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Belvedere: Monatsschrift für Sammler und Kunstfreunde — 6.1924

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Schober, Arnold: Der Götterpfeiler von Totis
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https://doi.org/10.11588/diglit.55195#0294
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DER GÖTTERPFEILER VON TOTIS
VON ARNOLD SCHOBER
Das gräflich Esterhäzysche Schloß in Totis (Tata) bewahrt neben anderen römischen
Antiken ein Denkmal, das infolge seiner Größe und seines reichen Bildschmucks zu den
eindruckvollsten Überresten gehört, die uns der Boden des alten Pannonien wieder-
geschenkt hat. Es ist ein fast 3 m hoher Pfeiler aus Kalkstein (Abb. 2), auf allen vier
Seiten mit Reliefs überzogen, der jetzt als freistehende Stütze eines Torbogens dient,
der den Eingang zur Schloßkapelle bildet. Die Verbindung mit diesem Gewölbe ist der-
art, daß die Aufstellung des Pfeilers auf seinem jetzigen Standort zugleich mit der Er-
bauung der ganzen Anlage erfolgt sein muß. Wann dies geschah, läßt sich nicht mehr
genauer feststellen. Daß der Stein aber bereits im 15. Jahrhundert sich in Tata befand,
beweist seine Verbindung mit dem jetzt verschollenen Inschriftstein CIL. III 4274? der
von einem ungarischen Anonymus in den Kodizes des Ferrarinus und des Rambertus
(CIL. III p. 413) überliefert ist. Seither ist er wenig beachtet worden. Außer gelegent-
lichen Bemerkungen in der ungarischen Lokalliteratur (zum Beispiel Beöthy Z. a Müves-
zetek törtenele I S. 523) haben allein Maionica und Schneider (A. E. M. I 1877
S. 161) eine eingehendere Beschreibung gegeben, die allerdings in manchen Einzelheiten
fehlgeht. Ein Gipsabguß des Denkmals stand in Rom in der mostra archeologica und
wurde von Strong (J. R. St. I. 1911, S. 21) kurz erwähnt. Seine Bestimmung, die Deutung
einzelner Schmuckfelder, vor allem aber seine religions- und kunstgeschichtlichen Be-
ziehungen, sind erst zu finden.
Der Pfeiler hat rechteckigen Grundriß (60 : 54 crn) und erreicht die Höhe von 2-8o m.
Ober- und Unterseite entziehen sich der Untersuchung, nur so viel läßt sich an der im
Pflaster des Hofes steckenden Unterkante und an der vom Ansatz des Torbogens be-
deckten Oberseite erkennen, daß beide auf Anschluß gearbeitet sind und daß das Stück,
nach seiner ganzen Form, den Schaft eines Pfeilers bildete, der unten mit einer Basis,
oben mit einem kapitellförmigen Gesims oder mit einem Blattkapitell ausgestattet war.
Der weiße, etwas poröse Kalkstein, aus dem das Denkmal besteht, hat unter dem Ein-
fluß der Witterung stark gelitten. Auf der einen Seite sind zwei Bildfelder völlig zerstört,
die Kanten sind vielfach bestoßen, die ganze Oberfläche überhaupt ausgewittert. Alle
vier Seiten des Pfeilers sind skulptiert, sie zeigen je drei Hauptfelder übereinander, unter
denen sich je ein kleiner Bildstreifen befindet; den oberen Abschluß bildet wieder ein
kleiner Bildstreifen, so daß jede Seite in drei Hauptbilder und in vier Nebenbilder zerfällt.
In jedes der Hauptfelder ist ein mehrfach profilierter Rundbogen, der auf Konsolen
aufruht, eingebaut. Die beiden Zwickel, die durch den Rundbogen und durch die obere
Abschlußleiste des Feldes gebildet werden, sind ebenfalls mit Schmuck versehen. In

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