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W. DORPFELD, DIE BAUWERKE
man gewiss durch Klopfen die gegenseitige Lage festzustellen
suchte, ist man schiesslich von der Seite an das Ziel herange-
kommen. Dieser aus den Windungen des Grundrisses erkenn-
bare Sachverhalt stellt es ausser Zweifel, dass die Cisterne älter
ist als der Stollen. Ob sie aber auch älter ist als die Agora, und
ob der Stollen etwa bei Erbauung der Agora angelegt wurde,
wie man von vornherein anzunehmen geneigt sein wird, ist
damit nicht entschieden. Die Möglichkeit liegt vor, dass ein
im Hofe der Agora gefundener Tiefbrunnen ursprünglich ihre
einzige Wasserquelle war. Unsere Anlage würde dann erst spä-
ter hinzugekommen sein, als das Wasser vermehrt werden sollte.
Hierüber wird sich erst mit Bestimmtheit urteilen lassen, wenn
die allgemeine Wasserversorgung Pergamons für die verschie-
denen Epochen genauer festgestellt ist.
Um das Wasser der Cisterne für die Agora zu verwerten,
wurde ihre Verbindung mit dem Stollen durch eine dicke Mauer
geschlossen, in die als einzige Verbinclung zwei Thonrohre ein-
gelegt wurden, ein dünnes von 0,05 m Durchmesser zur Kon-
trolle des Wasserstandes und ein dickes von 0,17 m Durch-
messer, das mit einem gleichen Rohre auf dem Boden des
Stollens verbunden war und so das Wasser der als Hochreser-
voir dienenden Cisterne unter Druck zur Agora leitete. Die
Höhe des Stollens beträgt etwa 1,80 m, sodass man bequem
darin gehen kann; seine Breite ist im ersten Teile etwa 1,20 —
1,50 m, vermindert sich aber nach der Tiefe bis auf 0,90 m.
Die Herstellung bot keine grossen Schwierigkeiten, weil der
Fels aus ziemlich weichem Tuff besteht; einige harte Stellen
des Felsens wurden durch kleine Bogen umgangen. Nur einen
einzigen vertikalen Luftschacht hat der Stollen, nämlich nahe
am Anfänge gerade unter der Fahrstrasse. Schon dort ist die
fehlerhafte Abweichung des Stollens nach Westen etwas be-
merkbar. Weitere Luftschachte anzulegen, wie sie bei ähnlichen
Stollen vorzukommen pflegen, war wegen der Höhe des anste-
henden Felsens nicht ratsam. Nahe der Mündung zweigt nach
Westen ein Nebenstollen von dem Hauptstollen ab und führt
zur Nordwestecke der Agora. Dass er einen Arm der Wasser-
leitung um die Agora herumführen sollte, scheint sicher; ob
diese Absicht aber durchgeführt wurde, muss unentschieden
W. DORPFELD, DIE BAUWERKE
man gewiss durch Klopfen die gegenseitige Lage festzustellen
suchte, ist man schiesslich von der Seite an das Ziel herange-
kommen. Dieser aus den Windungen des Grundrisses erkenn-
bare Sachverhalt stellt es ausser Zweifel, dass die Cisterne älter
ist als der Stollen. Ob sie aber auch älter ist als die Agora, und
ob der Stollen etwa bei Erbauung der Agora angelegt wurde,
wie man von vornherein anzunehmen geneigt sein wird, ist
damit nicht entschieden. Die Möglichkeit liegt vor, dass ein
im Hofe der Agora gefundener Tiefbrunnen ursprünglich ihre
einzige Wasserquelle war. Unsere Anlage würde dann erst spä-
ter hinzugekommen sein, als das Wasser vermehrt werden sollte.
Hierüber wird sich erst mit Bestimmtheit urteilen lassen, wenn
die allgemeine Wasserversorgung Pergamons für die verschie-
denen Epochen genauer festgestellt ist.
Um das Wasser der Cisterne für die Agora zu verwerten,
wurde ihre Verbindung mit dem Stollen durch eine dicke Mauer
geschlossen, in die als einzige Verbinclung zwei Thonrohre ein-
gelegt wurden, ein dünnes von 0,05 m Durchmesser zur Kon-
trolle des Wasserstandes und ein dickes von 0,17 m Durch-
messer, das mit einem gleichen Rohre auf dem Boden des
Stollens verbunden war und so das Wasser der als Hochreser-
voir dienenden Cisterne unter Druck zur Agora leitete. Die
Höhe des Stollens beträgt etwa 1,80 m, sodass man bequem
darin gehen kann; seine Breite ist im ersten Teile etwa 1,20 —
1,50 m, vermindert sich aber nach der Tiefe bis auf 0,90 m.
Die Herstellung bot keine grossen Schwierigkeiten, weil der
Fels aus ziemlich weichem Tuff besteht; einige harte Stellen
des Felsens wurden durch kleine Bogen umgangen. Nur einen
einzigen vertikalen Luftschacht hat der Stollen, nämlich nahe
am Anfänge gerade unter der Fahrstrasse. Schon dort ist die
fehlerhafte Abweichung des Stollens nach Westen etwas be-
merkbar. Weitere Luftschachte anzulegen, wie sie bei ähnlichen
Stollen vorzukommen pflegen, war wegen der Höhe des anste-
henden Felsens nicht ratsam. Nahe der Mündung zweigt nach
Westen ein Nebenstollen von dem Hauptstollen ab und führt
zur Nordwestecke der Agora. Dass er einen Arm der Wasser-
leitung um die Agora herumführen sollte, scheint sicher; ob
diese Absicht aber durchgeführt wurde, muss unentschieden