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Deutsches Archäologisches Institut / Abteilung Athen [Hrsg.]
Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Athenische Abteilung — 27.1902

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Rubensohn, Otto: Ein parisch-thasischer Vertrag
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https://doi.org/10.11588/diglit.41308#0285

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EIN PARISCH - THASISCHER VERTRAG

275
Wie sich auf den ersten Blick zeigt, ist nur ein geringer
Bruchteil der Urkunde erhalten. Obwohl sich die Zeilenlänge
nirgends mit voller Gewissheit feststellen lässt, so ergiebt sich
doch aus den ziemlich sicheren Ergänzungen mehrerer Zeilen,
dass diese durchschnittlich einige 50 Stellen enthielten; die
Buchstabenzahl schwankt zwischen 48 und 58, was bei einer
nicht στοιχηδόν geschriebenen Inschrift nicht auffallen kann.
Da auf unserem Stein in den einzelnen Zeilen höchstens 20
Buchstaben erhalten sind, so geben sich die in den Text ge-
setzten Ergänzungen nur als Versuche, die das Verständnis
des Zusammenhanges erleichtern sollen.
Z. 2 f. Die Pluralform [άνα|γ]ράψαντας beweist, dass die Auf-
zeichnungsbehörde aus einer Mehrheit von Personen bestand.
Die Ergänzung τους πρύτανεις κτλ. ist nach Analogie des pari-
schen Proxeniedekretes für den Chier Aretos [IGIns V 110) ge-
wählt worden. Man könnte sich freilich die Kommission auch
aus den Vertretern der den Vertrag schliessenden Staaten
zusammengesetzt denken.
Z. 3. Dass Paros einer der drei Aufstellungsorte war, ist
durch unseren Stein erwiesen, und es bedarf keines Wortes,
dass auch in Thasos eine Kopie des Vertrages öffentlich auf-
gezeichnet wurde. Von der in Delphi aufgestellten Stele hat
•sich, wie mir Elerr Homolle in liebenswürdigster Weise mitteilte,
bei den französischen Ausgrabungen nichts gefunden.
Z. 4. Die Worte τ]ήις συνθήκηις in Z. 5 gehören, wie ein Ver-
gleich mit Z. 7 zeigt, bereits der Schwurformel an. Da [παντ'ι
σ]θένει τοίς έμμένοσι (Ζ. 2ο) offenbar schon im Eide des zweiten
Vertragskontrahenten steht, so scheint der erste Eid Z. 4—19
zu umfassen. Dann muss in Z. 4 auch von der Leistung des
Schwures die Rede gewesen sein. Im Vertrage der Athener mit
den Korkyräern CIA IV 2 49 b (Foucart BCH 1889, 354=Michel
Recueil 9) steht einfach δρκος ohne Nennung der eidesleisten-
den Partei. Wir haben mit Rücksicht auf die Ausdehnung der
Lücke, die nach Einfügung der anderweitigen, ziemlich siche-
ren Ergänzungen noch verbleibt, den Namen des einen Vertrags-
kontrahenten hinzugefügt. Da nun in der ersten Schwurformel
Z. 16 die Thasier ausdrücklich genannt sind, so ist anzuneh-
men, dass an erster Stelle der Eid der Parier verzeichnet war.
 
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