landkreis in Deutschland. Die Flä-
che der Region Hannover, gebildet aus dem Land-
kreis und der Stadt Hannover, ist im Vergleich nur
halb so groß. Zudem ist der neue Landkreis aus Tei-
len zusammengefügt, die historisch ursprünglich zu
Mecklenburg und solchen, die ursprünglich zu Vor-
pommern gehörten. Für viele Bewohner wird das
Verwaltungsgeschehen durch diese neue Struktur
abstrakter und weniger bodenständig. Die Kolleginnen
der Denkmalschutzbehörde des Landkreises sind für
einen weiten Bereich zuständig. Viele Bewohner wün-
schen sich mehr Präsenz der Behörde und das stärkere
und schnellere Ahnden bei Verstößen gegen das
Denkmalschutzgesetz.
Die Einwohnerschaft in Alt Rehse ist für denkmal-
pflegerische Belange also eher ein Glücksfall. Der
ehemalige Dorfkrug ist zum Dorfgemeinschaftshaus
geworden, wo Versammlungen und Treffen stattfinden
können. Zu erwähnen ist zudem, dass die erste
Chronik über die Geschichte des Dorfes samt seiner
NS-Vergangenheit von engagierten Dorfbewohnern
bereits im Jahr 1982 erarbeitet worden ist.6 Der Text
wurde samt zahlreicher Fotos als Buch veröffentlicht.
Zu Zeiten der DDR war dies keineswegs eine übliche
Weise der Geschichtsschreibung. Allein das Erlangen
von Druckrechten und Druckkapazitäten war ein
mühsames und selten erfolgreiches Unterfangen.
Nach der Wende dokumentierte der langjährige Bür-
germeister Dr. Wolfgang Köpp die Geschichte von
Alt Rehse unter dem Titel „Ein Dorf in Licht und
Schatten" in detaillierter Weise.7 Außerdem besteht
im Ort seit 2001 der Verein „Erinnerungs-, Bildungs-
und Begegnungsstätte Alt Rehse", der verdienstvolle
Arbeit leistet. Im Alten Gutshaus wird eine Ausstellung
zur Geschichte des Ortes gezeigt, und es besteht ein
Projekt zum Ausbau des Hauses zur Bildungs- und
Begegnungsstätte samt Übernachtungsmöglichkeiten.
Fördermittel des Bundes für das Vorhaben stehen in
Aussicht.
Trotz des umfangreichen Verständnisses für die denk-
malpflegerischen Belange hat die Landesdenkmal-
pflege in einem wichtigen Fall auf Granit gebissen.
Das Landesamt für Kultur und Denkmalpflege hat
sich über Jahre darum bemüht, die Anlage als einen
Denkmalbereich auszuweisen und damit den Schutz
auch auf die Freiflächen auszuweiten. In Anhörungen
und Dorfversammlungen wurde der historische Wert
der Siedlung erläutert und dafür geworben, dass
auch der Siedlungscharakter einen Schutzgegenstand
darstelle und die Freiflächen schützenswerte Teile
seien. Laut Denkmalschutzgesetz des Landes Meck-
lenburg-Vorpommern hängt die Ausweisung von
Denkmalschutzbereichen jedoch nicht von der fach-
lichen Beurteilung ab. Die Zustimmung der Ge-
meinde und des Landkreises sind zum Erlass einer
Denkmalbereichsverordnung die Voraussetzungen.
Die abschließende Bürgerversammlung zu diesem
Thema im Dezember 2013 erbrachte schließlich eine
Ablehnung für die Denkmalbereichsverordnung. Man
kam zu dem Ergebnis, dass man lieber in der Ge-
meinde für den Erhalt des Dorfes sorgen wolle. Der
Landkreis und die Landesregierung seien weit weg.
Man würde auch ohne Gesetz für das eigene Dorf
sorgen, so Stimmen der Bewohner. Ein letztlich nicht
schlechtes Ergebnis im Bemühen um diese wertvolle
Dorfanlage. Denn das Wichtigste ist es immer noch,
dass den Bürgern die Bedeutung ihres Dorfes bekannt
ist und sie überzeugt sind, dass es sich lohnt, das
Überkommene zu erhalten.
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