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Deutsches Archäologisches Institut / Abteilung Athen [Hrsg.]
Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Athenische Abteilung — 27.1902

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Rubensohn, Otto: Ein parisch-thasischer Vertrag
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https://doi.org/10.11588/diglit.41308#0289

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EIN PARISCH - THASISCHER VERTRAG 279
überhaupt nicht wahrscheinlich, dass Mitglieder des attischen
Seebundes das Recht besassen Sonderverträge mit einander
abzuschliessen (vgl. Scala Staatsverträge S. 134). Wir dürfen
daher die Urkunde unter keinen Umständen vor dem Jahre 412
ansetzen, da Paros und Thasos zu dieser Zeit noch dem Bunde
angehörten.
Ebensowenig können wir die Inschrift unter das Jahr 390
hinabrücken. Schon seit der Schacht bei Knidos war Athen zu
den Kykladen von neuem in Beziehung getreten. 390/89 steht
es wieder an der Spitze einer delischen Amphiktyonie, und
insbesondere Paros erscheint unter den mit ihm verbündeten
Staaten in der Inschrift CIA II 814, aus der hervorgeht, dass
die Insel beträchtliche Schulden beim Apollo von Delos kontra-
hiert hatte. Auch Thasos ist im Jahre 390/89 unter die Herr-
schaft Athens zurückgekehrt und zugleich die ihm nahestehen-
den Gemeinwesen an der thrakischen Küste (vgl. Demosthenes
in Lept. § 59)·
Der Königsfrieden hat hier zwar der neuen Machtentfaltung
Athens ein schnelles Ende bereitet, und in Thasos ist erwiese-
nermaassen um 383 die oligarchische Partei wieder ans Ruder
gekommen (vgl. Wilhelm Eranos Vindobonensis S. 241 ff.). Von
Paros ist uns ein gleicher Vorgang zwar nicht überliefert; aber
das Zusammenwirken der Parier mit Dionysios I. von Syrakus
bei der Gründung der Kolonie Pharos (um 385), liesse einen
solchen Schluss wohl als erlaubt erscheinen, da der sicilische
Herrscher seit der berüchtigten Olympienfeier von 388 zu den
entschiedenen Gegnern Athens zählte. Mit Rücksicht auf das
Verhältnis von Thasos und Paros zu Athen könnte also der
Vertrag zur Not auch zwischen 383 und 377 angesetzt werden.
Aber einmal passt er überhaupt nicht in die Zeit des Königs-
friedens, besonders nicht in die Zeit der unbedingten Herr-
schaft Spartas über die Inseln im Ausgang der achtziger Jahre
(vgl. u. a. E. Meyer Geschichte des Altertums V 307 ff.); sodann
zeigt die Gründung der Kolonie Pharos, dass die Interessen
von Paros in dieser Zeit nach einer anderen Seite hin gravi-
tierten, und schliesslich widerraten auch die Schriftformen, die
Inschrift so tief herabzurücken.
Innerhalb des Zeitraumes von 412 und 390 giebt es nun eine
 
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