Laseroptik am Baudenkmal - ein Beitrag zum Erhalt steinerner
Kulturgüter
Klaus Hinsch1
Einleitung
Wer im Juli 1988 die Ev.-ref. Kirche in Krummhörn-Eilsum,
Ldkr. Aurich, besuchte, vielleicht, um einen Blick auf die mittel-
alterlichen Wandmalereien zu werfen, mag sich über verschie-
denartige wissenschaftliche Geräte im Kirchenschiff gewun-
dert haben. So konnte er hinter der Orgel einen Meßkopf
entdecken, ein aus einigen quadratischen Aluminiumwürfeln
von ca. 10 cm Kantenlänge zusammengesetztes winkelförmi-
ges Gerät, das an drei Drahtseilen von einem Dübel gehalten
an der Wand hing (Abb. 1). Bei genauerem Hinsehen ließen
sich im Innern der teilweise offenen Würfel Linsen, Spiegel
oder Glasplatten entdecken, auf der Achse befand sich eine
miniaturisierte Videokamera und diverse Kabel führten zu ei-
nem computergesteuerten Meßstand (Abb. 2). Ein Schild
warnte vor Laserstrahlung.
1 Laseroptischer Meßkopf zur Registrierung von Wandverformun-
gen.
2 Computergesteuerter Meßstand zur vollautomatischen Kontrolle
laseroptischer Verformungsmessungen.
Bei diesem Aufbau handelte es sich um einen ersten Versuch,
in einer Kirche unter den natürlichen Umgebungsbedingungen
die winzig kleinen Verformungen und Bewegungen zu mes-
sen, mit denen die Komponenten eines Bauwerkes auf die
ständig wechselnde Beanspruchung durch die Umwelt rea-
gieren. Zeugnis solcher Vorgänge in der Eilsumer Kirche ist
das vielfach verästelte Netz feiner Risse durch Mauerwerk,
Putz und Malerei (Abb. 3), sind die abblätternden Farbschich-
ten und die über Salzausblühungen wachsenden Beulen.
Wärme, Kälte, Trockenheit und Feuchtigkeit folgen im Tages-
und Jahresrhythmus aufeinander oder werden bei der Nut-
zung der Kirche, zum Beispiel während des Gottesdienstes,
erzeugt. Schadstoffe aus Luft und Baumaterialien oder als
Stoffwechselprodukte von Mikroorganismen dringen in das
Mauerwerk. Am Ende solcher Prozesse steht die mechani-
sche Lockerung der Bestandteile von Steinverbund oder Bau-
teil, bis sich schließlich die Verbindungen lösen, sichtbare
Risse entstehen und Farbschichten oder ganze Putzpartien
herabfallen.
Das Bundesministerium für Forschung und Technologie
(BMFT) hat in seinem Verbundprojekt „Schäden an Wandma-
lereien” unter Federführung des Instituts für Denkmalpflege
beim Niedersächsischen Landesverwaltungsamt ein umfas-
sendes Studium der zerstörerischen Prozesse an den Male-
reien initiiert.2 Sind diese Vorgänge erst verstanden, so lassen
sich auch Maßnahmen zu Konservierung oder Restaurierung
gezielt entwickeln. Der Lasermeßtechnik kommt in diesem
Projekt die Aufgabe zu, durch Bestimmung der winzig kleinen
Mikroverschiebungen in Bauteil, Steinverbund oder Mal-
schicht festzustellen, wie die Umweltfaktoren einwirken, wo
die schwachen Stellen im Baudenkmal liegen und wie die
Wirkung konservierender oder restaurierender Maßnahmen
ist. Neben grundlegenden Untersuchungen im Labor sind
auch direkte Messungen am Bauwerk gefordert. Eines der
ersten praktischen Studienobjekte ist die Ev.-ref. Kirche in
Eilsum.
Das Meßverfahren:
Laserlicht als Mikromaßstab
Laseroptische Mikromeßtechnik benutzt Licht als Maßstab,
mit dem Änderungen in der Topographie der rauhen Oberflä-
che eines Bauteils vermessen werden. Um die zu erwartenden
Verformungen von der Größenordnung eines millionstel Meter
(Mikrometer um) bestimmen zu können, muß ein entspre-
chend fein geteilter Maßstab gewählt werden. Bei Verwen-
dung von Laserlicht sind die „Meßmarken” im Abstand der
Lichtwellenlänge gesetzt, die je nach Farbe des Lichtes zwi-
schen 0,4 und 0,7 Mikrometer, bei Verwendung von Infrarot-
strahlung bei ungefähr 0,8 Mikrometer liegt. Laserstrahlung
ist deshalb erforderlich, weil nur bei ihr eine einzige genau
definierte Wellenlänge vorliegt.
Die Besonderheiten von Laserlicht bei der Beobachtung einer
rauhen Oberfläche, zum Beispiel eines Steinplättchens aus
Krensheimer Muschelkalk, werden in den Fotografien von
Abb. 4 sehr deutlich: Hier sind nebeneinander gestellt zwei
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Kulturgüter
Klaus Hinsch1
Einleitung
Wer im Juli 1988 die Ev.-ref. Kirche in Krummhörn-Eilsum,
Ldkr. Aurich, besuchte, vielleicht, um einen Blick auf die mittel-
alterlichen Wandmalereien zu werfen, mag sich über verschie-
denartige wissenschaftliche Geräte im Kirchenschiff gewun-
dert haben. So konnte er hinter der Orgel einen Meßkopf
entdecken, ein aus einigen quadratischen Aluminiumwürfeln
von ca. 10 cm Kantenlänge zusammengesetztes winkelförmi-
ges Gerät, das an drei Drahtseilen von einem Dübel gehalten
an der Wand hing (Abb. 1). Bei genauerem Hinsehen ließen
sich im Innern der teilweise offenen Würfel Linsen, Spiegel
oder Glasplatten entdecken, auf der Achse befand sich eine
miniaturisierte Videokamera und diverse Kabel führten zu ei-
nem computergesteuerten Meßstand (Abb. 2). Ein Schild
warnte vor Laserstrahlung.
1 Laseroptischer Meßkopf zur Registrierung von Wandverformun-
gen.
2 Computergesteuerter Meßstand zur vollautomatischen Kontrolle
laseroptischer Verformungsmessungen.
Bei diesem Aufbau handelte es sich um einen ersten Versuch,
in einer Kirche unter den natürlichen Umgebungsbedingungen
die winzig kleinen Verformungen und Bewegungen zu mes-
sen, mit denen die Komponenten eines Bauwerkes auf die
ständig wechselnde Beanspruchung durch die Umwelt rea-
gieren. Zeugnis solcher Vorgänge in der Eilsumer Kirche ist
das vielfach verästelte Netz feiner Risse durch Mauerwerk,
Putz und Malerei (Abb. 3), sind die abblätternden Farbschich-
ten und die über Salzausblühungen wachsenden Beulen.
Wärme, Kälte, Trockenheit und Feuchtigkeit folgen im Tages-
und Jahresrhythmus aufeinander oder werden bei der Nut-
zung der Kirche, zum Beispiel während des Gottesdienstes,
erzeugt. Schadstoffe aus Luft und Baumaterialien oder als
Stoffwechselprodukte von Mikroorganismen dringen in das
Mauerwerk. Am Ende solcher Prozesse steht die mechani-
sche Lockerung der Bestandteile von Steinverbund oder Bau-
teil, bis sich schließlich die Verbindungen lösen, sichtbare
Risse entstehen und Farbschichten oder ganze Putzpartien
herabfallen.
Das Bundesministerium für Forschung und Technologie
(BMFT) hat in seinem Verbundprojekt „Schäden an Wandma-
lereien” unter Federführung des Instituts für Denkmalpflege
beim Niedersächsischen Landesverwaltungsamt ein umfas-
sendes Studium der zerstörerischen Prozesse an den Male-
reien initiiert.2 Sind diese Vorgänge erst verstanden, so lassen
sich auch Maßnahmen zu Konservierung oder Restaurierung
gezielt entwickeln. Der Lasermeßtechnik kommt in diesem
Projekt die Aufgabe zu, durch Bestimmung der winzig kleinen
Mikroverschiebungen in Bauteil, Steinverbund oder Mal-
schicht festzustellen, wie die Umweltfaktoren einwirken, wo
die schwachen Stellen im Baudenkmal liegen und wie die
Wirkung konservierender oder restaurierender Maßnahmen
ist. Neben grundlegenden Untersuchungen im Labor sind
auch direkte Messungen am Bauwerk gefordert. Eines der
ersten praktischen Studienobjekte ist die Ev.-ref. Kirche in
Eilsum.
Das Meßverfahren:
Laserlicht als Mikromaßstab
Laseroptische Mikromeßtechnik benutzt Licht als Maßstab,
mit dem Änderungen in der Topographie der rauhen Oberflä-
che eines Bauteils vermessen werden. Um die zu erwartenden
Verformungen von der Größenordnung eines millionstel Meter
(Mikrometer um) bestimmen zu können, muß ein entspre-
chend fein geteilter Maßstab gewählt werden. Bei Verwen-
dung von Laserlicht sind die „Meßmarken” im Abstand der
Lichtwellenlänge gesetzt, die je nach Farbe des Lichtes zwi-
schen 0,4 und 0,7 Mikrometer, bei Verwendung von Infrarot-
strahlung bei ungefähr 0,8 Mikrometer liegt. Laserstrahlung
ist deshalb erforderlich, weil nur bei ihr eine einzige genau
definierte Wellenlänge vorliegt.
Die Besonderheiten von Laserlicht bei der Beobachtung einer
rauhen Oberfläche, zum Beispiel eines Steinplättchens aus
Krensheimer Muschelkalk, werden in den Fotografien von
Abb. 4 sehr deutlich: Hier sind nebeneinander gestellt zwei
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