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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1889

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https://doi.org/10.11588/diglit.6907#0063

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Skizze, in Blaumalerei auf Fayeuee-Aacheln ausgeführt von lv. kfaafe, lfamburg.

Die OMöurgW Kkiveröe- unD HniluflrikAuffÄmg.

von Hugo Groothoff.

(Schluß.)

die Möbeltischlerei, welche in umfang-
cher weise ans der Ausstellung erschienen ist,
allgemein erschöpfendes Artheil abzugeben,
eine schwierige, fast unlösbare Aufgabe. Es
,...d viele vorzügliche Leistungen ausgestellt; der
allgenteine Eindruck aber, den nian hier von der ksamburg-
ischen Möbelkunst gewinnt, ist nicht in dem Maaße ein-
heitlich, daß dem Beschauer ein bestnnnit ausgeprägtes Bild
in der Seele haften bliebe. Man findet die Möbeltischlerei
in einer gedeihlichen Entwicklung; in technischer Beziehung
sieht man vorzügliche Leistungen unb für die künstlerische Ge-
staltung haben sich die Tischler vielfach der Mitarbeiterschaft
der Architekten versichert, wenn trotzdem nicht innner
eine befriedigende Wirkung erzielt worden, so ist ein all-
gemeiner Grund schwer anzugeben; vielleicht wäre es
erwünscht, daß die Gestaltung der Möbel sich den guten
Vorbildern früherer Zeiten etwas mehr anfchlöffe.

Die formale Behandlung einzelner Möbel ist sehr reich,
während andere bei glänzender technischer Verwerthung des
Holzmaterials die künstlerische Form vernachlässigt haben,
wir finden aber auch Möbel, welche in lobenswerthem
Streben, alte niederdeutsche Formen wieder aufleben zu lassen,
nach Vorbildern aus dem Museum gearbeitet sind. — Daß
auch angestrichene Möbel auf der Ausstellung erschienen,
ist wohl nur da zu entschuldigen, wo, wie in einer Rüche,
der Rüchengeist der Hamburger Hausfrauen sich diktatorisch
für den leicht zu reinigenden Anstrich dieser Möbel ent-
schieden hat.

In einem Beispiel, einem reichvertäselten Zimmer, hat
man sich mit größerer Treue, als es sonst üblich, an die
historischen Formen angeschlossen, wie sie in der deutschen
Renaissance des \6. Jahrhunderts in Süddeutschland gepflegt
wurden. Die vorzügliche technische Leistung, die glückliche
Verwendung verschiedener Hölzer und die geschickte Form-
behandlung heben diese Arbeit besonders hervor.

X_

Von einer ausgeprägten Stilrichtung der Hamburger-
Möbel kann von den ausgestellten Gegenständen nicht die
Rede sein, wenn auch ini Allgemeinen die Formen der
Renaissance die vorwiegenden sind. Die Wellen des Rokoko
umspülen jedoch ebenfalls das Möbel und sind es nicht die
schlechtesten Leistungen, die in diesen: Stil erscheinen.

Die historische Entwicklung der Hamburger Möbel-
industrie, welche wegen der großen Solidität ihrer Arbeiten
sich einen wohlverdienten Ruf erworben, datirt in künst-
lerischer Richtung von der Ausstellung s869- — Von allen
Seiten wurde danrals auf die Besserung der Formen hin-
gearbeitet und in den 70er Zähren waren es die Architekten
gothischer Stilrichtung, welche den Möbeln ihren eigen-
artigen, in ornamentaler Beziehung so gesunden Charakter
aufprägten.

Von den Möbeln aus dieser, man möchte fast sagen,
verklungenen Zeit sind noch einige Beispiele auf der Aus-
stellung erschienen. Zn dem Zimmer, welches die kunst-
gewerbliche Werkstatt des Malers Herm. Schmidt (bekannt
durch seine Mitarbeiterschaft bei der Ausmalung der von
Professor Mtzen erbauten Rirchen) ganz inr gothischen Sinne
mit Möbeln, Stickereien, Schmiede- und anderen Metall-
arbeiten ausgestattet hat, finden wir noch Möbel, welche
dem Geiste jener Zeit entsprechen. — wenn auch die schnell
dahinrauschende Strömung der Stilanschauung diese Schöpf-
ungen hinter sich zurückgelassen hat und dieselben wie auf
einer verlassenen Znsel zu liegen scheinen, manch' ein moderner
Runstfreund diesen Werken völlig fremd gegenübersteht, so
wird die Wahrheit des technischen Strebens und die einfache
Natürlichkeit der dekorativen Mittel, welche diese Arbeiten
auszeichnet, dennoch einen unvergänglichen Werth beanspruchen
dürfen. — Diese gothischen Möbel vervollständigen das
Bild der Hamburgischen Möbelindustrie.

Die Vorliebe des Hamburgers, seine Einrichtungen
fertig aus einen: einzigen Geschäfte zu beziehen, hat die

Zeitschrift des bayer. Aunstgerverbe-vereins München.

h°f, U & \2 (8g. O- 1889-
 
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