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Baumeister: das Architektur-Magazin — 8.1909/​1910

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Schur, Ernst: Der deutsche Werkbund
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https://doi.org/10.11588/diglit.53857#0362
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DER BAUMEISTER,
1910, JULI

MONATSHEFTE FÜR ARCHITEKTUR
UND BAUPRAXIS -
VIII. JAHRGANG, HEFT 10


*Haus in Weimar. (Hauptbl. Seite 11b.)

Sache, dass dieser
Weg beschritten wer-
den musste. Ein ge-
schmacklich gut aus-
gebildeter Nachwuchs
wartete auf Betäti-
gungsmöglichkeiten.
Die Konkurrenz mit
den Erzeugnissen des
Auslands drängte da-
hin, die deutsche Ar-
beit in Technik wie in
Geschmack zuverläs-
siger, eigener zu ge-
stalten. Die Technik
istSache derlndustrie;
für das Geschmacks-
niveau sorgten die
Künstler; so dass erst
durch dies Zusammen-
wirken, das bedeut-
sam genug ist, eine
für die Zukunft ge-
deihliche Einheit ga-
rantiert ist, die für
Deutschland um so
wichtiger ist, als hier
leicht die Absichten
auseinandergehen Auf

Der deutsche Werkbund.
Jene grosse Bewegung, die vor einer Reihe von Jahren in
Deutschland einsetzte, die, vom Ausland kommend, dahin
strebte, Architektur, Raumkunst und Kunstgewerbe’ zu er-
neuern, hat nun bei uns so kräftig Wurzeln gefasst,
dass man in der weiteren Folge nur noch von der
Ausbreitung dieser Ideen sprechen muss. Die grossen
Persönlichkeiten, die den Anstoss gaben, sie sind be-
kannt und ihre Werke begegnen allgemeiner Wert-
schätzung. So sind wir an einen Punkt gekommen,
wo feste Regeln und Lehren überliefert werden
können. Ohne Zweifel ist dieses Stadium für den,
der das Persönliche, das Schöpferische, das Neu-
suchende, ja auch das Problematische liebt, nicht so
verlockend und interessant. Aber wir haben uns auch
hier zu solideren Anschauungen bekehrt. Wir stellen
nicht mehr hyperideale Forderungen an das neue Kunst-
gewerbe; wir wissen, dass es eine Sachkunst ist, lehr-
bar, erzieherisch wertvoll, kulturell bedeutsam; aber
keine Kunst in jenem heiligen, letzten Sinne, die als
Offenbarungen von Schönheit und Ahnung erschauern
machen.
Das ist nun nicht so zu verstehen, als sei die Be-
wegung nicht mehr so nachhaltig wie ehedem. Sie
ist vielleicht nicht so intensiv; aber sie ist extensiver,
sie zieht immer weitere Kreise in ihren Bereich. Die
Vorträge, die diese Themen behandeln, mehren sich.
Ueberall begegnen wir den Rednern, die tätig eintreten
für diese Ziele und das Publikum erkennt, dass ihm
hier eine neue Kultur gezeigt wird. Programme
haben sich gebildet; prägnante Schlagworte, die die
Tendenzen des neuen Strebens aufhellen, gehen von
Mund zu Mund. Und selbst der Staat fängt an, diese
Bestrebungen zu beachten, zu unterstützen.
Der deutsche Werkbund, der in Berlin seine dritte
Jahresversammlung abhielt, zu der Vertreter aus allen
Gegenden Deuschlands gekommen waren, ist das Zen-
trum dieser Bestrebungen geworden. Als er vor zwei
Jahren gegründet wurde, in München, bei Gelegenheit
der Ausstellung 1908, war sein klar ausgesprochener
Zweck: Künstler und Firmen zusammenzuführen,
Kunst und Industrie zu verbinden. Es lag in der

diese Grundsätze aber können sich alle einen und es ist den
einzelnen frei überlassen, sich in diesen weiten Grenzen nach
seinen Fähigkeiten, seinenAnlagen zu entwickeln.
Beide, Industrie (Technik) und Kunst (Geschmackskultur)
beeinflussen sich nun in einem neuen Sinne. Indem die


♦Arch. Heinrich Metzendorf, Bensheim.

Landhaus in Dieburg. (Hauptbl. Seite 116.)
 
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