Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Das Buch für alle: illustrierte Blätter zur Unterhaltung und Belehrung für die Familie und Jedermann — 50.1915

DOI Heft:
Heft 14
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.47351#0310
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
va^Luch fülMe
Illustrierte fsmilienreitung
14. ltest. 1915.
LillsrikLn. Oo^xriZIN ISIS bx Union vsntsods VerlLASsssollseliLtt, StuttZÄNt.



12.


La wußte sie, daß ihr Schicksal besiegelt war, und
so fügte sie sich, nur kein Aufsehen zu machen. Auf
der Wache gab sie willig ihre Personalien an: Elise
Dahlke, Kellnerin. Den Mielke liebe sie, Geld habe
sie von ihm keines erhalten — im Gegenteil, sie habe
ihm oft von ihrem Verdienst abgegeben. Einen
eigenen Anzug habe sie ihm machen lassen, damit
er anständig aussähe, wenn sie mit ihm ausginge.
Auf die Frage, ob sie an dem Diebstahl beteiligt sei,
tat sie sehr erstaunt und entrüstet. Sie wisse von
keinem Diebstahl, lind mit Stolz und Selbstgefühl
fügte sie hinzu, daß sie nicht nötig habe zu stehlen,
denn sic habe gute Einnahmen und sogar Erspar-
nisse.
Die Haussuchung ergab in der Tat das Vor-
handensein eines Betrages von hunderlfünfzig Mark,
aber es stellte sich gleichzeitig auch heraus, daß sie
seit eiuer Woche stellungslos war. Trotzdem hatte
sie sich am letzten Montag, also am Tage nach dem
Diebstahl, einen neuen Mantel für achtzig Mark und
teure Wäsche gekauft.
Als sie den: Mielke gegenübergestellt wurde,

Line bayerische 5chiläuferpatrouil!e in den Vogesen. (5. 306)
vrigmalreichnung von lsan; Ireiber.

machte er ein volles Geständnis. Sie habe ihn aller-
dings unterstützt und auch die Anzahlung für seine
eigene Uniform geleistet, aber als sie ihre Stellung
verloren und nicht gleich eine neue gefunden, habe
sie ihn mit der Rückzahlung gedrängt. Da habe er
denn die Gelegenheit benützt und seinem Vor-
gesetzten die dreihundert Mark gestohlen. Gleich am
Sonntagvormittag habe er den ganzen Betrag an
seine Geliebte abgeliefert, da er sonst kein sicheres
Versteck gewußt habe.
So weit war sa nun der Diebstahl aufgeklärt.
Aber drei Punkte waren es, die der Behörde noch
dunkel erschienen. Wie kam es, daß die beiden den
Diebstahl des Ringes nicht zugaben, ja, daß sie,
ganz unabhängig voneinander, immer wieder aufs
nachdrücklichste beteuerten, von diesem Ringe über-
haupt nichts zu wissen? Wie kam es, daß Mielke,
wie er ebenfalls immer wieder versicherte, das
Schubfach unverschlossen gefunden hatte, während
der Bestohlene angab, daß er es verschlossen habe?
Wo stammte der Manschcttenknopf mit den rus-
sischen Buchstaben her?
Das letztere war für die Behörde
das wichtigste, freilich auch das un-
durchdringlichste Rätsel. Über diesen
Punkt wurde Elert v. Schilling im-
mer wieder eindringlichst von den:
Kriegsgerichtsrat, der die Unter-
suchung führte, befragt. Ob er ge-
heime Papiere in seiner Wohnung
gehabt habe? Das gab er zu, aber
niemand habe davon gewußt, auch
fein Bursche nicht. Als dann der
Kriegsgerichtsrat weiter die Auffor-
derung an den Offizier richtete, er
solle doch noch einmal gründlich mit
sich zu Rate gehen, ob nicht doch
vielleicht jemand durch Zufall davon
Kenntnis erhalten habe, schoß ihm
einen Augenblick lang der Gedanke
an Madeleine Vernon durch den
Kopf. Sie war die einzige, mit
der er, von den Kameraden abge-
sehen, flüchtig von seiner Arbeit ge-
sprochen hatte. Sollte er davon Mit-
teilung machen? Ein kurzer, heftiger
Kampf in seiner Brust, dem nach
wenigen Sekunden die bestimmte
Erklärung folgte: „Nein, niemand
weiß davon."
Im stillen beruhigte er sich mit
dem Gedanken, daß der Sinn der
Frage doch nur der war, ob ihm
irgend eine Persönlichkeit bekannt
wäre, die bei einem Diebstahl der
Papiere hätte in Betracht kommen
können. Da Madeleine dabei natür-
lich vollkommen ausgeschlossen war,
so erübrigte es sich auch, ihrer iu
diesem Zusammenhang Erwähnung
zu tun. Diese Rücksicht schuldete er
ihr und sich selbst. Gab er das süße
Geheimnis ihres Besuches Preis,
daun war ihr Ruf unheilbar ge-
schädigt, das zarte Band zwischen
ihr und ihm für immer zerrissen.
Der Fund des russischen Man-
schettcnknopfes im Schreibtisch konnte
also wohl nur irgend eine unbekannte
harmlose Ursache haben, die viel-
leicht einmal ein Zufall aufklären
würde. Schließlich konnte auch der
Bursche des Hauptmanns mit einem
russischen Spion in Verbindung
stehen. Freilich neigte niemand

vor den schlachten.
Roman von vrchur Zapp.
— (Nachdruck orrvoleu.)
U^8ie kriegsgerichtliche Untersuchring gegen
U lIZW Mielke nahm einen raschen Fortgang.
IW «/ Acht Tage nach seiner Festnahme wurde
NM«/ seine Mitschuldige entdeckt.
Den Hausbewohnern war von der Be-
strengstens verboten worden, von dem Dieb-
zu sprechen, auch in die Presse ivar nicht das
L^hgste gelangt. So kam es, daß die unbekannte
Fuebte des Soldaten sich selbst verriet. Als sie auf
"len Brief keine Antwort erhielt, trieb sie die Un-
chwißheit die Bismarckstraße; hier fiel sie dem
^lnrinalschntzmairir, der das Harrs beobachtete, auf.
"wderholt ging sie auf und ab und sah auffällig nach
zweiten Stock hinauf, wo Hauptmann v. Schil-
lu I^ne Wohnung hatte. Nach fast einer Stunde
F5 Wartens rind Lauerns schien sie sich endlich ein
^'rz zn fassen. Sie betrat den Haus-
a^hcurg, zögerte, überlegte eine
eile und streckte schon die Hand nach
I / Pförtnersklingel aus; aber inr
Ken Augenblick trat sie doch wie-
„ r. Mertz zurück. Da glaubte der
hZ"Krralschutzmann, seiner Sache
"er zn sein.
f . "Entschuldigen Sie, Fräulein,"
,.?Ke er sie an, „wissen Sie nicht,
i, wer. ein Soldat namens Mielke
M Hause wohnt? Er ist Bursche bei
koi^ Hauptmann v. Schilling. Ich
,y ?"re nämlich von Küstrin und
lne meinen Landsmann besuchen,
ve^ch"n habe die Hallsnummer
rw^c. Allste sie so vertrauensvoll
de,, Feder an, daß der Argwohn,
hatte aufsteigen gefühlt
cum ' wieder verschwand. „Jawohl,"
hier^ritzte sie freudig, „der wohnt
' w^nesem Hause hier, im zweiten
Tie tzWenn Sie ihn sprechen, sagen
Und doch, ich lasse ihn grüßen
sicU i^tlcn, warum er nichts von
tz" läßt. Am besten ist's, ich
w hier unten auf Bescheid."
„ r Beamte nickte. „Machen
' Er trat einen Schritt auf die
Nick dann kam er wieder zn-
ilian ich weiß aber doch gar
"Mvie Sie heißen."
ivinu^"tlen Sie nur Lieschen, dann
.schon."
sicht ^^ch veränderte sich das Ge-
-E. ihr Stehenden wie mit
sircum-^chchil- ^einc Stimme klang
lich F' „Ich freue mich, Sie end-
lheu zu lernen, Fräulein Lies-
zen ^rh habe Sie schon die gan-
F?ge gesucht."
Ej^FF'iarrte ihn wie entgeistert an.
sie ^Mnung durchzuckte sie, aber
lich^„ hrte sich gegen diesen ichreck-
Basm sanken,. „Wer sind Sie?
sie.' « ,.wl Sie von nur?" stammelte
Sie die dummen Witze!"
i>erxst?"ckte sie am Arm, mit der an-
ch,fs .H"nd wies er auf das Zeichen
^iluiimn Westenaufschlag. „Ich bin
b^irEr- Sie sind verhaftet.
kn , '
' lSis,
 
Annotationen