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Klein, Dieter; Dülfer, Martin; Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege; Dülfer, Martin [Ill.]
Martin Dülfer: Wegbereiter der deutschen Jugendstilarchitektur — Arbeitshefte des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege, Band 8: München: Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege, 1981

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.63235#0111

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Interessant sind die Reste der Gartenanlage, sie lassen auf
eine reiche architektonische Gestaltung schließen. So tru-
gen die vier toskanischen Säulen, die nordwestlich des
Hauses stehen, wohl ehemals einen Pergola-Aufbau. Zwei
antikisierende Betonfiguren auf schlanken Sockeln rahmen
einen früher beschnittenen Busch. Vermutlich war auch der
Steilhang zum Amperufer in die Gestaltung mit einbezogen;
heute sind dort nur noch die serpentinenförmig verlaufen-
den Wege und eine aufwendige Treppenanlage zu sehen.

Villa Bechtolsheim — der erste deutsche Jugendstilbau
Ein Jahr nach den Wildenrother Villen, ab 1896, errichtete
Dülfer oberhalb der Isaranlagen in München-Bogenhausen
eine Villa für Clemens v. Bechtolsheim (Maria-Theresia-
Straße 27).
Dort wurden die neuen Formen so entschieden verwendet,
daß dieser Bau als erstes Beispiel deutscher Jugendstilar-
chitektur gesehen werden muß1135):.jede Anlehnung an
historische Stile [wurde] nach Möglichkeit vermieden, um
dem Gebäude ein durchaus modernes Gepräge zu ge-
ben“1136); trotzdem waren die ersten, mit „Juni 1896“ datier-
ten Entwürfe noch überwiegend der Louis-Seize-Tradition
verbunden. Der Turmaufsatz sollte zuerst, mit einem Kon-
solfries versehen, leicht vorkragen; der erste Entwurf zeigt

zwischen den Fenstern in geometrische Felder eingepaß-
tes Blattwerk (ähnlich dem an der Kaulbachstraße
Nr. 22 —26 verwendeten Dekor), die Ovalfenster hatten
Rahmungen aus barockisierendem Rollwerk. Im November
des gleichen Jahres wurden leicht abgeänderte Fassaden-
risse eingereicht, die für den Turm eine ähnliche Ornamen-
tik vorsahen, wie sie für das Balkongitter der Südseite ver-
wendet sind (vgl. Abb. 19).
Wann der endgültige, wohl von Riemerschmid entworfene
Dekor angetragen wurde, läßt sich nicht mehr eruieren; die
Villa war jedenfalls am 10. Mai 1898 bezugsfertig. Die Bau-
kosten betrugen (einschließlich der Zentralheizungsanlage)
112.500 Mark.1137)
Im Gegensatz zur Villa Kalb weist der ausgeklügelte Grund-
riß hier auf die sichere Hand eines Architekten hin. Um eine
zentrale achteckige Halle gruppieren sich die Wohn- und
Gesellschaftsräume im Hochparterre; die Abschrägung der
Raumecken bewirkt an zwei Stellen dreieckige Zwickelräu-
me, die geschickt als Verteiler für die kleineren Nebenräu-
me bzw. als Verbindung zur Dienstbotentreppe ausgebildet
sind. Von allen Seiten der Halle führen Türen ins Damen-,
Herren- und ins Speisezimmer sowie zum Salon. Dem Ein-
tretenden gegenüber öffnet sich die als „kleine Halle“ be-
zeichnete Nische, durch die der Raum Tageslicht empfängt.
Der Eintritt erfolgt von der Südseite über eine breite, ge-
schwungene „Herrschaftstreppe“, die, mit reich gestalte-


Abb. 97 München: ehern. Villa Bechtolsheim, Maria-Theresia-Straße Nr. 27, Nordwest-Ansicht

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