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Belvedere: Monatsschrift für Sammler und Kunstfreunde — 6.1924

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Mühlmann, Josef: Der Dom zu Salzburg im Mittelalter
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https://doi.org/10.11588/diglit.55195#0089
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DER DOM ZU SALZBURG IM MITTELALTER
VON JOSEF MÜHLMANN

Virgil, der Gründer des Salzburger Domes, kam 7 43 als Mönch und Glaubensbote von
Irland ins Frankenreich. 745 folgte er dem Ruf des Bayernherzogs Otilo, der ihn zum
Nachfolger des Bischofs Johann von Salzburg bestimmte. 2o Jahre eifriger Missionsarbeit
in slavischem Gebiet, Organisation im eigenen Lande, der Streit mit Bonifatius und
innere Kämpfe, waren vorausgegangen, ehe Virgil die Bischofsweihe empfing1. Im selben
Jahre — 767 — begann er den Dom zu bauen2. Zahlreiche Kirchen in Stadt und Land
mögen bereits bestanden haben — davon erzählt die Grabinschrift3 — und nun sollte
der Dom sein Lebenswerk krönen.
7 74 weihte Virgil den neuen Dom zu Ehren des heiligen Rupert, dessen Gebeine er
aus dem Kloster St. Peter hieher übertrug4. Der Bau dauerte acht Jahre und war »von
staunenswerter Größe«. Dies ist die einzige sichere Nachricht, die wir vom Aussehen
des Virgil-Domes besitzen. Mezger erzählt in seiner Chronik von vier ungeheuren Türmen,
eine Angabe, die nicht beglaubigt und wenig wahrscheinlich ist. Über die Gestalt des
ersten Baues können wir nur mutmaßen. Nach der Bedeutung, die Salzburg damals besaß,
müßte man einen Bau ersten Ranges annehmen, eine karolingische Basilika, etwa nach Art
der Klosterkirche St. Gallen, die uns im Plan vom Jahre 820 erhalten ist.
Aus der Karolingerzeit stammen die Verse, die sich auf das Münster Virgils beziehen:
Quae cernis veniens, lector, haec inclita tecta Virgifius fecit, domini deductus amore5.
Sie sind Zeugen für den Dom und seinen Urheber, sagen aber über das Aussehen nichts. Als
man im Jahre 1181 während eines Neubaues durch Zufall das Grab Virgils entdeckte, fand
man sein Bild mit der Unterschrift:» Virgiliustemplum construxit schematepulchro6.« Virgil
hat das Gotteshaus in herrlicher Gestalt erbaut; ein weiterer Beweis für den Urheber.
Die Annalen berichten, daß der Dom 845 durch Feuer zugrunde ging7. Wieweit die
Kirche gelitten hatte, können wir daraus entnehmen, daß sich der Wiederaufbau jahre-
lang hinzog. Bischof Luipram (836 — 859) konnte infolge Geldmangels das Münster nur
notdürftig herstellen. 851 brachte er aus Rom, wohin er sich um Hilfe gewendet hatte,
die Reliquien des heiligen Hermes, die er feierlich im Dom beisetzte. Mezger erzählt
— ohne Quellenangabe — von einem Neubau, der nach fünf Jahren vollendet und geweiht
worden sei. Vielleicht können wir die Weihe mit dem Jahre 851 in Übereinstimmung
bringen, in dem die Reliquien übertragen wurden.
Bis zur Jahrtausendwende erfahren wir nichts über das Schicksal des Münsters. Bischof
Hartwig(991 —1023) ließ den Dom nach einem Verfall (post ruinam) wieder herstellen,
die Altäre erneuern und weihte ihn abermals. Zugleich erhob man die Gebeine des
heiligen Rupert und seiner Genossen neuerdings8. Von Hübner erfahren wir — ohne

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