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Kunsthistorische Uebersicht.

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aber dürfte unter allen hiesigen Kirchenbauten vermöge ihrer rohen Anlage wohl
zu den ältesten gehören.

Die Eigentümlichkeit, dass den ältesten romanischen "West-Thürmen ein
westlicher Eingang fehlte und die Yerbindung nur vom Schiffe aus möglich war:
zu ebener Erde mit einem grossen oder zwei kleinen Bogen, und nach den Glocken
hinauf über das Thurmgewölbe fort, eine Treppe höher, durch eine Thür, findet sich
hier mehrfach vertreten, in Drübeck, Usenburg, Langeln, Minsleben, Nöschenrode
(Theobaldi), Reddeber, Silstedt. Dem unteren Thurmraum fehlt dadurch meistens
das Licht; es kann hier also nur ein Geräthe- oder Vorrathsraum angenommen
werden.

Die übrigen Kirchen der Grafschaft stammen aus späteren Zeiten. Als
älteste derselben sind anzunehmen die Oberpfarrkirche oder Stiftskirche SS. Silvestri
und Georgii, die S. Theobaldi- und S. Georgii- Kapelle, und wohl auch die
S. Johanniskirche zu Wernigerode. Namentlich dürfte die erstere noch in den
Anfang des 13. Jahrh. zu setzen sein, d. h. in die Zeit vor der Gründung des Stifts.
Diese und S. Theobaldi sind als Kreuzkirchen aufgefasst, nur mit der Abweichung,
dass die Weite des Querschiffs viel geringer ist als die des Hauptschiffs und dass
sich die Mauern und die Dachfirstlinien nicht so hoch erheben als bei diesen.
Vielleicht war auch die Johanniskirche eine Kreuzkirche wie die Silvestrikirche.
Diese der Frühgothik angehörigen Bauten sind schmucklos und verdienen hier keine
weitere Erwähnung. Die Schlosskapelle, früher unbedeutend und interesselos, ist
in der neuesten Zeit in der reichsten Gothik nach einem Projecte des Wiener
Architecten Schmidt durch den gräflichen Baurath Frühling ausgeführt. Eine eben-
falls alte frühgothische Kirche S. Nicolai ist im Frühjahr 1873 abgerissen und sind
die Kirchengeräthe theilweise anderen Kirchen einverleibt.

Nach den vielen verderblichen Einflüssen der Zeit darf es nicht Wunder
nehmen, wenn an altem beweglichen Kirchengeräth noch sehr wenig vor-
handen ist.

Ein aus Marmor (Alabaster) gefertigter Renaissance-Altar befindet sich in der
sonst nur aus Fachwerk erbauten, also ärmlichen Kirche zu Stapelnburg. Schnitz-
altäre, mehr oder weniger beschädigt, sieht man an Ort und Stelle noch in Langeln,
Nöschenrode (S. Theobaldi), Silstedt und zu S. Johannis (Wernigerode); von einem
anderen Orte übertragen ist der in der Oberpfarrkirche zu Wernigerode (aus der
Nicolaikirche daselbst), und beschädigte sieht man in der Alterthumssammlung zu
Wernigerode und in der Sammlung des S. Georgen-Hospitals. Von einer gewissen
Pracht, weil ganz vergoldet, ist derjenige zu S. Theobaldi und besonders zierlich
der zu S. Silvestri, beide wohl aus dem Ende des NV. oder Anfang des XVI. Jahrh.
Nicht ohne feinen Geschmack, freilich aus der Spätrenaissance (1706), ist der
Hochaltar in der llsenburger Kloster- bezw. Schlosskirche, welcher um so vor-
theilhafter wirkt, als das ganze Holzwerk niemals einen Anstrich bekommen hat.
Er ist von gleicher Conception wie der in der Frankenberger Kirche zu Goslar.

Die ältesten Taufsteine gehen nicht über das XVI. Jahrh. znrück: der
der llsenburger Gemeindekirche trägt die Jahreszahl 1551, der zu Stapelnburg 1579;
sie neigen sich also zur Renaissance hin.

Von mittelalterlichen Stein sculpturen finden sich nur die aus romanischer
Zeit stammenden Tympanons, namentlich ein figürliches in der Klosterkirche
 
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