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Ars: časopis Ústavu Dejín Umenia Slovenskej Akadémie Vied — 1.1967

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II.
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Chadraba, Rudolf: Zwei Welten im Bilde: zu den antiken Grundlagen dualistischer Komposition
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https://doi.org/10.11588/diglit.51369#0119

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sischen Familie auf der römischen Münze bildete,
die ersten drei Reiter aber so zusammenstellte,
wie auf der Schale der König auf dem Pferd und
zwei Eber nebeneinander laufen und sich über-
decken. Der Victoriaengel über den Reitern geht
wieder auf die Münze Victoria Persica zurück. Daß
Dürer genau einen Victoriaengel im Sinne hatte,
kann ich dadurch beweisen, daß in der Koberger-
Bibel, die Dürer als allgemeine Vorlage diente,
in der entsprechenden Holzschnittillustration die-
ser Engel als eine echte römische Victoria den
ersten Reiter mit Siegeskranz bekrönt.
Derselbe Kaiser, der die Victoria Persica prägen
ließ, demütigt sich kniend vor einem Sassaniden
auf einem persischen Felsenrelief. Der Sieg wird
nun moralisch, dieselbe Diagonale nimmt mora-
lischen Charakter an. An solchen Darstellungen
haftet außerdem die Bedeutung der Weltherr-
schaftsutopie: durch diesen Sieg beginnt eine
bessere Welt. Also Diagonale des physischen
Sieges, Diagonale des moralischen Sieges, Diago-
nale der Weltbesserung. Die letzteren kommen
für die Darstellung des hl. Venzel als Sieger mit
zwei Engeln in Betracht, vor ihm kniet der heid-
nische Fürst Radslav, die beiden sollten auf Wen-
zels Vorschlag einen persönlichen Zweikampf statt
ihrer Heere unternehmen, Radslav sieht jedoch
die Epiphanie Wenzels (er erstrahlt im himmlischen
Spiendor der Tugend), der Heide fällt in die Knie,
wie es auf der Treppe der Burg Karlstein in Fresko
gemalt ist. Als Vorbild diente hier die byzanti-
nische Proskgnesis des weltlichen. Monarchen vor
Christus, die auch der mit Karl befremdete
Stephan, Dušan, Zarvon, Serbien, auf Münzen
prägen ließ. Auch die Diagonale bei der üblichen
Darstellung des heiligen Ritters Martin, der mit
einem Bettler seinen Mantel teilt, ist als Vereini-
gung zweier Welten, einer höheren und einer nie-
deren, durch moralische Tat zu verstehen.
In Dürers Apokalypse wird die Diagonale des
Kampfes und Sieges himmlischer Lichtmächte
über die Dunkelheit zur Diagonale der Welt-
besserung und geht zuweilen in die optische
Diagonale über. Das ganze Werk ist eine Höchst-
leistung, eine Symphonie auf das Kompo-
sitionsthema Diagonale am Ende des Mittelalters.
Die himmlischen Feuerzeichen und die von ihnen
bewirkten Katastrophen geben hier der Diagonale
einen besonderen Nachdruck. Dazu gibt es einige
Vorstufen in der böhmischen Buchmalerei um


42. Wundertätige Madonna von Altötting. Holzschnittillu-
stration aus: Büchlein von Altötting, Nürnberg 1490,
bei Kaspar Hochfeder.


43. Erscheinung der Sonnenjungfrau an Augustus und
Sibylle. Fresko vom Kreuzgang des Klosters slawischer
Benediktiner Emmaus, Prag, um 1360.

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