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Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Hrsg.]; Institut für Denkmalpflege [Hrsg.]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Der Rammelsberg — Hannover: Inst. für Denkmalpflege, Heft 9.1992

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Das Kulturdenkmal Rammelsberg - ein Überblick
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https://doi.org/10.11588/diglit.51149#0009
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Das Kulturdenkmal Rammeisberg - ein Überblick

„Die Metallerzlagerstätte des Rammeisberges,
eine der bedeutendsten überhaupt, war mit ca.
30 Millionen Tonnen Erz weltweit die größte zu-
sammenhängende Kupfer-, Blei- und Zinkla-
gerstätte. Bei seiner Stillegung im Jahr 1988
war der Rammeisberg mit weit über tausend-
jährigem ununterbrochenem Bergbaubetrieb
das älteste noch betriebene Metallerzberg-
werk der Welt. Diesen großen Zeitraum doku-
mentierend, haben sich am Rammeisberg
selbst und in der Stadt Goslar auf engstem
Raum Denkmale des Bergbaus erhalten, die
diesen seit seiner ersten Blüte im Hochmittelal-
ter nahtlos bis in die heutige Zeit mit all seinen
kulturellen Auswirkungen nachvollziehbar ma-
chen. Kein anderes europäisches Bergwerk
besitzt einen qualitativ und quantitativ dem
Rammeisberg vergleichbaren Bestand an
Bergbaudenkmalen, der eine derart lange Zeit-
spanne repräsentieren kann. Am Rammeis-
berg befinden sich einige der ältesten Denkmä-
ler des deutschen Bergbaus sowie ein in dieser
Vollständigkeit einzigartiges Ensemble an un-
ter- und übertägigen Anlagen. Hingewiesen sei
auf die Abraumhalden des 10. Jh., die zu den
ältesten Denkmälern des deutschen Bergbaus
überhaupt zählen, den Rathstiefsten Stollen des
12. Jh., einen der ältesten und zugleich best-
erhaltenen Stollen des deutschen Bergbaus,
das Feuergezäher Gewölbe des 13. Jh., den äl-
testen ausgemauerten Grubenraum Mitteleu-
ropas, den MaltermeisterTurm des 15. Jh., das
älteste Tagesgebäude des deutschen Berg-
baus, das Roeder-Stollen-System des 18./19.
Jh., das am besten erhaltene und weitläufigste
untertägige Wasserkraftsystem Deutschlands
mit seinen beiden originalen Wasserrädern, die
zu den bedeutendsten Denkmälern des euro-
päischen Bergbaus zählen, den Schieferbruch
des frühen 20. Jh., als beeindruckendes Doku-
ment der am Rammeisberg weltweit führen-
den Grubenversatztechnik, die Übertageanla-
gen der30er Jahre des 20. Jh., die im Rahmen
der zeitgenössischen Architektur eine indi-
viduelle Leistung höchsten Ranges darstel-
len und als ein Kulminationspunkt in der Ent-
wicklung der Zechenarchitektur anzusehen
sind, die Erzaufbereitungsanlage als tech-
nisch und architektonisch zentrales Element
dieser Übertageanlagen, die in ihrer konse-
quenten Ausnutzung einer Hanglage Maß-
stäbe im Erzbergbau gesetzt hat, die weit-
gehend erhaltene über- und untertägige tech-

nische Ausstattung des 20. Jh., die auch den
modernen, in Deutschland vor dem Ausster-
ben stehenden Metallerzbergbau exempla-
risch nachvollziehbar macht, den Rammeis-
berg selbst als eine der ältesten Industrieland-
schaften Deutschlands überhaupt, mit seiner
spezifischen, zum Teil in Europa einmaligen
Schwermetallflora und schließlich die in der hi-
storischen Altstadt Goslars unmittelbar mit
dem Bergbau zusammenhängenden Bau-
denkmäler wie die Kaiserpfalz des 12. Jh., die
Frankenberger Kirche von 1130 als Kirche der
Berg- und Hüttenleute, die Klauskapelle von
1160, seit 1537 Kapelle der Bergleute, die aus-
gedehnte Bergmannssiedlung am Franken-
berg der Zeit um 1500, die stattlichen Wohn-
häuser der Bergwerksbesitzer ab dem 15. Jh.,
das Bergmannshospital von 1537, die Ge-
bäude der Münzstätte des frühen 16. Jh. und
andere mehr. Darüber hinaus liegen am Ram-
melsberg die archäologischen Basisquellen
zur Klärung der Frage nach Beginn und Me-
thode des Erzabbaus in Verbindung mit der
entsprechenden Ansiedlung und Werkstätten-
entwicklung seit dem frühen Mittelalter. Die
Quellenlage ist so dicht und umfassend, daß
der Rammeisberg auch als ein archäologisches
Bodendenkmal von europäischem Rang gel-
ten muß. Alle angesprochenen, zur Gesamtan-
lage Rammeisberg gehörenden Bestandteile
sind materiell authentisch überliefert.
In der Geschichte des Erzbergwerkes Ram-
melsberg und damit verbunden auch der Stadt
Goslar spiegelt sich ein besonders wichtiger
Abschnitt sowohl deutscher als auch europäi-
scher Geschichte des Mittelalters wider. Der
Rammeisberg ist aufs engste mit dem mittelal-
terlichen Kaiserreich verbunden. Durch Hein-
rich II. aufgrund seines Silberreichtums am
Fuße des Rammeisberges angelegt, wurde die
Pfalz Goslar insbesondere unter den salischen
Kaisern Heinrich III. und Heinrich IV. sowie un-
ter dem Staufer Friedrich I. Barbarossa zur
Hauptresidenz im Heiligen Römischen Reich
Deutscher Nation. Neben dem Bergwerk
selbst, das durch seinen Silberreichtum we-
sentlich zur wirtschaftlichen Basis für die politi-
sche Macht der mittelalterlichen Herrscher bei-
trug, zeugen insbesondere der noch substan-
tiell erhaltene, im 19. Jh. restaurierte romani-
sche Saalbau der Pfalz mit zugehöriger Dop-
pelkapelle St. Ulrich sowie der in der romani-

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