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Klein, Dieter; Dülfer, Martin; Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege; Dülfer, Martin [Ill.]
Martin Dülfer: Wegbereiter der deutschen Jugendstilarchitektur — Arbeitshefte des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege, Band 8: München: Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege, 1981

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https://doi.org/10.11588/diglit.63235#0080

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Steinflächen; der scheinbare Ruhepunkt der Giebelschen-
kel war, wie um 1900 bei „modernen“ Bauten üblich, weg-
gelassen922) ebenso fehlte das Kranzgesims; dafür waren
die Fensterstürze durch zurückgelegte Ornamentfelder
optisch bis an das Giebelfeld geführt.
An den Fensterbrüstungen des Hauptfoyers befanden sich
antikisierende Reliefplatten, Bacchantenzug und Abschieds-
feier darstellend—eine Versinnbildlichung der heiteren und
der ernsten Muse929). Figuralen Schmuck trugen auch die
Portikus-Eckrisalite: in stichbogenförmig abgeschlossenen
Nischen hatte man Masken eingelassen.
Im abschließenden Giebelfeld schließlich standen die von
Stadtrat Marx gedichteten Worte:
„Nimmer entbehre die
strebende Stadt der veredelnden Künste
opferfreudiger Sinn baute den Musen
dies Heim“
Dieser Spruch zeichnete sich vor allem dadurch aus, daß
für ihn möglichst viele von den bereits für einen anderen
Weihespruch gegossenen Metallettern verwendet werden
konnten.924)
Vor dem Portalbau lag in der Mittelachse die seitlich über
mäßig ansteigende Rampen erreichbare Durchfahrtshalle
mit der darüberliegenden Terrasse des Hauptfoyers; von
der Vorderseite aus führten drei Stufen zu den mittleren
Eingängen. Die sichtbar belassene, eiserne Hallenkon-
struktion stützte sich auf zwei schlanke, konisch zulaufen-
de Muschelkalksäulen, die, durchgehend ausgebildet und
mit Beschlagwerk versehen, die Terrassenplatte überragten
und von kränzehaltenden Genien bekrönt waren.
Einige der eben genannten Details finden sich an einem
später entstandenen Werk Dülfers in ähnlicher Weise wie-
der: am Landratssaal für Bayreuth (Abb. 4).925)
Seiten- und Rückfassaden
Aus Kostengründen wurden sämtliche Seiten- und Rückfas-
saden in Putz ausgeführt; die Nordwestseite war haupt-
sächlich von einem Innenhof aus zu sehen und dement-
sprechend einfach gehalten. Etwas mehr Mühe gab man
sich mit der von der Straße aus sichtbaren Giebelfront des
Kulissenspeichers: dort waren verschiedene Putzsorten
nebeneinander verwendet, zum Giebelbereich hin flammen-
förmig geschwungene Stuckteile angebracht. Wichtiger Be-
standteil dieser Fassaden, die in ähnlicher Weise bei der
Hofgestaltung des Hotel Terminus wieder auftreten sollten,
war die kleinteilige Verglasung; eine weitere Dominante bil-
dete der an den Giebel angebaute Heizungskamin.
An den „Schießscharten-Fenstern“ der südöstlichen Sei-
tenfront hatte Dülfer gegenüber den ersten Entwürfen eini-
ge Verbesserungen vorgenommen: um die Flächigkeit der
hohen Seitenwand zu mildern, bildete er die niedrigen Bau-
teile der Wandelgänge von erstem und zweitem Rang jetzt
stärker aus. Die Dächer dieser Anbauten hatte man als Ter-
rasse für den dritten Rang ausgebildet, da bekanntlich die
seitlichen Umgänge in diesem obersten Rang weggelassen
waren (Abb. 48).926)
Nicht ganz so schlicht wie die Seitenansicht war die Fassa-
de zur Kuhstraße ausgebildet: über einem einfachen Rusti-
ka-Sockelgeschoß schloß ein schmaler Regenschlag das
erste Stockwerk ab. Die darüberbefindlichen zwei Geschos-
se waren durch Lisenengliederung zusammengefaßt, als


Abb. 62 Dortmund: Rückfassade zur Kuhstraße

nennenswerter Schmuck sind Stuckrosetten im Fenster-
brüstungsbereich des dritten Stockes zu erwähnen.
Wie an der Vorderfront so bildete auch hier eine Balustrade
den oberen Abschluß des Fassadenaufbaues, über den
Lisenen durch niedrige Sockel rhythmisiert.
Der alles überragende Bühnenturm war auf Fernsicht be-
rechnet; seine Wandflächen hatte man durch Lisenen be-
lebt; an die Außenmauer der Hinterbühne schloß sich eine
halbkreisförmige Pergola an.
Einbeziehung der näheren Umgebung in die Gesamtwirkung
des Baues; Anbau des Musikpavillons
Die Silhouette des Theaterbaues war, wie gesagt, auf einen
begleitenden, niedrigeren Seitenflügel an der Südost-Seite
abgestimmt. Einen eher bescheidenen Ersatz für den dort
geplanten Restauranttrakt bildete der 1909 aus Mitteln des
„Verschönerungsvereines“ errichtete, runde Musikpavil-
lon927), der mit dem rechten Treppenhausflügel durch eine
Säulenhalle verbunden war (Abb. 48).
Im Erdgeschoß des Pavillonrondeaus wechselten eckige
Säulen mit rustizierten Pfeilern ab, darüber erhob sich ein
einfaches Zeltdach auf Rundstützen, denen eine einfache
Balustrade mit steinernen Urnen bzw. Puttengruppen vor-
gelagert war, Pavillon wie Verbindungsgang gleichermaßen
umschließend.
Aber auch den Vorplatz des Theaters hatte Dülfer künstle-
risch gestaltet: der Boden war mit eingelegter Pflasterung
versehen, deren Muster am ehesten mit heutigen Verkehrs-
zeichen vergleichbar sein dürfte.928)

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