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Möller, Hans-Herbert [Hrsg.]; Institut für Denkmalpflege [Hrsg.]; Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Hrsg.]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Schäden an Wandmalereien und ihre Ursachen: ein Forschungsprojekt des Bundesministers für Forschung und Technologie; aktuelle Vorberichte zu den ersten interdisziplinären Befunden — [Hannover]: Inst. für Denkmalpflege, Heft 8.1990

DOI Heft:
Die Alte Kirche in Idensen
DOI Artikel:
Pfeiffer, Marita: Architektur als Zitat - die Chorapsis
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https://doi.org/10.11588/diglit.50505#0075
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Translation in die Benediktinerabtei in Helmarshausen im Jahre
1107 - zu den frühesten und wesentlichen,43 nicht zuletzt
deshalb, weil sie sogar die Wahl des Hauptpatroziniums der
Kirche in Idensen bestimmte.
Die Übertragung der Kölner Jungfrauenreliquien manifestierte
sich aber in Idensen - wie gezeigt wurde - nicht allein in der
Wahl des Patroziniums der 11000 Jungfrauen, sondern wirkte
auch auf die Gestaltung der Kirchenarchitektur und deren
Ausmalung. Bedurfte es im Langhaus zur Wiedergabe der
Jungfrauenlegende des Mediums der Malerei, so galt es im
Chor durch die Architektur einen traditionsreichen Ort der
Verehrung jener kölnischen Märtyrerinnen - St. Maria im Kapi-
tol44 - zu vergegenwärtigen. Aber erst, wenn wir die Apsisar-
chitekturalsein kölnisches Zitat verstehen, werden die Malerei
und die Architektur als ein gemeinsames, auf die Verehrung
der kölnischen Jungfrauen ausgerichtetes Programm erfahr-
bar.

Anmerkungen
1 Grundlegend ist die Arbeit von R. Ehmke: Der Freskenzyklus in
Idensen, Bremen-Horn 1958.
2 Siehe dazu M. Lausmann: Niedersachsens älteste Wandmalereien
in Idensen. In: H.-H. Möller (Hg.), Restaurierung von Kulturdenk-
malen. Berichte zur Denkmalpflege in Niedersachsen, Beihefte 2,
1989, S. 191-196.
3 Der vorliegende Text ist eine Zusammenfassung vorläufiger For-
schungsergebnisse aus meiner Dissertation „Idensen. Die Gra-
beskirche des Bischofs Sigward von Minden.” (Arbeitstitel), die
ich voraussichtlich 1990 abschließen werde.
4 Der Begriff „Baldachin” sei hier verstanden im Sinne von Sedl-
mayrs Beschreibung „eines (antiken) Baldachins mit Hüllwänden;
vgl. H. Sedlmayr: Die Entstehung der Kathedrale, Zürich 1950,
S. 51. Nach Sedlmayr sind gemäß der „hochantiken Auffassung"
die Wände „das primäre, den Raum konstituierende Element, den
ein .Deckel1, ein schwebender .Schirm' oder ein Baldachin nur
nachträglich nach oben schließt”; vgl. ders., Epochen und Werke.
Gesammelte Schriften zur Kunstgeschichte, Bd. 1, Wien/München
1959, S. 93.
5 Auf die Raumeinheit von Apsis und Chorjoch verwies bereits H.
W. H. Mithoff: Kunstdenkmale und Altertümer im Hannoverschen,
Hannover 1871. „Durch eine Fortsetzung dieser Arkaden bis zur
Grenze des Querhauses ist der zwischen letzterem und Apsis
liegende, von einem breiten Gurtbogen überspannte Raum als
Zubehör der Apsis behandelt und dadurch ein freier Raum vor
dem Altar geschaffen;” ebenda, S. 109.
6 W. Lübke: Die mittelalterliche Kunst in Westfalen, Leipzig 1853,
S. 223.
7 C. W. Hase: Die Kirche in Idensen bei Wunstorf. In: Die mittelalterli-
chen Baudenkmäler Niedersachsens, hrsg. von dem Architekten-
und Ingenieur-Verein für das Königreich Hannover, Hannover 1861,
Bd. 1, S. 136.
8 Vgl. ebenda, S. 136.
9 Vgl. R. Hartleb: Idensen. Unveröffentlichtes Manuskript, 1983.
Hartleb greift die These von H. Feldtkeller auf, der die Kirche in
Idensen „auch ohne historische Belege” auf die Bischofskirche
St. Pierre in Maguelone bezieht; vgl. H. Feldtkeller: Kleine romani-
sche Basiliken im Waldeckisch-Hessischen Gebiet, insbesondere
die Kirche in Twiste und ihre Beziehungen zu Westfalen. In: Westfa-
len 25, 1940, Heft 6, S. 150. Auf die Untersuchungen Hartlebs
kann im folgenden nicht näher eingegangen werden.
10 H. J. Böker: Idensen. Unveröffentlichtes Manuskript, 1987. Ich
danke Herrn Dr. Hans Josef Böker für die freundliche Überlassung
seines Manuskriptes.
11 Vgl. ebenda.
12 Im Rahmen der von Kaiser Heinrich IV. initiierten Umbaumaßnah-
men am Dom zu Speyer waren das östliche Chorjoch und die
Hauptapsis des basilikalen Gründungsbaues (Bau I: 1025-1061)
durch Neubauten ersetzt worden. Die Errichtung der neuen

Hauptapsis um 1082 stand am Anfang jener zweiten großen, bis
in das Jahr 1106 andauernden Bauperiode des Speyerer Kaiserdo-
mes (Bau II: 1082-1106), deren Höhepunkt die Einwölbung des
bis dahin flachgedeckten Mittelschiffes war.
13 Die Arkadengliederung der Domapsis und insbesondere auch das
Motiv der langgestreckten Halbsäulen wurde aus der Mittelschiffs-
gliederung des Speyerer Domes (Bau I) übernommen. Vgl. H. E.
Kubach: Die Wandsysteme des Speyerer Domes. In: Gedenk-
schrift Ernst Gall, hrsg. von M. Kühn / L. Grodecki, München/
Berlin 1965, S. 23 u. 27.
14 Eine mit den freistehenden, auf Postamenten ruhenden Säulen
der Sigwardskirche vergleichbare Gestaltung findet sich in der
Afrakapelle (1111) des Domes zu Speyer; dort sind die Gewölbeträ-
ger als vollplastische Säulen ausgebildet, die - auf eine Sockel-
bank gesetzt - die Säulenproportionen bewahren.
15 In der Speyerer Domapsis sind die Halbsäulen im unteren Sok-
kelgeschoß unmittelbar vor die Wand gesetzt, im Obergaden wer-
den sie von flachen Lisenen hinterfangen.
16 Die ursprüngliche Gliederung der Apsis rekonstruierten W. Schorn
und A. Verbeek: Die Kirche St. Georg in Köln, Berlin 1940,
S. 25-30. In der heutigen Chorapsis ist lediglich das mittlere
Wandfeld nach dem ursprünglichen Baubefund rekonstruiert; vgl.
A. Verbeek: St. Georg. In: Stadtspuren, Köln: Die romanischen
Kirchen von den Anfängen bis zum Zweiten Weltkrieg, hrsg. von
H. Kier / U. Krings, Bd. 1, Köln 1984, S. 259.
17 Vgl. H. J. Böker, unveröffentlichtes Manuskript, 1987. Neben der
Chorapsis der St. Georgskirche vergleicht Böker auch die zwi-
schen 1151-1156, also nach dem Sigwardsbau, errichtete Apsis
der St. Gereonskirche in Köln in ihrer Gliederungssystematik mit
der Chorapsis in Idensen. Im Hinblick auf den Typus des nieder-
rheinischen „Etagenchores” assoziiert Böker mit dem „Idenser
Chor” einen „auf den Boden gesetzten Obergaden eines Chores”;
vgl. ebenda.
18 Der Blick auf die Architektur der Umgangschöre in Frankreich
kann hier zunächst ausbleiben, da sich die Reisetätigkeiten und
politischen Aktivitäten des Bischofs Sigward von Minden auf das
deusche Reichsgebiet beschränkten, so daß dieser bei der Kon-
zeption seiner Kirche in Idensen wohl kaum auf französische Vor-
bilder zurückgegriffen haben wird.
19 H. Rahtgens: St. Maria im Kapitol zu Köln, Düsseldorf 1913; siehe
auch U. Krings: St. Maria im Kapitol. Die Bautätigkeit des Mittelal-
ters und der Neuzeit bis zum Zweiten Weltkrieg. In: Stadtspuren
Köln, Bd. 1, 1984 (wie Anm. 16), S. 345-380.
20 Vgl. Rahtgens (wie Anm. 19), S. 118-122.
21 Rahtgens hält allerdings vom Plan her für die Vierung eine Kuppel-
wölbung für beabsichtigt; vgl. ebenda, S. 119.
22 Die Weiterführung der Arkatur von der Apsisrundung in den gerad-
linigen Teil des Chores stellt als solche keine Besonderheit dar,
findet sie sich doch seit dem Anfang des 11. Jahrhunderts ebenso
an verschiedenen Umgangschorarchitekturen in Frankreich; vgl.
ebenda, S. 123.
23 Vgl. ebenda, S. 122.
24 Rahtgens verwies in diesem Zusammenhang bereits darauf, daß
durchlaufende Säulenarkaturen in Binnenchören insbesondere
dann zu finden sind, wenn an die Apsis ein gleichhohes, gewölbtes
Chorjoch anschließt, so daß auf einen Gurtbogen verzichtet wer-
den kann. Da bei einer derartigen Konstruktion bis auf kleine
Aufmauerungen auch eine Giebelmauer fehlt, werden die Lasten
verringert, so daß es möglich ist, am Übergang von der Apsis
zum Chorjoch Säulen statt Pfeiler anzuordnen; vgl. ebenda
S. 117 u. 122f.
25 Vergleichbar mit der ursprünglichen Gestaltung des Binnenchores
von St. Maria im Kapitol ist der Binnenchor von St. Godehard in
Hildesheim (1133), dessen Obergaden ebenfalls ungegliedert ist.
Auch die Binnenchorarkatur orientiert sich vermutlich an derjeni-
gen von St. Maria im Kapitol. Diesen Aspekt gilt es jedoch noch
näher zu untersuchen. H.-J. Kunst schließt generell französische
Vorbilder für die Umgangschorgestaltung von St. Godehard in
Hildesheim aus; vgl. ders.: Aspekte zu einer Geschichte der mittel-
alterlichen Kirchenarchitektur in den niedersächsischen Städten.
In: Cord Meckseper (Hg.), Stadt im Wandel. Kunst und Kultur des

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