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Möller, Hans-Herbert [Hrsg.]; Institut für Denkmalpflege [Hrsg.]; Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Hrsg.]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Schäden an Wandmalereien und ihre Ursachen: ein Forschungsprojekt des Bundesministers für Forschung und Technologie; aktuelle Vorberichte zu den ersten interdisziplinären Befunden — [Hannover]: Inst. für Denkmalpflege, Heft 8.1990

DOI Heft:
Die Alte Kirche in Idensen
DOI Artikel:
Pfeiffer, Marita: Architektur als Zitat - die Chorapsis
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.50505#0072
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4 Chorjocharkade und Anschluß der westlichen Apsisarkade, Süd-
wand.



5 Chorjocharkade, Südwand.

auf das Schema der Wandabwicklung von Apsis und Chorjoch
(Abb. 6) läßt den Grund für die enge Anbindung der Chorjo-
charkaden an die Apsismauer erkennen: Wie von einer durch-
laufenden, über acht Säulen gebildeten Arkatur gegliedert,
erscheinen Apsis und Chorjoch als architektonische Raumein-
heit.5
Bereits Wilhelm Lübke (1853) bemerkte bezüglich der Chor-
apsis der Sigwardskirche „eine sehr graciöse Detaillierung der
Hauptnische, welche durch Wandarkaden, die auf Säulchen
ruhen, belebt wird”.6 Auch C. W. Hase (1861) verwies auf den
„zierliche(n) Schmuck der Wandarkaden der inneren Seite der
Apsis”7 und hob dieses Gliederungsmotiv bereits als „wohl
das einzige Beispiel unter den romanischen Kirchen Nieder-
sachsens und Westphalens” hervor, wie es vergleichsweise
„zunächst nur an rheinischen Kirchen der Übergangszeit" zu
finden sei.8 Doch blieb es in der Folge zunächst bei beschrei-
benden Darstellungen. Erst Richard Hartleb (1983) macht
einen konkreten Herleitungsversuch, indem er die Arkadenge-
staltung in Idensen auf die Apsisgliederung der südfranzösi-
schen Bischofskirche in Maguelone zurückführt.9 Böker
(1987) dagegen vergleicht die Wandarkatur der Sigwardskir-
che in Idensen in ihrer Systematik mit rheinischen Apsisgliede-
rungen, insbesondere mit der der St. Georgskirche in Köln.10
Motivisch sieht er die Arkatur in Idensen in der Tradition der
Wandgliederung der Speyerer Domapsis.11 Doch differieren,
wie zu zeigen sein wird, die salischen Apsisgliederungen und
die Säulenarkatur der Chorapsis in Idensen wesentlich in
ihrem systematischen Aufbau.
Die Speyerer Domapsis (Bau II)12 ist über halbkreisförmigem
Grundriß errichtet und wird im Innern durch sieben rundbogige
Arkaden gegliedert. Von dieser Arkatur setzt sich die Halbkup-

pel der Apsis deutlich durch einen breiten Wandstreifen und
ein hohes Gebälk ab. Im Unterschied zu Idensen ist somit
die Arkatur in Speyer allein als Wandgliederung formuliert und
als solche nicht auf das Gewölbe bezogen.
Während die Apsisarkaden in Speyer auf langgestreckten
Halbsäulen ruhen,13 bewahren die vollplastischen Stützen in
der Apsis der Sigwardskirche ihre Säulenproportionen da-
durch, daß sie auf Postamente gesetzt sind.14 Auf diese Weise
wird innerhalb des Sigwardbaues zwischen den Säulen, die
die Apsiskalotte aufnehmen und den Gewölbediensten des
Langhauses, die als langgestreckte Dreiviertelsäulen gestaltet
sind, unterschieden (Abb. 4). Nicht zuletzt aufgrund dieser
Differenzierung können die freistehenden, auf Postamenten
ruhenden Säulen als Motive verstanden werden, die - im
Sinne einer Hierarchisierung innerhalb des Kirchenraumes -
die Apsis gegenüber dem Langhaus auszeichnen. Ein weiterer
Unterschied der Gliederungssysteme besteht darin, daß die
Arkadenbögen in Idensen - wie wir sahen - auf vollplastischen
Stützen, in Speyer dagegen auf Halbsäulen ruhen,15 die einer
Rücklage - in diesem Fall der Wand - bedürfen und als deren
Gliederungselemente nicht losgelöst davon zu betrachten
sind.
Insbesondere durch die Verwendung der von der Wand abge-
setzten Vollsäulen unterscheidet sich die Arkatur der Chor-
apsis in Idensen auch von der ursprünglichen Apsisgliederung
der Kölner St. Georgskirche. Deren Apsis ist im Innern eine
über fünf Seiten eines regelmäßigen Zehnecks gebrochene
Wandschicht vorgelegt, in die in zweigeschossiger Anordnung
jeweils fünf rundbogige Wandfelder eingetieft sind.16 Die zwi-
schen den Wandfeldern verbleibenden senkrechten Wand-
streifen erscheinen als geknickte Lisenen, die mit einem
Kämpfer abschließen. Unmittelbar darauf setzt die Apsiska-

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