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Belvedere: Monatsschrift für Sammler und Kunstfreunde — 6.1924

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Münz, Ludwig: Federzeichnungen von Rembrandt und Bol
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https://doi.org/10.11588/diglit.55195#0176
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FEDERZEICHNUNGEN VON REMBRANDT UND BOL
VON LUDWIG MÜNZ
Die Handzeichnungen Rembrandts, die sich schon zu seinen Lebzeiten großer Schätzung
erfreuten, sind, seit 1906 Hofstede de Groots erstes Gesamtverzeichnis der Zeich-
nungen erschienen ist, Gegenstand der eifrigsten wissenschaftlichen Forschung. Die
Forschung konnte erst auf Grund dieser, trotz ihrer Fehler nicht hoch genug zu schät-
zenden Arbeit einsetzen und bemüht sich auf zwei Wegen, das Werk Rembrandts zu
erkennen. Der eine hat zum Ziel, auf Grund des schon bekannten Materials dem Werke
Rembrandts neue Zeichnungen hinzuzufügen. Der andere, immer sehr befehdete, führt
zunächst dazu, aus der durch Hofstede de Groot überlieferten Menge der Zeichnungen
die Fälschungen auszuscheiden und dann das Werk Rembrandts von dem seiner Schüler
zu trennen. Diese Art der kritischen Forschung ist besonders darum auf Widerstand
gestoßen, weil manches Werk mit wachsender Kenntnis und Erkenntnis Rembrandt
abgesprochen werden mußte und damit für den Besitzer an Wert verlor. Die
Möglichkeit, zwischen Meister und Schüler, Schüler und Schüler, zu unterscheiden,
wurde bisher noch immer zu wenig berücksichtigt, obwohl mit der Erkenntnis der Unter-
schiede eine Erkenntnis Rembrandts in seiner Größe und Eigenheit entsteht. Ein Beitrag in
diesem Sinne ist der folgende Versuch, der durch die Gegenüberstellung von Werken
Rembrandts und Bois die Möglichkeit zu finden glaubt, Zeichnungen, die bisher irr-
tümlich Rembrandt zugeschrieben wurden, ihrem wahren Urheber, Boi, zurück-
zugeben.
Die Erkenntnis der gemeinsamen und unterscheidenden Merkmale ergibt sich vielleicht
am ehesten bei dem Vergleich von Werken, die in der gleichen Technik ausgeführt sind
und einen gleichen, zumindest ähnlichen Gegenstände zum Vorbild haben. Betrachtet
man Rembrandts Radierung Bartsch 44 (Abb. 1), die aus dem Jahre 1637 stammt, und
(Abb. 2) Abrahams Kopf aus der Radierung Bois, der hier, um die Strichführung deut-
licher hervortreten zu lassen, vergrößert wiedergegeben ist, so erscheint das Werk Bois
fürs erste Rembrandt verwandt. Stellt man die Unterschiede zunächst im Zusammen-
hang mit dem Naturvorbild fest, so ist der von Rembrandt geschaffene Kopf im Ver-
gleiche mit dem von Boi, der daneben akademisch wirkt, von persönlichstem Leben er-
füllt. Die Striche Rembrandts sind nach Größe, Form, Dicke und Verbindung von einer
kaum übersehbaren Verschiedenheit, zwingen aber in ihrer Gesamtheit doch den Ein-
druck einer Nase oder eines Auges auf, obwohl sie scheinbar nur das Zufälligste des
1 Der Kopf, der auf Bartsch 44 einem Barett bedeckt ist, kehrt unbedeckt als Kopf Abrahams auf dem Gemälde Abra-
ham bewirtet die Engel (Bode Nr. 223) wieder und es spricht beim Vergleich dieses Kopfes mit dem Kopfe Abrahams auf
Bois B.adierung Bartsch Nr. 1 vieles dafür, daß das gleiche und nicht nur ein ähnliches Modell benutzt wurde.
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