Overview
Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Hrsg.]; Institut für Denkmalpflege [Hrsg.]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Der Rammelsberg — Hannover: Inst. für Denkmalpflege, Heft 9.1992

DOI Heft:
Denkmalpflegerisches Erhaltungskonzept
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.51149#0042
Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
aufgrund dieser besonderen Eigenart das
denkmalpflegerische Erhaltungskonzept völlig
identisch mit einem in sich schlüssigen Kon-
zept für ein Schaubergwerk mit ergänzendem
Museumsangebot.
Die ganz bewußte Wortwahl „Schaubergwerk
mit ergänzendem Museumsangebot“ be-
schrieb bereits programmatisch die Zielset-
zung des Konzeptes. Am Rammeisberg bot
sich die einzigartige Möglichkeit, das von der
Preussag in tadellosem Zustand erhaltene
Bergwerk so zu präsentieren, als ob gestern
erst der Betrieb eingestellt worden wäre. Der
ganz besondere Wert des Rammeisberges
liegt im Gegensatz zu den Bergwerken anderer
historischer Bergbauregionen, wie z. B. Frei-
berg in Sachsen, in der über ein Jahrtausend
fast lückenlos bis heute an Originalschau-
plätzen zu verdeutlichenden Bergbauge-
schichte, an Erzgewinnungs- und Erzaufberei-
tungsmethoden und weniger, obwohl auch
hier einige ausgezeichnete Stücke vorhanden
sind, in dem die Bergbautradition betreffenden
Gebiet.
Aufgrund der besonderen Eigenart techni-
scher oder industrieller Denkmale ist infolge
der rasanten technischen Entwicklung die Er-
haltung dieser Denkmalgattung mit ihren ma-
schinellen Ausstattungen „in situ“ nur selten
möglich. Diese Dokumente, die die materiellen
Voraussetzungen für jegliche kulturelle Ent-
wicklung geschaffen haben, werden, wenn
überhaupt, in der Regel in den zahlreichen
neuen Technikmuseen zusammengeführt.
Diese museale Präsentation von „Sammlun-
gen“ ist jedoch regelmäßig nur die zweitbeste
Lösung, da die ausgestellten Gegenstände
stets aus dem Zusammenhang herausgelöst,
das heißt, in die räumliche Isolation versetzt
sind, wo sie dem Betrachter lediglich noch
einen geringen Teil derjenigen Informationen
vermitteln, die er nur am originalen Standort
hätte authentisch erhalten können. Am Ram-
melsberg ist dieses Herauslösen nicht nötig,
da Betriebseinrichtung und Museum völlig
identisch sind. Dieses ist die besondere Quali-
tät des Kulturdenkmales Rammeisberg.
Das denkmalpflegerische Erhaltungskonzept,
das dem Rat der Stadt Goslar zwei Monate vor
der Stillegung des Rammeisberges vorgestellt

wurde, umfaßte denn auch die untertägigen
und übertägigen Anlagen des Bergwerkes so-
wie seine Ausstattung. Leitlinie des Konzeptes
ist gewesen, den modernen Bergbau im Tages-
förderstreckenniveau an Originalschauplätzen
zu verdeutlichen und dort auch den durch das
Absaufen des Grubengebäudes unwieder-
bringlich zerstörten modernen Bergbau durch
Inszenierungen mit Originalausstattungsstük-
ken in historisch authentischer Umgebung di-
daktisch aufbereitet als „denkmalpflegerische
Ersatzmaßnahme“ darzustellen. Dieser Kon-
zeption folgend soll zum Beispiel, nach dem
Anlegen von Schutzkleidung in der großen
Waschkaue (Abb. 119, 120), mit der Gruben-
bahn durch die Tagesförderstrecke mit ihrem
unterschiedlichen Ausbau (Abb. 142-145) ein-
gefahren werden können. Nach einigen Be-
sichtigungsstationen führt der Weg zu Fuß zur
untertägigen Hängebank des Richtschachtes,
der fast 100 Jahre alt ist und noch viele origi-
nale Ausstattungsteile besitzt (Abb. 89). Nach
einem Besuch des untertägigen Förderma-
schinenraumes der Jahrhundertwende wird
ein gleisloser Teil der Tagesförderstrecke be-
sucht, der nach Auffahrung einiger kleiner
Streckenabschnitte geeignet ist, die wichtig-
sten untertägigen Arbeitsabläufe mit im Ram-
melsberg vorhandenen Originalmaschinen in
sinnvoller Reihenfolge darzustellen. Diese Dar-
stellung der Arbeitsprozesse ist teilweise sogar
in den verschiedenen Entwicklungsphasen der
letzten 100 Jahre möglich, wie zum Beispiel
das Bohren mit gleisgebundenem Bohrham-
mer, das Bohren mit Handhammer und Bohr-
säule, das Bohren mit kleinem Bohrwagen und
schließlich mit Paus-Alimak-Bohrwagen aus
der letzten Betriebsphase. Als nächster Ar-
beitsgang wird das Füllen der Bohrlöcher mit
Sprengstoff inszeniert, wozu ein sogenanntes
Schießfahrzeug eingesetzt wird. Auch die Ver-
ladung des Erzes ist in ihrer Entwicklung dar-
stellbar, und zwar mit Kratze und Trog sowie
„Schnabelwagen“ um die Jahrhundertwende
oder mit dem sogenannten Schrapper bis in
die Mitte des 20. Jahrhunderts und schließlich
mit modernen Schaufelradladern unterschied-
licher Größe. Als abschließende Arbeitsgänge
sind noch der Ausbau der Abbauhohlräume
mit dem im Rammeisberg üblichen „polni-
schen Türstock“ sowie entsprechendem Ser-
vice-Fahrzeug darzustellen und das speziell
am Rammeisberg entwickelte Verfahren des

40
 
Annotationen